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Publiziert: 13.05.2002 06:00

3D-Modell hilft bei Rekonstruktion
Auferstehung des Buddhas

Im März 2001 wurden die Buddha-Statuen von Bamiyan in Afghanistan durch die Fundamentalisten der Taliban mutwillig zerstört. Unter Mithilfe des Instituts für Geodäsie und Photogrammetrie der ETH Zürich soll nun die grössere der weltberühmten Figuren auferstehen.

Roberto Stefŕno

Die 38 und 53 Meter hohen Buddha-Statuen im Tal von Bamiyan waren Zeugen der vorislamischen Zeit aus dem zweiten bis vierten Jahrhundert. Damals war Bamiyan eine Station auf der sogenannten Seidenstrasse, welche von Händlern und Künstlern aus dem Osten und Westen genutzt wurde. Der Ort war eine Begegnungsstätte für den Hinduismus, den Buddhismus und den Islam.

Am 12. März 2001 machten Sprengkommandos der Taliban mit Dynamit, Granatenwerfern und Flugzeugabwehrraketen die berühmten Buddha Statuen im Bamiyan-Tal dem Erdboden gleich. Das weltweite Entsetzen darüber war riesig. Zähe Verhandlungen für die Erhaltung des Kulturerbes hatten zuvor stattgefunden und scheiterten an der Unnachgiebigkeit der islamischen Fundamentalisten. Auf die Initiative von Taliban-Führer Mullah Mohammed Omar, mittlerweile ein weltweit gejagter Mann, wurden in Afghanistan alle bildlichen Darstellungen vernichtet, welche nicht mit seinen Vorstellungen des Islams vereinbar waren, darunter auch die Buddha-Statuen.

Projektidee aus der Presse

"Wie alle anderen habe auch ich aus der Presse von diesem Ereignis erfahren", erzählt Armin Grün. Neben dem Ärger, den der Professor am ETH-Institut für Geodäsie und Photogrammetrie über diese Barbarei empfand, inspirierten ihn die Vorkommnisse jedoch auch zu einem neuen Projekt: Den virtuellen Wiederaufbau der zerstörten Statuen. (1) Denn Armin Grün hat die Möglichkeit, anhand von bestehendem Bildmaterial 3D-Modelle am Computer herzustellen. Wobei für den Professor für Photogrammetrie der Studien- und Forschungszweck im Vordergrund stand: "Seit es Kultur gibt, wird sie regelmässig wieder zerstört. Ich hatte in der Vergangenheit immer wieder mit Aufträgen zu tun, welche gar Schäden aus dem Zweiten Weltkrieg betrafen."

Professor Armin GrŸn vom Institut fŸr GeodŠsie und Photogrammetrie
Nimmt auch einmal ein tagesaktuelles Problem zum Anlass für ein Projekt: Professor Armin Grün vom Institut für Geodäsie und Photogrammetrie gross

"Um ein 3D-Modell zu erstellen, braucht man mindestens zwei Bilder aus unterschiedlichen Blickwinkeln", erklärt Fabio Remondino, Doktorand am Institut für Photogrammetrie. "Auf Grund identischer Punkte auf den beiden Abbildungen, kann dann die dritte Dimension berechnet werden." Ihm hatte der Professor das Buddha-Projekt (2) nahegelegt und ihn damit beauftragt, im Internet nach brauchbaren Fotografien der Statuen Ausschau zu halten. Die Qualitätsunterschiede des Rohmaterials sowie die Tatsache, dass die Standpunkte der Kameras nicht feststanden, stellte für die Forscher eine zusätzliche Herausforderung dar. Fabio Remondino und Armin Grün wählten vier brauchbare Fotografien aus 15 Bildern aus dem Internet.

Zwei Bilder-Sets

Bei ihrer Suche nach Bildmaterial stiessen sie zudem auf eine Initiative des Afghanistan Institut und Museum in Bubendorf und der Organisation "New7Wonders" (3) . Diese hat zum Ziel, die 53 Meter hohe Buddha-Statue in Bamiyan in Originalgrösse zu rekonstruieren. Als Grundlage für die physische Nachbildung wurde ein 3D-Modell benötigt, worauf sich das Institut für Geodäsie und Photogrammetrie der ETH Zürich bereit erklärte, die entsprechenden Daten zu liefern.


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3D-Bild Buddha von Bamiyan erstellt aus metrischen Bildern
Auf Grund von metrischen Bildern erstelltes 3D-Modell des grossen Buddhas von Bamiyan gross

Zu diesem Zweck konnte ein Set von metrischen Bildern mit hoher Auflösung beschafft werden, welches Professor Robert Kostka von der Technischen Universität in Graz 1970 aufgenommen hatte. Drei Bilder und der Plan einer Tiefenlinienauswertung der Statue bildeten schliesslich die Grundlage für die 3D-Rekonstruktion am Computer. "Der erste Schritt bei unserer Arbeit ist die Kalibrierung und Festlegung von externen und internen Orientierungsgrössen", gibt Fabio Remondino Auskunft. "Es können dann zahlreiche Punkte auf den Bildern ausgemessen werden, die als ‚Skelett' für die 3D-Figur dienen. Zum Schluss wird die passende Oberfläche über das Punktegerüst gelegt, womit das Modell beendet ist." Die feine Struktur von Faltenwürfen auf der grossen Buddha-Statue stellte für die Wissenschaftler eine zusätzliche Schwierigkeit dar: Während die Arbeit grösstenteils mittels Computer-Programm bewältigt werden konnte, musste die Feingliederung von Hand gemessen werden.

Bevölkerung begrüsst Rekonstruktion

Die Arbeit des Instituts für Photogrammetrie ist jedoch nur der erste Schritt zum Wiederaufbau der Buddha-Statuen. An Hand des 3D-Modells wird danach eine Nachbildung im Verhältnis von 1:10 erstellt, welche wiederum als Vorlage für die Originalfigur dient. "Ich empfinde die Rekonstruktion als eine Geste gegenüber Afghanistan", begründet Armin Grün seine Unterstützung für das Projekt. Die Fachwelt sei sich uneinig, ob eine solche Rekonstruktion Sinn mache. Für ihn zählt jedoch die Meinung der Direktbetroffenen: "Experten aus dem Ausland sind skeptisch, doch die Bevölkerung in Afghanistan will ihre Buddhas."

Neben dem internationalen Ansehen und der Bekanntheit, welche die Durchführung eines solchen Vorhabens mit sich bringen, möchte Armin Grün vor allem wissenschaftliche Erkenntnisse gewinnen. Die automatische Rekonstruktion der Statue mit Hilfe von ‚Amateur'-Fotografien aus dem Internet hat bereits gute Resultate geliefert, obwohl sich die Bilder in ihrer Grösse und Auflösung unterschieden. Zudem wurden sie zu verschiedenen Zeitpunkten aufgenommen, wodurch Teile auf dem einen Foto enthalten sein konnten, welche auf einem anderen fehlten.

Fabio Remondino vom Institut fŸr GeodŠsie und Photogrammetrie
Fabio Remondino vom Institut für Geodäsie und Photogrammetrie: "Die feine Struktur von Faltenwürfen erforderte Handarbeit." gross

Aber auch die Arbeit mit den Bildern von Robert Kostka konnte für wissenschaftliche Zwecke genutzt werden. Das Institut für Photogrammetrie ist dabei, eine Methode und ein Programm zu entwickeln, welches Feinheiten, wie die Faltenstruktur an der Oberfläche der Buddhas, automatisch erkennen und rekonstruieren soll.

Die politische Dimension des gesamten Projektes ist jedoch nicht zu übersehen: Es soll ein Zeichen gesetzt werden. Oder in den Worten von Bernard Weber, dem Schweizer Gründer der ‚New 7 Wonders-Gesellschaft': "Selbst durch mutwillige Zerstörung können die Sachen, die der Menschheit am Herzen liegen, nicht mehr in die Vergessenheit verbannt werden."


Fussnoten:
(1) Institut für Geodäsie und Photogrammetrie der ETH Zürich : www.photogrammetry.ethz.ch
(2) Projekt-Seite 'Buddhas von Bamiyan' : www.photogrammetry.ethz.ch/research/bamiyan/
(3) New7Wonders : www.new7wonders.org



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