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Rubrik: Campus Life
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Publiziert: 18.01.2006 06:00

Interview mit ETH-Student und Stadtratskandidat Bastien Girod.
"Zürich braucht ein Road-Pricing!"

Am 12. Februar finden in Zürich Stadt- und Gemeinderatswahlen statt. Im Interview mit "ETH Life" erläutert der ETH-Student Bastien Girod warum er für die Zürcher Stadtregierung kandidiert. Girod konzentriert sich in seinem Wahlkampf vor allem auf die Verkehrspolitik und koordiniert den von seiner Partei initiierten Kampf gegen die "Offroader".

Jakob Lindenmeyer

Herr Girod, weshalb kandidieren Sie in Zürich gleich fürs Parlament und die Regierung?

Bastien Girod: Da die Grünen neben Monika Stocker keine zweite Kandidatur für den frei werdenden Stadtratssitz aufstellten, mussten wir von den Jungen Grünen einspringen. Bei meiner Kandidatur ist uns wichtig aufzuzeigen, dass man aus grüner Sicht mit der Politik des heutigen Stadtrats nicht zufrieden sein kann.

Womit sind Sie denn nicht zufrieden?

Girod: Insbesondere die Verkehrspolitik der Stadtregierung geht in die falsche Richtung. Für die Förderung einer umwelt- und stadtfreundlichen Mobilität muss der Veloverkehr stärker gefördert werden und der motorisierte Privatverkehr darf nicht weiter zunehmen. Deshalb dürfen keine neuen Strassen und Parkplätze im Stadtgebiet entstehen. Zürich braucht ein Road-Pricing um den Autoverkehr zu reduzieren. Offroader sollten in der Stadt verboten werden.

Die Polyterasse bietet Bastien Girod einen guten Blick über die Vorgänge in der Stadt Zürich. gross


Umwelt-Student und Stadtratskandidat

Der heute 25-jährige Bastien Girod studiert im neunten Semester Umweltnaturwissenschaften an der ETH Zürich. Geboren ist er 1980 in Biel. Für sein Studium zog er vor vier Jahren nach Zürich in den Kreis 3. In den Wahlen vom 12. Februar kandidiert Girod für den Stadtrat, sowie im Stadtkreis 3 auch für den Gemeinderat, auf dem dritten Listenplatz der Grünen, gleich hinter den beiden Bisherigen. Neben dem Studium und seiner politischen Tätigkeit schreibt Girod regelmässig für das "Polykum", die Zeitung des Verbands der ETH-Studierenden.



Wie wollen Sie konkret vorgehen?

Leider kann ein Verbot bestimmter Autotypen nicht kommunal durchgesetzt werden. Darum prüfen wir von den Jungen Grünen eine nationale Volksinitiative gegen Offroader. Der Betrieb von Autos mit einem Ausstoss von mehr als 250 g/km sollte nur noch mit einem konkreten Nutzungsnachweis erlaubt sein. Zusätzlich möchten wir durch die Einführung eines Bonus-Malus-System den Kaufentscheid steuern. Eine kürzlich publizierte ETH-Studie, (1) die von den Autoimporteuren in Auftrag gegeben wurde, zeigte, dass der Kaufentscheid wesentlich durch den Kaufpreis und die Grösse des Autos beeinflusst wird. Somit hätten diese Massnahmen ein grosses CO2-Reduktionspotential, ohne dass die Mobilität beeinträchtigt würde.

Der Offroader scheint Ihr primäres Wahlkampfthema zu sein...

Als eine der jüngsten Jung-Parteien haben wir ein Thema gewählt, welches eine Relevanz für eine nachhaltige Entwicklung hat und trotzdem von keiner Partei erkannt wurde. Aufgrund neuer Studien zu Verbrauch und Gefährdung sehen wir uns in unserem Kampf gegen die Offroader auch von wissenschaftlicher Seite bestätigt.

Führt Ihr aggressives Vorgehen nicht zu Problemen?

Obwohl wir bald über 100'000 Kleber aufgeklebt haben, sind bei uns erstaunlich wenige Schandbriefe von Offroadfahrern eingegangen. Viele Offroaderfahrer verteidigen jedoch ihren Autokauf mit unterschiedlichsten Argumenten. Diese zeugen oft davon, dass die Herausforderung des Klimaschutzes nicht ansatzweise verstanden wird. So hat beispielsweise vor einigen Wochen ein Offroaderfahrer geschrieben, bald gäbe es CO2-Filter. Somit sei die Klimabelastung bald kein Problem mehr...

Sind Sie mit Ihren Klebern auch in der Tiefgarage der ETH aktiv?

Nein. Die ETH hat bei den Mietautos ja einen sehr fortschrittlichen Fahrzeugpark mit vielen Hybrid-Autos wie dem Prius. Eine Lösung von Umweltproblemen mittels neuer Technologien kann ich nur unterstützen. In einem Offroader hingegen ist nicht viel Wissen drin.


Bastien Girod auf seinem Wahlplakat mit seinen drei politischen Hauptforderungen (links). gross

Wieso haben Sie an der ETH gerade Umweltnaturwissenschaften studiert?

Wenn es keine Umweltprobleme gäbe, hätte ich wahrscheinlich Maschinenbau studiert. Ich verstehe die Faszination für Technik. Daher begrüsse ich auch die von der ETH vorgeschlagene 2000-Watt-Gesellschaft, welche Umweltprobleme mittels technologischer Lösungsansätze angeht.

Fanden Sie neben Ihrem aufwändig geführten Wahlkampf überhaupt noch Zeit fürs ETH-Studium?

So ein Wahlkampf braucht schon enorm viel Zeit. In den letzten Monaten wandte ich zwei bis drei Tage pro Woche nur für meinen Wahlkampf auf. Und durch die Podiumsdiskussionen und sonstigen Veranstaltungen sind natürlich auch viele Abende draufgegangen. Doch weil bei mir Freizeit und Politik verschmelzen, komm ich mit der Belastung zurecht.

Wie werden Sie unterstützt?

Die Jungen Grünen profitieren von einem Wahlkampf-Manager, der uns mit über 20 Stellenprozent unterstützt. Der hat übrigens auch an der ETH Umweltnaturwissenschaften studiert. Daneben gibt es verschiedene Leute die helfen, beispielsweise beim Design meines Wahlplakats, der Programmierung meiner Internet-Site www.BastienGirod.ch oder dem Wahlkampf im Allgemeinen. Und letzthin hat mir doch tatsächlich jemand 2'000 Franken gespendet. Da habe ich dann gleich im Szenekino Riff-Raff einen Wahlkampfspot geschaltet. Zudem wird meine Kandidatur offiziell von den Grünen, dem VCS, der Juso und dem Zürcher Gewerkschaftsbund unterstützt.

Betreiben Sie Ihren Wahlkampf auch an der ETH?

Da bin ich eher zurückhaltend. Ich akzeptiere, dass der ETH-Campus eher unpolitisch ist. Aber ich freue mich immer wieder über positive Rückmeldungen von Studierenden und auch von Dozenten.

Teilen Sie die kritische Einstellung Ihrer Partei bezüglich für die ETH wichtigen Themen wie der „Grünen“ Gentechnik oder „Science City“?

Ich bin weder gegen Gentechnik noch gegen den Ausbau auf dem Hönggerberg. Entscheidend ist jedoch die konkrete Ausgestaltung. Science City sollte sich an der 2000-Watt-Gesellschaft orientieren und ein Vorbild für verdichtetes und energieeffizientes Bauen werden. Bei Gentechnik in der Landwirtschaft bin ich der Meinung, dass die Risiken ausführlicher erforscht werden müssen. Zu viele Fragen zu ökologischen und sozioökonomischen Risiken sind unbeantwortet. Zudem muss zwischen den verschiedenen Gentech-Anwendungen in der Landwirtschaft unterschieden werden. Die geringsten Risiken sehe ich bei der Verwendung der Gentechnik zur Übertragung von Krankheitsresistenz von alten auf neuere Sorten.

Wie sehen Sie Ihre eigene Zukunft?

Ich interessiere mich für die Forschung. Gerne würde ich mich mit den Herausforderungen der künftigen Entwicklung befassen. Sollte das nicht klappen, fände ich auch der Lehrerberuf oder eine journalistische Tätigkeiten spannend. Doch im Frühling nach den Wahlen schreibe ich vorerst mal meine Diplomarbeit zur Veränderung der IPCC-Szenarien.

...und wenn Sie am 12. Februar nun tatsächlich gewählt werden?

Das wäre natürlich eine Sensation! Falls ich tatsächlich einen Sitz in der Stadtregierung erobere, müsste ich die Diplomarbeit natürlich verschieben - oder eine Sonderlösung aushandeln – damit ich mich voll ins Zeug legen kann. Wahrscheinlicher ist aber ein Sitz im Gemeinderat. Da das Parlament ja nur am Mittwochnachmittag tagt, würde sich das mit dem Studium schon vertragen, wie auch der Wahlkampf in den letzten Monaten.


Literaturhinweise:
Homepage von Bastien Girod: www.BastienGirod.ch/

Fussnoten:
(1) ETH-Forschungsprojekt „Entscheidungsfaktoren beim Kauf treibstoff-effizienter Neuwagen“: www.cleverunterwegs.ch/de/media/files/praesentation_eth.pdf



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