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Rubrik: Campus Life
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Publiziert: 31.08.2005 06:00

Jatin Thukral: Porträt eines indischen ETH-Doktoranden
Bildung als Privileg

ETH-Doktorand Jatin Thukral ist blitzgescheit. Er hat im April dieses Jahres als Bester seines Jahrgangs den „Master of Science“ am Departement Informationstechnologie und Elektrotechnik erworben – und ist einer von 51 indischen Studierenden und Doktorierenden, deren Ausbildungsweg sie an die ETH nach Zürich geführt hat. Ein Gewinn für beide Seiten.

Ursina Wirz

Reich und erfolgreich solle er werden – das wünschte der Vater seinem Sohn und das war der Hauptgrund ein Studium zu beginnen, erzählt Jatin Thukral schmunzelnd. Er wollte den Wunsch seines Vaters so gut wie möglich erfüllen. Doch dann packte es ihn auch selbst, und das Streben nach einem besseren Leben sowie einer hochklassigen Ausbildung hat ihn nicht mehr losgelassen. Ausbildung hat in Indien einen speziell hohen Stellenwert, erklärt Thukral. Das komme daher, dass die Jugendlichen in Indien markant weniger Möglichkeiten hätten im Vergleich mit den Gleichaltrigen im Westen. Wenn sie das Glück hätten, eine gute Ausbildung zu geniessen und eine Karriere machen zu können, dann würden sie alles tun, um zu reüssieren. Damit erklärt Thukral indirekt auch seinen eigenen Erfolg. 1999 schloss er die höhere Sekundarschule (Senior Secondary) in Indien unter den 600 Besten von insgesamt 600'000 Schülern ab, und seinen Master of Science holte er an der ETH Zürich mit einem Notendurchschnitt von 5,86. Zu dieser Bestnote meint Thukral bescheiden: „Ich hatte einfach Glück.“

Indien: noch immer ein Entwicklungsland

Seine Zukunftschancen stehen gut, ganz im Gegenteil zu Millionen von Indern. Gut ein Drittel der Einwohner sind Analphabeten, und jeder fünfte Inder lebt von nicht mehr als einem Dollar pro Tag. (1) Jatin Thukral gibt dafür nicht der Regierung die Schuld. Die Regierung mache ihr Möglichstes, diese Probleme zu beheben. Ansätze dafür sieht er im Bildungswesen. So hatte Thukral dank seiner guten Noten die einmalige Chance, die beste höhere Sekundarschule seines Landes in seiner Geburtsstadt Neu Delhi zu besuchen. Die Regierung gewährt den besten Schülern des Landes Stipendien und gibt so auch Kindern von ärmeren Familien die Möglichkeit, gute Schulen zu besuchen.

(Zu) glückliche Schweiz

Die Schweizer hätten im Vergleich mit Indien grosses Glück mit ihrem Bildungsangebot. Die Folge davon sei jedoch, dass sich die Schweizer Studierenden ihres Glücks nicht bewusst seien. „Ausbildung ist hier nicht alles.“ Das sei ein Unterschied, der ihm aufgefallen sei, so Jatin Thukral. „Education makes a better person,“ davon ist er überzeugt. Eine Aussage, die man wahrscheinlich aus Schweizer Munde so kaum hören würde.


Abdul Kalams ehrgeiziges Ziel

Für den höchsten Inder ist Jatin Thukral des Lobes voll. Im Mai dieses Jahres traf der stolze Student an der ETH den indischen Präsidenten A.P.J. Abdul Kalam, im Rahmen von dessen Besuch in der Schweiz (2). „Er ist ein sehr fleissiger Mann.“ Besonders beeindruckt ist er von dessen Kampf gegen die Armut. Kalam hat sich zum Ziel gesetzt, sein Land bis im Jahr 2020 aus der Armut zu führen. „Ein hochgestecktes Ziel“ meint Thukral. Seiner Ansicht nach braucht es wahrscheinlich noch einige Jahre mehr, um es wirklich erreichen zu können. Dies liege nicht nur an der explosionsartig steigenden Bevölkerungszahl (im Jahr 2000 wurde die Milliardengrenze überschritten), sondern auch an der hohen Analphabetenquote. „Diese erschwert Veränderungen in einer Demokratie, da die Menschen sich nicht genügend informieren können und so falsche Lokalregierungen wählen, die wiederum schlechte Arbeit leisten“, sagt der indische Ausnahmestudent.




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Jatin Thukral doktoriert am D-ITET.

Freunde zu finden sei hier nicht so schwer, meint Jatin, entgegen vielen Stimmen von Eingewanderten, die behaupten, die Schweizer Bevölkerung sei eher verschlossen. Er freunde sich aber trotzdem häufiger mit Italienern an, die seiner Meinung nach der indischen Kultur näher seien als die Schweizer. Er schmunzelt und fügt schnell an: „Die Schweizer sind fleissig und sehr hilfsbereit“. Es soll kein falscher Eindruck entstehen, Thukral ist gerne in der Schweiz. Man sieht ihm an, wie stolz er ist in der Schweiz zu studieren und wie dankbar für die Möglichkeit des Auslandstudiums, das ihm die ETH ermöglicht hat: „Die ETH ist fantastisch!“

Inder unter sich

In der Schweiz, speziell in Zürich, gibt es eine grosse indische Gemeinde. Jatin selbst ist in drei verschiedenen Vereinigungen aktiv. Kürzlich führte er, im Rahmen eines kleinen indischen „Theaterspektakels“, mit Landsleuten ein Theaterstück in Englisch und Hindi auf. Ausserdem engagieren sich diese Vereinigungen auch für gemeinnützige Zwecke. Das weltweite Netz „Asha“ (3), deren Schweizer Untergruppe auch Jatin Thukral angehört, hat sich zum Ziel gesetzt, möglichst vielen armen Kindern in Indien eine Ausbildung zu ermöglichen. Ein aktuelles Projekt besteht in der „Adoption“ eines ganzen Dorfes, für welches nun mit der Finanzierung durch „Asha“ eine Schule gebaut wurde, die eine kostenlose Ausbildung für alle Kinder anbietet. Ein kleiner Tropfen im Meer des Armuts- und Bildungsproblems Indiens. Thukral aber stellt sich vor, wie er selbst in diesem Dorf aufwachsen würde: „Ich hätte nun die Chance einer Ausbildung, die ich vor dem Engagement von 'Asha' nie gehabt hätte.“

ETH soll von Zusammenarbeit mit Indien profitieren

Jatin Thukral steht am Anfang einer steilen Karriere, auch dank der Ausbildung an der ETH. Diese tut seiner Meinung nach aber noch zuwenig, um internationale, und vor allem indische Studierende, für sich zu gewinnen. Zu wenige Studierende in seiner Heimat wüssten von der Möglichkeit, in der Schweiz zu studieren. Die ETH müsse sich dringend besser vermarkten, ähnlich, wie es amerikanische Universitäten schon längst tun. Für ein Auslandstudium zieht es indische Studierende deshalb vor allem in die Vereinigten Staaten. Davon profitiert auch die Wirtschaft: Bald die Hälfte der Firmengründer im Silicon Valley stammen aus Indien. „Die ETH ist jedoch auf einem guten Weg“, meint Thukral. Auf diesem guten Weg ist auch Jatin Thukral, der dank seinem Doktorat an der ETH Zürich die besten Chancen hat, den Wunsch seines Vaters zu erfüllen.


Zur Person

Jatin Thukral, Jahrgang 1982, geboren in Neu Delhi, macht sein Doktorat am Departement für Informationstechnologie und Elektrotechnik. Sein Hauptinteresse gilt zukünftigen Technologien für die Mobiltelefonbranche.




Fussnoten:
(1) Informationen über Indien finden Sie unter: http://india.eu.org
(2) Vgl. dazu den "ETH Life” - Bericht “Staatsmännischer Jubiläumsbesuch”: www.ethlife.ethz.ch/articles/kalambesuch.html
(3) Vgl. dazu den “ETH Life” - Bericht “Helfen als Hobby”: www.ethlife.ethz.ch/articles/Ashaproject.html / Website von „Asha for Education“: www.asha-zurich.ch



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