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Rubrik: ETH-Debatte
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Publiziert: 16.01.2007 06:00

ETH-Debatte: Governance
Das Management verändern - Veränderungen managen (an der ETH!)

Eine erfolgreiche Reform beginnt mit einer seriösen Analyse dessen, wie Exzellenz in Forschung und Lehre gemessen wird. Auf was für Daten können wir zugreifen? Wie viele Daten benötigen wir? Wie präzise können wir diese messen? Die Wissenschaft ist sich den Umgang mit solchen Fragen gewohnt.

Von Peter Chen, Professor für Physikalisch-Organische Chemie und Präsident der Forschungskommission der ETH Zürich

Etwas, das ich meinen zwei Kindern (sie sind im Schulalter) vermitteln will, ist die Notwendigkeit, Prioritäten zu setzen. In der Debatte über die gegenwärtige „Führungskrise“ und die Reformen an der ETH rate ich dazu, genau diese Unterscheidung zwischen dem Prioritären und dem Sekundären zu machen. Die ETH braucht Management. Das traf schon immer zu, aber mit der Globalisierung von Bildung und Wirtschaft sind die Ansprüche der Gesellschaft und der Politik nach einer modernen, effizienten Führung gewachsen. Umstritten sind Form und Stil dieses Managements, der kürzliche Rücktritt von ETH-Präsident Ernst Hafen hat das gezeigt. In Harvard und Oxford hat sich Vergleichbares ereignet, beziehungsweise: ist dort noch im Gang.


Zur ausführlichen Version dieses Artikels

Dieser Artikel ist die Zusammenfassung eines ausführlichen Textes, den Peter Chen zum Thema Hochschulmanagement für die ETH-Debatte verfasst hat. Sie finden ihn - in Deutsch und Englisch - unter den folgenden Links:

auflistungszeichen Governance_e.pdf (Englisch)
auflistungszeichen Governance_d.pdf (Deutsch)



Quantität, ein umstrittenes Kriterium

Ein Teil der Spannungen an der ETH rührt zweifellos daher, dass Management-Theorien an einer akademischen Institution eingeführt werden. Diese betonen quantitative Messmethoden. Die Maxime aus der Unternehmensführungs-Theorie „Du kannst nur führen, was du messen kannst“ macht nun auch in der akademischen Welt Furore. Das beweist die zunehmende Gewichtung des Universitätsrankings von Shanghai, der ISI-Impaktfaktoren oder der Nobelpreise. Doch die Diskussionen über diese Kriterien gehen alle stillschweigend von der Annahme aus, dass sie für die Prioritätensetzung oder die Verteilung von Geld – beides ist für das Hochschulmanagement zentral – wichtig sind. Warum aber werden Professoren, die sonst sehr viel für Zahlen übrig haben, so kritisch, wenn man Hochschul-Management und quantitatives Messen zusammenbringt?

Kreativität kann nicht verordnet werden

Ich behaupte, an der ETH ist es unbestritten, dass Leistung belohnt und Faulheit bestraft werden sollte. Es ist das ureigenste Geschäft der Professoren, Leistung zu bewerten. Umstritten hingegen sind die Prioritäten. Das Hauptgeschäft der ETH heisst Lehre und Forschung. Das „Produkt“ dieser Tätigkeit ist hauptsächlich Wissen oder der ausgebildete Absolvent. Einen Businessplan für erfolgreiches Forschen kann ich aber nicht schreiben, Leidenschaft für die Wissenschaft, Inspiration und Kreativität kann nicht in einem Jahresplan verordnet werden. „Bildung hat nichts mit dem Füllen leerer Töpfe zu tun. Aber viel mit dem Anzünden eines Feuers.“ Der Ausspruch stammt von meinem verstorbenen Kollegen Vladimir Prelog (Nobelpreis 1975). Ich möchte nicht missverstanden werden: Kommerzielle Anwendungen der Forschung sind wichtig, besonders auch angesichts der Tatsache, dass wir in hohem Mass staatlich finanziert werden. Sie sind aber klar von sekundärer Bedeutung.


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Gedanken zum Thema Management einer Hochschule von Peter Chen, Professor für Physikalisch-Organische Chemie und Präsident der Forschungskommission der ETH Zürich.

Evaluation nach klaren Kriterien

Eine der „Sieben Todsünden“ des Managements heisst laut W. Edward Demings: „Management ausschliesslich unter Verwendung von Ziffern, ohne Berücksichtigung jener Werte, die unbekannt sind oder nicht eruierbar.“ Ich glaube, dass viel von dem Unbehagen, das in jüngster Vergangenheit in der ETH-Community entstand, vom unguten Gefühl her kommt, dass wir genötigt werden, uns an Standards anzupassen, die unsere Hauptarbeit weitgehend weder erfasst noch belohnt.

Dementsprechend plädiere ich dafür, dass der Reformprozess an der ETH mit einer gründlichen Analyse anfangen sollte, wie wir uns evaluieren. Das Modell, das in „ETH 2020“ implizit enthalten ist, lehne ich ab. Ich denke, dass sich das Messverfahren von Departement zu Departement unterscheidet. Es gibt hier keine „Eine für alle“-Lösung für die ETH. Das zeigt, dass unterschiedliche Bereiche unterschiedliche Kulturen haben und dass diese Kulturen nicht aus trivialen Gründen unterschiedlich sind. Es zeigt auch auch die unterschiedlichen Entwicklungsstadien, in denen die ETH-Departemente sich befinden.

Wichtig für die Orientierung: Zielvereinbarung

Wichtiger als jede Liste von Kriterien ist jedoch eine Vereinbarung zwischen den ETH-Departementen und der Schulleitung darüber, welche Ziele in einer Budgetperiode erreicht werden sollen. Innerhalb der letzten fünf Jahre wurden die Departemente formell autonom. Wir haben das sehr schätzen gelernt. Autonomie bedeutet, dass Budgetierung und Evaluation auf derselben administrativen Stufe stattfinden sollen. Sie bedeutet, dass ein Budget zur Erstellung eines Pakets von Leistungen und Zielen in einer formellen Übereinkunft zugesprochen wird. Eine Einheit, die konstant und wiederholt die vereinbarten Ziele verfehlt, kann ihre Autonomie verlieren. Die Autonomie der Professoren ist der Lohn für Leistung.

Jedes Departement kennt seine Peers, und wir messen uns täglich mit ihnen. Sollten wir uns nicht an den Allerbesten orientieren? In jedem Departement ist bekannt, wer den Benchmark in einem Wissensgebiet setzt. Wir müssen weitermachen mit dem Selbstbewusstsein, dass wir uns eine hohe Position erarbeitet haben, mit dem Selbstvertrauen, dass wir uns selbst verändern können, und mit der Kraft, die nötigen Veränderungen durchzuziehen.




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