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ETH - Eidgenoessische Technische Hochschule Zuerich - Swiss Federal Institute of Technology Zurich
Rubrik: Campus Life
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Publiziert: 24.08.2004 06:00

Nebenbeschäftigungen von Professoren
Liberale ETH-Regeln

Vergangene Woche hat der Zürcher „Tages-Anzeiger“ die Nebentätigkeiten eines ETH-Professors zum Thema gemacht und nach der Zulässigkeit dieser Aktivitäten gefragt. Die ETH verbietet Nebentätigkeiten nicht, ja fördert die Kontakte der Professoren zu Staat und Wirtschaft zwecks Bereicherung von Lehre und Forschung. Für Diskussionsstoff sorgt jedoch die Frage, welche Tätigkeiten dem Geist der bestehenden Regelungen entsprechen und welche nicht.

Von Norbert Staub

Karl Frey ist ETH-Professor für Verhaltenswissenschaft. Er hat neben seiner Lehr- und Forschungsarbeit an der ETH private Weiterbildungsinstitute gegründet und berät Investoren bei der Anlage ihrer Gelder. Ausgehend davon wollte der „Tages-Anzeiger“ von der ETH Zürich wissen, ob sie Zusatz-Engagements dieser Art toleriert. ETH-Kommunikationschef Rolf Probala hielt dazu fest, dass laut Professorenverordnung private Tätigkeiten zulässig sind. Bei voller Anstellung können 20 Prozent privat genutzt werden. „Bezüglich der Art der Tätigkeiten gibt es gemäss der Verordnung keine Einschränkung. Sie darf natürlich nicht ungesetzlich sein“, sagte Probala gegenüber dem „Tages-Anzeiger“. Die Professorenverordnung ist vom ETH-Rat erlassen worden, dem Aufsichtsorgan der Eidgenössischen Technischen Hochschulen; der Bundesrat hat sie genehmigt.

Allerdings sind die ETH-Professoren aus der Sicht von ETH-Ratspräsident Alexander Zehnder bei ihren Nebentätigkeiten nicht völlig frei. In einem „Tages-Anzeiger“-Interview vom Donnerstag sagte Zehnder, die Nebenbeschäftigung müsse „einen Bezug zu seiner (des Professors, d.V.) Lehr- und Forschungstätigkeit haben, einen Bezug zumindest im weiteren Sinn.“ Hier besteht offenbar ein Deutungsspielraum. – Anlass genug, um den entsprechenden Artikel 6 der ETH-Professorenverordnung („Aktivitäten ausserhalb der ETH“) genauer zu studieren. Dazu hat „ETH Life“ mit dem promovierten Juristen Radan Hain gesprochen. Hain ist Mitarbeiter des Rechtsdienstes der ETH Zürich.

Link zur ETH erwünscht

In Absatz 1 hält die Verordnung fest:„Die Professorinnen und Professoren können sich ausserhalb ihres Arbeitsverhältnisses mit der ETH in eigenem Namen, auf eigene Rechnung und auf eigene Verantwortung beruflich betätigen, namentlich als Sachverständige, sofern dadurch die Erfüllung ihrer Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis nicht beeinträchtigt wird.“ Diese Formulierung öffne in der Tat einen gewissen Interpretationsspielraum, stellt Radan Hain fest. „Ich meine aber, der Verordnungsgeber setzt stillschweigend voraus, dass zwischen der Nebentätigkeit und der ETH ein wissenschaftlicher oder pädagogischer Zusammenhang bestehen soll“, so Hain.

Seine Deutung sieht der Jurist durch einen Kommentar gestützt, den der ETH-Rat zum Entwurf der dem neuen ETH-Gesetz angepassten Professorenverordnung im September 2003 abgegeben hat. Laut ETH-Rat unterstützen die Eidgenössischen Technischen Hochschulen die Kontakte der Professoren zu Institutionen und Unternehmen in Staat und Wirtschaft. Denn diese Kontakte dienen „der Bereicherung von Unterricht und Forschung“. Allerdings nennt zwar der ETH-Rat als Beispiele privater Tätigkeiten das Erstellen von Gutachten oder die Übernahme von Lehraufträgen an anderen Hochschulen. Aber dennoch schliesst auch er andere Betätigungsfelder nicht a priori aus.

Nur das Nötige regeln

Wenn der Verordnung nun tatsächlich der Gedanke zu Grunde liegen sollte, dass ein Link zwischen Haupt- und Nebentätigkeit bestehen muss: Wie erklärt sich der Sachverständige, dass der Text dies nicht deutlich zum Ausdruck bringt? „Grundsätzlich will man nicht mehr regeln als unbedingt nötig. Die Formulierung bleibt offen, um der Vielfalt dessen, was von ihr betroffen sein könnte, Rechnung zu tragen“, sagt Radan Hain.


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Lehren, forschen, aber auch Kontakte ausserhalb pflegen: Die ETH regelt die Nebenbeschäftigungen ihrer Professoren weniger detailliert als andere Schweizer Hochschulen.

Ginge man mehr ins Detail, wäre im übrigen die Grenze zwischen bestehendem und fehlendem Bezug zur Tätigkeit an der ETH zu ziehen. „Und das ist sehr schwierig“, meint Hain. ETH-Ratspräsident Zehnder warnt davor, neue Richtlinien einzuführen. „Jede neue Regelung hemmt die Eigeninitiative von Professoren“, gab Zehnder gegenüber dem „Tages-Anzeiger“ zu bedenken.

Unis Zürich, Basel und Bern: restriktiver

Die Universität Zürich verlangt im Unterschied zur ETH genaueren Einblick in die Nebenbeschäftigungen ihrer Professoren: Laut ihrer Personalverordnung müssen alle Professoren der Unileitung jedes Jahr ihre Nebenbeschäftigungen, deren Umfang und die damit verbundene Beanspruchung der Infrastruktur der Universität melden; ebenso die daraus erzielten Einnahmen. Und gar bewilligungspflichtig werden Nebenbeschäftigungen, wenn der Aufwand dafür ein 10-Prozent-Pensum übertrifft, wenn der Erlös mehr als 20 Prozent des Professorengehalts ausmacht oder wenn der Professor dafür die Infrastruktur der Universität in Anspruch nimmt. Die Verordnung nennt als Beispiele von Nebenbeschäftigungen Beratungstätigkeiten, externe Lehraufträge und Verwaltungsratsmandate. Diese Funktionen dürfen die universitäre Aufgabenerfüllung, die Uni-Interessen und die Interessen ihrer Angehörigen nicht beeinträchtigen.

Die Uni Bern regelt dieses Thema ähnlich wie die Universität Zürich: Nebenbeschäftigungen müssen die ordentlichen Professoren gegenüber der Unileitung jährlich deklarieren. Auszuweisen sind auch die dafür aufgewendete Zeit, die Erträge sowie die dafür beanspruchte Infrastruktur. Für diese ist die Universität kostendeckend zu entschädigen. Bewilligungspflichtig sind in Bern etwa Dauermandate in der Beratung und in Verwaltungsräten.

Ob Zufall oder Inspiration: Die Uni Basel hat sich just vergangene Woche eine neue Ordnung über Nebentätigkeiten ihrer Angehörigen gegeben. Diese legt, ebenfalls ähnlich wie die Uni Zürich, fest, dass neu alle Vereinbarungen mit Dritten, Nebentätigkeiten und die Verwertung von geistigem Eigentum jährlich deklariert werden. Voraussetzung für deren Zulässigkeit ist laut einer Mitteilung der Basler Universität, dass die Nebenaktivitäten die Freiheit von Lehre und Forschung und die Unbefangenheit im wissenschaftlichen Urteil nicht einschränken.


Literaturhinweise:
ETH-Professorenverordnung: www.admin.ch/ch/d/sr/c172_220_113_40.html
Personalverordung der Universität Zürich: www.zhlex.zh.ch/Erlass.html?Open&Ordnr=415.21
Meldung der Uni Basel über die Ordnung über Nebentätigkeiten und Technologietransfer: www.zuv.unibas.ch/uni_media/2004/20040819ordnung.html
Universitätsverordnung der Uni Bern: www.sta.be.ch/belex/d/4/436_111_1.html



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