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Rubrik: Forum |
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Zwischen Krankheit und Genialität Kommt Kunst von Können? |
Thomas Coch Meiner Ansicht nach verkürzt und vereinfacht der Infotext zur Ausstellung die Problematik der Art brut. Hierzu drei Thesen: 1) Art brut ist leider auch ein findiger Ansatz einiger Galeristen, dem abgebrühten Kunstmarkt etwas Neues zu liefern. Was Wohltätigkeitsorganisationen zur Hebung des Spendenaufkommens betreiben - Bilder von malenden Kindern aus Heimen als Postkarten vertreiben - könnte der Kunstbranche doch auch weiterhelfen... 2) Wer jemals in einer psychiatrischen Klinik gearbeitet hat oder eingesessen ist, weiss um die Bedeutung des kreativen Auslebens von Psychosen. Solche Bilder stellen Spiegel in doppelter Hinsicht dar: Einerseits des seelischen Zustands im Käfig der eigenen Krankheit - andererseits des Unvermögens, diesen adäquat ausdrücken zu können. Gerade das letztere wird vom Malenden leidvoll erfahren und auch ausgedrückt. 3) Desmond Morris hat in mehreren Büchern sich genüsslich über die Qualität von malenden Schimpansen geäussert. Mit ihrem Verständnis der Art brut entsteht doch im Betrachter bzw. Leser der gleiche Voyeurismus wie gegenüber diesen Experimenten nach dem Motto "Mal sehen, wie es die Verrückten können...". Dabei wäre doch viel Interessanter, unsere "normale" Rezeption dieser Werke zu beleuchten. Letztlich drückt sich hierin nämlich nur die Unentschlossenheit der Kunstrezeption allgemein aus, die in der heutigen Zeit den zitierten Leitsatz "Kunst kommt von Können" - aber auch viele andere ästhetische Leitsätze - aus vielerlei Gründen negiert. Ich hoffe, mich mit diesen Thesen nicht als Chauvi oder Banause geoutet zu haben und wünsche mir eine heftige Diskussion. | |
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