ETH Life - wissen was laeuft

Die tägliche Web-Zeitung der ETH Zürich - in English

ETH Life - wissen was laeuft ETH Life - wissen was laeuft
ETH Life - wissen was laeuft
Home

ETH - Eidgenoessische Technische Hochschule Zuerich - Swiss Federal Institute of Technology Zurich
Rubrik: Dossiers
Print-Version Drucken
Publiziert: 27.08.2004 06:00

Migräne: Neue Therapieansätze, alte Kontroverse
Gewitter im Kopf

(mib) Die Denkwerkstatt von ETH und Universität Zürich, das Collegium Helveticum (1), hat sich auf ein neues Thema festgelegt, das während den nächsten drei Jahren aus Sicht der Geistes-, Sozial- und Naturwissenschaften vertieft werden soll: auf die Rolle der Emotionen. Damit rückt das Gehirn ins Zentrum der Denkwerkstatt, das Gehirn, das Collegiumchef Gerd Folkers bereits früher in der Funktion als oberster Apotheker der ETH beschäftigt hat.

„Die Gehirnforschung ist bestens geeignet für Kontroversen“, findet Georg Schönbächler, ETH-Pharmazeut und Folkers rechte Hand. Kontrovers deshalb, weil nur schon in der Medizin nicht alle Beteiligten vom gleichen Menschen- und Hirnbild ausgingen: die mechanistische Sicht des Denkapparats stehe einer holistischen entgegen.

Das wurde am Mittwochabend an der ersten Kontroverse zum Thema „Migräne“ in der Sternwarte deutlich. Da trafen Stephen J. Peroutka und Hansruedi Isler aufeinander, zwei geistige Schwergewichte in der Gehirnforschung. Peroutka, ehemaliger Stanford-Professor und Johns Hopkins-Forscher hat sich in seinem Wissenschafterleben vor allem mit Neurotransmittern befasst, im Speziellen mit Serotonin. Heute betreibt er ein privates Beratungsbüro (Synergia Pharma) im kalifornischen Burlingame. Isler ist Schweizer, Gründer und langjähriger Leiter der Abteilung „Kopfweh und Schmerz“ am Zürcher Unispital und weltweit einer der anerkanntesten Neurologen.

Peroutka glaubt, die Ursache der Migräne in einer überbordenden Aktivität von sechs verschiedenen Neurotransmittern und einer übermässigen Ausweitung der Blutgefässe im Hirn gefunden zu haben. Wahrscheinlich, so seine These, seien genetische Veranlagungen mit im Spiel. Isler kritisiert, Peroutkas Sicht sei zu mechanistisch; der Mensch, der Patient, müsse im Zentrum der Betrachtung stehen, der Mensch mit seiner ganzen Geschichte.

Nach zweistündiger Kontroverse zeigte sich, dass die beiden Meinungen gar nicht soweit voneinander entfernt sind: „Es gibt viele Überlappungen“, fasste Reto Agosti zusammen, Leiter Kopfwehzentrum der Klinik Hirslanden(2) und Co-Moderator der Veranstaltung. Doch ausdiskutiert ist das Thema noch nicht – auch nicht für die Profis. Heute Freitag geht die Debatte in Bern weiter, an der 20. Schweizerischen Kopfwehtagung. Dann steht unter anderem auch die neue (im Mai 2004 erlassene) Behandlungsempfehlung der Schweizerischen Kopfwehgesellschaft (3) zur Debatte.


weitermehr

Migräneforschung: Zwei Gene wurden bislang entdeckt, die bei der Entstehung von Migräne eine Rolle spielen. Im Bild: der Querschnitt eines menschlichen Gehirns; gut zu unterscheiden sind die Nervenzellen (grau) und die Verbindungen zwischen den Hirnarealen (weiss).

Übrigens: Uneinig ist man nicht nur über die Sicht, wie Migräne erklärt werden soll. Auch die Zahl der Migränegeplagten ist ein heisses Thema. Gemäss Isler leidet mindestens 20 Prozent der Weltbevölkerung in regelmässigen Abständen an Migräne, für Peroutka sind es um die zehn Prozent.


Kopfweh und Migräne

(mib) Kopfschmerzen sind Schmerzen am oder im Kopf, definiert die Schweizerische Kopfwehgesellschaft das Syndrom (4). Insgesamt unterscheiden Ärzte über 160 verschiedene Formen der Beschwerden. Eingeteilt werden sie in zwei Kategorien: in Migräne und Spannungstypkopfschmerzen. Bei der Migräne handelt es sich um „heftige, anfallsartige und meist einseitig, pulsierende Schmerzen, die von Übelkeit, Erbrechen und Lichtempfindlichkeit begleitet werden“. Die Migräne wurde schon 200 Jahre AD von Galen beschrieben, es ist also eine uralte Krankheit. Vermutlich spielt eine genetische Disposition eine Rolle; zumindest wurde 1993 und 2003 je ein Gen entdeckt, das bei der Entstehung der Migräne eine Rolle spielt. Die Spannungstypkopfschmerzen sind „gewöhnliche“ Kopfschmerzen.




Fussnoten:
(1) Collegium Helveticum: www.collegium.ethz.ch
(2) Klinik Hirslanden: www.hirslanden.ch/
(3) Schweizerische Kopfwehgesellschaft: www.headache.ch
(4) Hintergrundinformationen über Kopfschmerzen und Migräne: www.kopfwww.ch/ und http://www.migraene.ch/



Sie können zu diesem Artikel ein Feedback schreiben oder die bisherigen lesen.




!!! Dieses Dokument stammt aus dem ETH Web-Archiv und wird nicht mehr gepflegt !!!
!!! This document is stored in the ETH Web archive and is no longer maintained !!!