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ETH - Eidgenoessische Technische Hochschule Zuerich - Swiss Federal Institute of Technology Zurich
Rubrik: Campus Life
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Publiziert: 06.12.2006 06:00

Der neue Vertreter der Hochschulversammlungen im ETH-Rat
„Die beiden ETH haben viele Gemeinsamkeiten“

Die Hochschulversammlungen von ETH Zürich und EPFL haben am 28. November Markus Stauffacher von der Zürcher Hochschule zu ihrem Vertreter im ETH-Rat gewählt. Der Dozent am Institut für Nutztierwissenschaften sprach mit ETH Life über die Wahl, seine Überzeugungen und Erwartungen sowie die Arbeit, die in diesem Amt auf ihn wartet.

Interview: Gabrielle Attinger

ETH Life: Herr Stauffacher, Sie werden ab 1. Januar die Dozierenden, den Mittelbau, die Studierenden und das administrative und technische Personal beider ETH im ETH-Rat vertreten. Haben Sie damit gerechnet, dass Sie gewählt würden?

Markus Stauffacher: Das Wahlverfahren ist mehrstufig, also sehr kompliziert. Als ich erfuhr, dass mich die Wahlausschüsse von ETH Zürich und EPFL auf eine Einerkandidatur gesetzt hatten, hoffte ich schon, von den beiden Hochschulversammlungen bestätigt zu werden. Enorm gefreut hat mich, dass die Bestätigung so deutlich ausfiel. Sowohl die Hochschulversammlung in Zürich wie auch die Assemblée d’Ecole in Lausanne haben mich einstimmig und ohne Enthaltungen gewählt. Das ist ein riesiger Vertrauensbeweis.

Wann werden Sie das Amt antreten?

Ich bin bei der nächsten ETH-Ratssitzung im Dezember bereits als Gast dabei und habe auch schon mit dem Präsidenten des ETH-Rats, Herrn Zehnder, ausführlich gesprochen. Das Amt übernehme ich per 1. Januar 2007.

Ist Ihr neues Amt nun trotz oder gerade wegen der momentan eher angespannten Situation für Sie besonders interessant?

Als ich mich im September bereit erklärte, dieses Amt zu übernehmen, falls ich gewählt würde, war die Situation noch anders. Das heisst, es ist trotz der jetzigen nicht einfachen Situation interessant, ja, eine ganz grosse Herausforderung. Denn gerade bei der Suche nach einer neuen ETH-Präsidentin oder einem neuen ETH-Präsidenten ist es besonders wichtig, dass die Interessen aller vier Stände in den ETH-Rat getragen und dort vertreten werden.

Wie waren Ihr erster Kontakt zum Präsidenten des ETH-Rates, Herrn Zehnder?

In meinem über zweistündigen Antrittsgespräch habe ich Herrn Zehnder als sehr offenen und humorvollen Menschen kennen gelernt. Auf meine teilweise sehr kritischen Fragen und Bemerkungen hat er nachvollziehbar und auch selbstkritisch geantwortet. Er gewährt mir freie Akteneinsicht und die Nutzung der Infrastruktur des ETH-Rates. Ich habe den Eindruck, dass er mich ernst nimmt, und dass ich im ETH-Rat als gewählter Vertreter von ETH Zürich und EPFL, also bottom-up, etwas bewegen kann.

Sie werden am Auswahlverfahren für einen neuen ETH-Präsidenten dabei sein. Muss das Verfahren geändert werden, wie es von einigen Kreisen angeregt wurde?

Da ich das bisherige Verfahren nicht im Detail kenne, kann ich heute nicht sagen, ob und wie es geändert werden sollte. Ich bin aber überzeugt, dass man beim Findungs- und Wahlprozedere die gemachten Erfahrungen mit einbeziehen muss, also dass das Anforderungsprofil neben Exzellenz in Forschung und Lehre verstärkt auch Soft Skills einschliessen muss.

Welche denn?

Vor allem Dialog- und Kommunikationsfähigkeit! Zuhören können, adäquate Fragen stellen können, eine Mitsprachekultur pflegen, auch wenn am Schluss der Präsident oder die Präsidentin allein entscheidet.

Haben Sie einen Favorit oder eine Favoritin?

Nein. Aber Wunschvorstellungen, was die Persönlichkeit angeht. Die Person müsste über gute Verbindungen zur Wirtschaft und Politik verfügen. Eine Corporate Identity vorleben können im Bewusstsein, dass unsere ETH eine Organisation vergleichbar einem Superorganismus ist, die nicht nur aus den Hoffnungsträgern für prestigeträchtige Auszeichungen besteht. Für das reibungslose Funktionieren des ETH-Alltags ist auch die Putzfrau, die das Toilettenpapier nachlegt, wichtig.

Muss es eine kämpferische Person sein?

Ich bin Biologe – ich bin für Evolution und nicht für Revolution. Der ganze ETH-Bereich hat mit evolutionsmässiger Entwicklung sehr viel erreicht. Darauf muss man sich zurückbesinnen. Solange in der Öffentlichkeit der Eindruck entsteht, man habe Krach, werden die Leute verunsichert – auch die Politiker, von denen wir viel Geld möchten. Wir müssen weiterhin zeigen, dass wir zu hervorragenden Leistungen fähig und in vielen Bereichen reformfreudig und teamfähig sind.

Sie werden zwei Hochschulen vertreten, die Konkurrenten sind – auch im finanziellen Bereich. Müssen Sie sich da nicht zweiteilen?

Man vergisst zu gern, dass eine natürliche Konkurrenz beflügeln kann. Und dass es doch viele Kooperationen bottom-up zwischen den beiden ETHs gibt, die hervorragend funktionieren. Das Interesse ist momentan auf gewisse schwierige Situationen fokussiert, die zudem schlecht kommuniziert worden sind. Die ETH Zürich und die EPF Lausanne haben aber sehr viele Gemeinsamkeiten. Ihr Hauptgeschäft ist es, Topforschung zu betreiben und eine Topausbildung zu bieten.


"Der Mittelbau und das administrative und technische Personal sind tragende Säulen einer Hochschule", meint Markus Stauffacher, der neue Vetreter der Hochschulversammlungen im ETH-Rat. gross

Kennen Sie die EPFL denn gut genug, um sie zu vertreten?

Ich habe nie an der EPFL gearbeitet. Jetzt wird es natürlich meine Aufgabe sein, mich in Lausanne gründlich umzuhören und in EPFL-spezifische Dossiers einzuarbeiten, damit ich ihre Interessen auch vertreten kann. Ich bemühe mich, dort als Deutschschweizer Französisch und nicht nur Englisch zu sprechen, und das kommt bei den Romands gut an.

Haben Sie bereits bestimmt, was Sie als erstes bewirken oder verändern möchten?

Ja, als Dozierender steht bei mir Steigerung und Sicherung der Qualität der Ausbildung an oberster Stelle. Wir müssen uns bewusst sein, dass wir als eidgenössische Hochschulen – im Gegensatz zu einer Privatuniversität - für alle offen sein müssen. Wir müssen also sowohl die Exzellenz Einzelner wie auch die solide Ausbildung aller fördern. Wir müssen Bologna auch inhaltlich voll umsetzten, d.h. uns neben dem Wissenstransfer vermehrt auch auf Bildungsinhalte besinnen.

Und weiter?

Der Mittelbau und das administrative und technische Personal sind tragende Säulen einer Hochschule. Für den Mittelbau steht transparente Karriereplanung an vorderster Stelle. Damit verbunden ist eine echte Frauenförderung, nicht mit Quoten, das ist diskriminierend für die Frauen, sondern mit Anforderungsprofilen, die Frauen echte Karrierechancen geben. Beim Personal finde ich es ganz wichtig, dass Forderung auch mit Förderung verbunden ist, und dass die Salärsituation und die Anstellungssicherheit untersucht werden. Damit wir noch erfolgreicher werden können, braucht es eine möglichst hohe Arbeitszufriedenheit aller.

Und womit setzen Sie sich für die Studenten ein?

Die Lehrqualität habe ich bereits angesprochen, im Bolognaprozess sind aber auch die neuen Lernbedingungen - Umfeld für Selbststudium, Tutorate etc. - zu fördern. Das Stipendienwesen sollte optimiert werden, allenfalls mit Stufenmodell mit Grundstipendium, Leistungsstipendium und Darlehen.

Woran liegt Ihnen am meisten?

Dass die Stärken und die Bedürfnisse unserer Hochschulen von unten nach oben getragen werden, und dass ich dazu beitragen kann, dass diese Kommunikation funktioniert.

Wie viel Zeit können Sie für Ihr Amt aufwenden?

Ich habe mir vorgenommen, möglichst viel dafür zu arbeiten, ich gehe von rund 50 Prozent eines Vollpensums aus. Dafür werde ich auch andere Verpflichtungen abgeben, mein Expertenmandat im Europarat etwa werde ich aussetzen. Ich verzichte auch auf mir liebe Dinge, wie einen Teil der Lehre und einzelne Forschungsprojekte, aber ich mache das mit Blick auf die hohe Verantwortung und grosse Herausforderung, die das neue Amt bringt, gerne.


Der Hochschulvertreter im ETH-Rat

Die vier Stände der ETH - die Dozierenden, der Mittelbau, die Studierenden und das administrative und technische Personal - haben seit der Revision des ETH-Gesetzes 2003 eine Vertretung im ETH-Rat. Der ETH-Rat wurde damals auf 11 Mitglieder reduziert. Die beiden Hochschulen erhielten einen gemeinsamen Sitz für den Vertreter der Hochschulversammlungen. Als erste Vertreterin wurde Kirstin Becker von der EPFL für die Amtsperiode 2004-07 gewählt. Sie tritt vorzeitig zurück, weil sie eine wichtige Funktion in der EPFL-Schulleitung übernommen hat, welche sich nicht mit dem Amt verträgt.

Der ETH-Rat wird vom Bundesrat ernannt. Die Wahl des Vertreters der HV beider Hochschulen wird Innenminister Pascal Couchepin mitgeteilt, welcher den Vertreter mit einem entsprechenden Schreiben in seinem Amt bestätigt.






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