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Rubrik: Campus Life
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Publiziert: 06.10.2003 06:00

Experten befürworten ETH-Departement für Systembiologie in Basel
Standort Basel als Chance

Eine ETH-Institution für Systembiologie in Basel eröffne aus wissenschaftlicher Sicht hervorragende Perspektiven. Sie könne einzigartige Synergien nutzen und zu einem Forschungszentrum mit weltweiter Ausstrahlung werden. Dies das Fazit eines Experten-Hearings unter Leitung des Oxford-Biologen George Radda am Wochenende in Basel. Nun sei es an der Politik, die erforderliche langfristige Finanzierung zu sichern, sagte ETH-Präsident Olaf Kübler anlässlich einer Medienorientierung am Sonntag.

Von Norbert Staub

Ein junges, vielverprechendes Forschungsgebiet, mindestens 200, besser 300 Wissenschaftler am Standort Basel, willige und starke Kooperationspartner mit den Universitäten Zürich und Basel sowie mit der Basler Industrie. – Wenn diese Ingredienzien zusammenkommen, sei der Weg frei, um im weitgehend neuen Feld der Systembiologie ganz vorn dabei zu sein, erklärte George Radda, Molekularbiologe und bis vor kurzem CEO des Medical Research Council Grossbritanniens. Radda ist der Leiter des sechs internationale Experten (1) umfassenden Teams, welches das Konzept „Systembiologie Schweiz“, verfasst von Wissenschaftlern der ETH und der beiden Universitäten Zürich und Basel kritisch begutachtet hat.(2)

Aufregende Aussichten

Die Experten empfehlen „nachdrücklich“, das Projekt „mit hoher Priorität“ voranzutreiben – und zwar einstimmig. Denn laut Radda eröffneten sich „aufregende Möglichkeiten“, wenn sich die in Basel und Zürich bereits vorhandene hochstehende biomedizinische, klinische und industrielle Expertise schnell zu einer von Grund auf neuen Institution für Systembiologie zusammenführen lässt. Die Schweiz würde in diesem Gebiet eine Pionierrolle einnehmen können. Zumindest in Europa gebe es noch nichts Vergleichbares, sagte George Radda.

Das Expertenteam unterstützt die für das Institut vorgesehenen Eckpfeiler. Dazu gehört, dass die Federführung bei der ETH Zürich liegen soll. Die Universitäten Basel und Zürich seien als enge Kooperationspartner einzubeziehen. Der Charakter des Instituts müsse klar interdisziplinär sein, da die Systembiologen auf Wissen aus Mathematik, Physik, Chemie, Bioinformatik und Ingenieurwissenschaften angewiesen seien.


Systembiologie – ein neuer Ansatz

Bei der Systembiologie gehe es um einen völlig neuen Ansatz, sagte George Radda, der Leiter des internationalen Expertenteams, welches das Konzept "Systembiologie Schweiz" unter die Lupe genommen hat. Systembiologie markiere den Wechsel von der bisherigen „deskriptiven“ zu einer „quantitativen“ Biologie. Eine Kernaufgabe des neuen Instituts werde demnach die Entwicklung von Technologien zur quantitativen Datenerfassung sein, um die Dynamik ganzer biologischer Systeme zu erforschen – und damit zentrale Fragen der Biologie überhaupt anzugehen. Um langfristig den erhofften Aufbruchseffekt zu erzielen, sei es entscheidend, so Radda, dass die Grundlagenforschung in diesem Bereich eng mit klinischer wie Industrieforschung in Zürich und Basel kooperiere.




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Standpunkte aus politischer, wissenschaftlicher und institutioneller Sicht: Zum ETH-Projekt Basel äusserten sich Christoph Eymann, Basler Regierungsrat, Sir George Radda, CEO des Medical Research Council (UK) und ETH-Präsident Olaf Kübler (v.l.). gross

Die "halbe Entscheidung"

„Die wissenschaftlichen Bedingungen für das Projekt sind also sehr gut“, resümierte ETH-Präsident Olaf Kübler. Ein Vorhaben dieser Dimension erfordere aber auch Realismus. Es bleibe bei den Bedingungen, welche die ETH Zürich schon im Frühjahr für ein Mitwirken gestellt habe. So müsse vorab die langfristige Finanzierbarkeit geklärt werden: Nötig für den Betrieb sind etwa 40 Millionen Franken pro Jahr. Und dieser Betrag kann nicht aus dem bereits stark strapazierten Budget der ETH Zürich kommen, stellte Kübler klar.

Mit der Starthilfe von 20 Millionen durch die beiden Basel – die noch parlamentarisch abzusegnen ist – sei immerhin „die halbe Entscheidung gefallen“. Dass die ETH die Fäden des Projekts in den Händen halten will, wird laut dem ETH-Präsidenten von Politik, Industrie und Uni in Basel akzeptiert. Das bedeute natürlich viel Verantwortung für die ETH – Kübler: „The glory and the blame will go to the same place“.

Basler Begeisterung

Vom „Ende einer äusserst wichtigen Etappe“ sprach der Basel-städtische Regierungspräsident und Erziehungsdirektor Christoph Eymann, Co-Leiter des Comité de Pilotage des Projekts. Es herrsche jetzt Gewissheit, wissenschaftlich den richtigen Weg eingeschlagen zu haben. Am 16. Oktober wird die Schweizerische Universitätskonferenz über einen Unterstützungsbetrag von 25 Millionen aus ihren Koordinationsmitteln befinden. Zusammen mit dem Beitrag der beiden Basel wäre damit das Startkapital (45 Millionen) für das Institut gesichert.

Was Basel betrifft, ist laut Eymann die Begeisterung für das Projekt enorm: Neue Konstellationen hätten ausgezeichnet funktioniert. Neben Forschenden der Academia hätten die Forschungsleiter von Novartis und Roche – beide sitzen im Comité de Pilotage – aktiv mitgezogen. Schon länger in Basel „angedacht“ ist laut Eymann zudem eine Investition von über 100 Millionen Franken in Gebäude für einen „Life Science Campus“ in unmittelbarer Nähe des Biozentrums. Davon könnte laut dem Basler Bildungsdirektor auch das neue Institut profitieren.

Noch keine Personalentscheide

Der kürzlich von Seattle an die ETH berufene renommierte Systembiologe Ruedi Aebersold (3) ist laut ETH-Präsident Kübler direkt in die Planung des neuen Instituts involviert. Aebersold werde sicher eine wesentliche Rolle einnehmen. Dennoch werde nun nicht versucht, ihm einen Wechsel nach Basel ans Herz zu legen, sagte Kübler. Denn in Zürich könne die Systembiologie-Forschung jetzt schon aktiv werden. Heute Personalentscheide für die erst im Aufbau befindliche Institution in Basel zu treffen, wäre laut Olaf Kübler gesamthaft betrachtet kontraproduktiv.


Fussnoten:
(1) Der internationalen Expertengruppe gehörten an: George Radda, CEO Medical Research Cuncil (MRC) London; Iain Campell, Prof. of Structural Biologiy, Uni Oxford; Ernest Feytmans, Director Swiss Institute of Bioinformatics, Lausanne; Fotis Kafatos, Prof. of Biology, EMBL Heidelberg; Hugh Pelham, Laboratory of Molecular Biology MRC, Cambridge; Hans Thoenen, Prof. em. of Neurochemistry, MPI Institue of Neurobiology, Martinsried.
(2) Zur Entstehung des Projekts und zu den Reaktionen vgl. den ‚ETH-Life’-Artikel „Ein ETH-Departement in Basel?“ vom 17. Februar 2003: www.ethlife.ethz.ch/articles/ETH_Basel.html
(3) Vgl. das ‚ETH Life’-Interview mit Ruedi Aebersold vom 18. September 2003: www.ethlife.ethz.ch/articles/sbraebersold.html



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