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Rubrik: Forum
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Publiziert: 11.04.2005 06:00

Landwirtschaft und Treibhausgase
http://www.ethlife.ethz.ch/articles/forum/KurtSigner8.html

Von Christoph Schär, Institut für Atmosphäre und Klima, ETH Zürich

Landwirtschaft und Treibhausgase

In zahlreichen kürzlichen Forums-Beiträgen erweckt Herr Kurt Signer den Eindruck, die globalen Treibhausgas-Emissionen (und damit das Klimaproblem) seien zu mehr als 50% eine Folge der Landwirtschaft. Der vermittelte Eindruck ist falsch. Wohl sind die Emissionen der Landwirtschaft (insbesondere Viehhaltung und Reisanbau) relevant, sie machen jedoch nur einen Bruchteil der globalen Emissionen aus.

In seinem letzten Beitrag (http://www.ethlife.ethz.ch/articles/forum/KurtSigner8.html) untermauert Herr Singer seine Behauptungen mit umfangreichen Zahlen und Quellenangaben. Mit viel Detailinformation wird der Eindruck von Wissenschaftlichkeit vermittelt. In Wirklichkeit jedoch werden Zahlen wild durcheinander gewürfelt und die zitierten Berichte auf Gröbste verfälscht. Konkret:

(1) Herr Signer behauptet: “Der im März 05 erschienene […] Bericht der UN Statistic Division hält eindeutig fest, dass der Anteil der Landwirtschaft an den Greenhouse-Gasen […] 52 Prozent der gesamten Weltbelastung beträgt.” Diese Angaben sind falsch. Detaillierte Zahlen liegen für die Industrieländer (sogenannte Annex-1 Staaten) vor. Dort beträgt der weltweite Anteil der Landwirtschaft gemäss Treibhausgas-Inventar der UNO 8.2% (und nicht 52%). In den Entwicklungsländern ist der relative Anteil der Landwirtschaft etwas höher (die Emissionen jedoch viel kleiner).

(2) Herr Signer behauptet: “Das Annual European Community Greenhouse Gas Inventory 1990-2002 hält fest, dass 2002 in der EU-15 für Industrieprozesse 248, jedoch für die Landwirtschaft 602 Mio t CO2 Äquivalente emittiert wurden.” Diese Angaben sind aufs gröbste irreführend. Erstens betragen die Emissionen der Landwirtschaft gemäss besagtem EU Bericht nur 416 Mio t (und nicht 602 t). Zweitens unterschlägt Herr Signer die energetischen Emissionen durch die Nutzung der fossilen Energieträger (Raumheizung, Verkehr, thermoelektrische Energie, etc). Diese betragen 3’349 Mio t CO2 Äquivalente und machen den Löwenanteil der europäischen Treibhausgas-Emissionen aus. Gemäss dem zitierten EU Bericht sind nur 10.1% der Emissionen auf die Landwirtschaft zurückzuführen, während der Hauptanteil von 81.2% auf energetische Emissionen entfallen.

(3) Herr Signer behauptet: “Die Schweiz besitzt bis dato keine dem IPCC entsprechende statistische Evaluation der Quellen für Greenhouse-Gase, im Gegensatz zu anderen Ländern.” Auch diese Angabe ist falsch. In der Schweiz ist das BUWAL für die Treibhausgas-Inventare verantwortlich. Seit 1994 werden die entsprechenden Zahlen regelmässig der UNO übermittelt. Im Jahre 2001 betrug der Anteil der Landwirtschaft an den CO2-Emissionen 10.7% der totalen Emissionen (und 11.6% der im Kyoto Protokoll berücksichtigten Emissionen). Weiter erwähnt Herr Signer, dass zum Beispiel in der Türkei “die Landwirtschaft mit weit über 50 Prozent die Spitze der Emissionen von CH4 und N2O anführt.” Aber auch hier wird der Hauptemittent schlichtweg unterschlagen. Das wichtigste menschgemachte Treibhausgas ist nicht CH4 oder N2O, sondern CO2, auch in der Türkei.

Im Weiteren ist es nicht korrekt, die Landnutzungsänderung einfach der Landwirtschaft zuzuschlagen, da hier wesentliche Beiträge durch andere Faktoren (z.B. Urbanisierung) bedingt sind. Im Übrigen würden sich die Emissions-Zahlen sowohl für Europa als auch die Schweiz bei Berücksichtigung der Landnutzung reduzieren (infolge Vergandung und Waldzuwachs).

Es ist richtig, dass die globalen Emissionszahlen gewisse Unsicherheiten aufweisen, und daraus können sich je nach Quelle Verschiebungen im Prozentbereich ergeben. Keinesfalls jedoch ist die Landwirtschaft die Hauptquelle der Treibhausgase. Das Klimaproblem folgt primär aus der Verbrennung der fossilen Energieträger (Öl, Kohle, Erdgas).

Quellen:

(1) EEA Technical report, No 2/2004: Annual European Community greenhouse gas inventory 1990–2002. Submission to the UNFCCC Secretariat. ISBN 92-9167-695-0, page 56, table 2.2. http://reports.eea.eu.int/technical_report_2004_2/en/tab_content_RLR

(2) United Nations Framework Convention on Climate Change (UNFCCC), 2004: Information on national greenhouse gas inventory data from parties included in Annex I to the Convention for the period 1990-2002. FCCC/WEB/2004/3. http://ghg.unfccc.int/index.html, page 9, table A.1

(3) BUWAL: Kenngrössen zur Entwicklung der Treibhausgasemissionen in der Schweiz. http://www.umwelt-schweiz.ch/buwal/de/fachgebiete/fg_klima/daten/thg-inv/index.html. Siehe auch: internationaler Stand der Nationalen Treibhausgas Inventare gemäss UNFCCC: http://unfccc.int/national_reports/annex_i_natcom/submitted_natcom/items/1395.php





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