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Rubrik: Campus Life
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Publiziert: 11.12.2006 06:00

Ausstellung zu Gustav Ammann im ETH-Hauptgebäude
Zwischen „Heimatkunst“ und Moderne

Am vergangenen Donnerstagabend wurde im ETH-Hauptgebäude die Ausstellung „Landschaften der Moderne“ zum Werk des bedeutenden Zürcher Gartenarchitekten Gustav Ammann eröffnet. Ein Vortrag zur Ausstellung beleuchtete das Schaffen Ammanns und dessen Selbstverständnis als Gartenarchitekt seiner Zeit.

Samuel Schlaefli

Wer während diesen Adventstagen in die Haupthalle des ETH-Zentralgebäudes eintritt, bleibt vielleicht verblüfft stehen. Unvermittelt befindet sich der Besucher in einem grünen Park mit Buchsbäumen, Tannen, grünem Kunstrasen und Parkbänken wieder. Die den Park flankierenden Riesenposter geben den Blick auf zum Teil wohlbekannte Zürcher Gärten frei: Die Werkbundsiedlung Neubühl, das Freibad Allenmoos und die Aussenanlagen der Wohnsiedlung Heiligfeld; sie alle sind Werke des Zürcher Gartenarchitekten Gustav Amann (1885-1955), dem diese ungewöhnliche Ausstellung gewidmet ist.

Andreas Tönnesmann, Vorsteher des „Instituts für Geschichte und Theorie der Architektur“ (gta) (1), machte im ETH-Auditorium als erster Redner zur Ausstellungseröffnung auf die Schwierigkeit aufmerksam, ein passende Ausstellungsform für Ammanns Werk zu finden. Schliesslich befänden sich seine Gärten in einer stetigen Metamorphose. Doch gerade dieser Umstand mache eine Annäherung an die Garten- und Landschaftsarchitektur reizvoll, weshalb sie in der Forschung des gta eine immer wichtigere Stellung einnimmt.

Johannes Stoffler (l) und Christophe Girot nach der Ausstellungseröffnung.

„Reformer, aber kein Revolutionär“

Christophe Girot, Professor am Institut für Landschaftsarchitektur (ILA) (2), führte in die faszinierende Welt Ammanns ein. Er hielt sich jedoch kurz, um dem Vortrag seines Doktoranden Johannes Stoffler mehr Raum zu gewähren. Stoffler hat sich für seine Dissertation eingehend mit Ammanns Nachlass befasst. Basierend auf seinen Recherchen wird Mitte 2007 eine Werkmonographie im gta-Verlag erscheinen.

„Gustav Ammann war ein Reformer, aber kein Revolutionär“, erläuterte Stoffler, „und trotzdem prägte er eine ganze Generation von Schweizer Landschaftsarchitekten“. Der junge Amman freundete sich während seiner sechsjährigen Lehrzeit in Deutschland mit den Ideen der klassischen Moderne an, ohne jedoch die eigene kulturhistorische Tradition zu vergessen.

Zurück in der Schweiz, ging er 1911 in Zürich und der näheren Umgebung auf die Suche nach historischen Vorbildern für seine eigenen Werke und fand diese unter anderem in den Zürcher Ensembles der Renaissance. In zahlreichen Publikationen - Ammann war auch ein leidenschaftlicher Chronist - veröffentlichte er seine Erkenntnisse und brach gleichzeitig mit der Tradition der historischen Landschaftsgärten, die er als schematisch und dekadent verurteilte.


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Gustav Ammann verwirklichte schweizweit über 1700 Projekte. gross

Als Gegenkonzept dazu trat er für eine architektonische Gartengestaltung ein, die sich durch strenge Symmetrien und einer klaren Gliederung der einzelnen Gestaltungselemente auszeichnet. Auch wies er den öffentlichen Grünflächen neue Funktionen zu: So sollte zum Beispiel der Volkspark Herderen im Limmattal nicht mehr nur dem herrschaftlichen Promenieren, sondern in erster Linie als gesellschaftlicher Treffpunkt mit Badeanstalt und Spielmöglichkeiten dienen.

Keine Ratio ohne Emotio

In den späten 20er Jahren liess sich Ammann vom „Wild Gardening“ der Engländer inspirieren und befasste sich verstärkt mit der Kreation von wild-pittoresken, gärtnerischen Traumbildern, so genannten „Wohngärten“. Anders als viele seiner Zeitgenossen und trotz der aufkommenden faschistischen Ideologie, suchte Ammann stets nach einem Ausgleich zwischen rationellem Nutzen und emotional bereichernder Ausstrahlung seiner Gärten.

Während der Schweizer Landesausstellung in Zürich im Jahr 1939 löste Ammann als leitender Gartengestalter die Grenzen zwischen Tradition und Moderne vollständig auf: Am rechten Zürcher Seeufer entwarf er traditionelle Gärten nach bester Schweizer Manier, am linken Ufer entstanden moderne Experimente, allen voran Ammanns „Farbengarten“, der durch seine organische Form und die Inszenierung des Ausblicks auf das gewaltige Alpenpanorama bestach. Hier erkennt Johannes Stoffler auch ein klares politisches Bekenntnis des Gartenarchitekten zu den Vorgängen seiner Zeit: „Ammann setzte mit dem Farbengarten ein Zeichen gegen den autoritären Monumentalismus der Faschisten und setzte sich damit für eine Auffassung von Gestaltung ein, die von Liebe und Mitgefühl geprägt war.“

Integrierte Planung gegen Zersiedelung

In den 40er Jahren wandte sich das allgemeine Selbstverständnis der Gartenarchitekten verstärkt der Landschaftsarchitektur zu. Bei der Planung der Siedlung Mattenhof in Schwamendingen (1945 - 1948) versuchte Ammann „das Ländliche“ in die Stadtagglomeration hinüberzuretten. Bei der Planung seines letzten grossen Werks, als leitender Landschaftsarchitekt für den neuen Interkontinentalflughafen Zürich – Kloten, wollte er sich einen Traum erfüllen. Durch einen harmonischen Übergang von Garten, Stadt und Landschaft sollte das Flughafenareal zu einem grünen Gesamtkunstwerk werden. Bis auf die strukturelle Gliederung des Areals wurden seine Ideen jedoch nicht umgesetzt. Auch seine Ideen im Kampf gegen die Zersiedelung trafen nur vereinzelt auf offene Ohren. Dennoch vertrat er bis an sein Lebensende die Vision einer organisch-zusammenhängenden Landschaftsgestaltung und plädierte für eine übergeordnete, grossflächige Landschaftsplanung. Ein Bestreben, das laut Stoffer in der jüngeren Vergangenheit kaum mehr aufgegriffen wurde. „Schade eigentlich“, befand er denn auch zum Schluss seines reich bebilderten Vortrags.

Ausstellung noch bis am 25. Januar 2007 Mo-Fr 8-21, Sa 8-16, So und Feiertage geschlossen Ort: Haupthalle, Zentrum, ETH Zürich


Literaturhinweise:
(1) Weitere Informationen zum gta: www.gta.arch.ethz.ch
(2) Weitere Informationen zum ILA: www.landschaft.ethz.ch/start/index.php



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