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Rubrik: News
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Publiziert: 01.06.2005 06:04

Erhöhung der Rekombinationsfrequenz durch Parasiten
Flucht in neue Genkombinationen

(cm) Der entscheidende Punkt der sexuellen Fortpflanzung ist die Neukombination des Erbmaterials. Ein wichtiger Prozess dabei ist innerhalb der Keimzellen der Eltern der Meiose genannte Prozess, bei dem das Erbmaterial neu arrangiert wird. Diese Rekombination hat aber den Nachteil, dass erfolgreiche Genkombinationen aufgebrochen werden. Warum also diese ganze Genmischlerei, wenn es offensichtliche Nachteile gibt?

Auf der Suche nach einer Antwort stellten Wissenschaftler Hypothesen auf, welches die Bedingungen sein könnten, damit das Erzeugen von Varianten eine erfolgreiche Strategie darstellt. Eine davon postuliert den Druck durch Parasiten als treibende Kraft. Forscher um den ETH-Evolutionsbiologen Paul Schmid-Hempel konnten nun erstmals experimentell diese Hypothese stützen (1). Sie demonstrierten, wie Wirte ihre Rekombinationsrate erhöhen, wenn man sie zusammen mit ihren Parasiten aufzieht. Die Arbeit erschien im Fachmagazin „Biological Letters“ (2).

Als Versuchstier wählten die Wissenschaftler den Rotbraunen Reismehlkäfer, Tribolium castaneum. Diesen setzten sie während zwölf Generationen vier Bedingungen aus. Bei einer Gruppe züchteten die Forscher den Käfer einfach als Kontrolle ohne speziellen Zusatz, bei einer zweiten in Präsenz des Insektizids Malathion, und bei einer dritten wurde er den parasitischen Mikrosporidien Nesema whitei ausgesetzt, die jede Generation neu zugefügt wurden. Die letzte und vierte Versuchsandordnung enthielt auch die Beigabe von Parasiten, doch diesmal stammten sie immer von der Vorläufergeneration der Käfer, die Käferschädlinge evolvierten also zusammen mit ihrer Reismehlkäferlinie.

Für ihre Analyse bestimmten die Forscher anhand von Gengruppen, so genannten „linkage groups“, die Rekombinationsrate in den verschiedenen Linien. Dabei zeigte sich als Erstes, dass das Rekombinationsmuster, das die Parasiten in ihren zwei Linien erzeugten, sich von denen der Kontrolle und der Insektizidbehandlung unterschied. Für die 4. und 8. Generation sowie für das gesamte Experiment gab es für alle drei Behandlungen einen signifikanten Unterschied zur Kontrollgruppe. Zudem fiel auf, dass vor allem in der 8. Generation die Käfer, die mit den Mikrosporidien koevolvierten, sich vom Rest unterschieden.


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Untersucht, wie Parasiten des Rotbraunen Reismehlkäfers dessen Rekombinationsfrequenz beeinflussen: ETH-Doktorand Oliver Fischer. (Bilder: Paul Schmid-Hempel) gross

Was bedeuten nun all diese Unterschiede? Das bedeutendste Ergebnis des Experiments ist gemäss den Autoren des Papers die schnelle Zunahme der Rekombinationsrate innerhalb weniger Generationen. Die Käfer scheinen als Überlebensstrategie gegen den Parasitendruck Zuflucht in neue Genkombination zu suchen. Dieser entspricht den von anderen Forschern vorhergesagten, kurzfristigen Vorteilen der Rekombination. Auch wenn nicht alle Resultate der Studie unmittelbar erklärt werden können, bilden sie einen Ausgangspunkt, um weitere Tests zu entwerfen, welche die Rolle der Parasit-Wirt-Interaktion auf die Entwicklung der Rekombination klären sollen. Eine gewisse Klärung könnte auch erfolgen, wenn man einmal besser verstanden hat, wie die Rekombinationfrequenz auf genetischer Ebene reguliert wird.

Ein Gestell voll Rotbrauner Reismehlkäfer: mit diesen Tieren fanden ETH-Forscher einen Hinweis für den Nutzen der sexuellen Reproduktion. gross


Fussnoten:
(1) Experimental Ecology Theoretical Biology: www.eco.ethz.ch/index.html
(2) O. Fischer and P. Schmid-Hempel: "Selection by parasites may increase host recombination frequency", Biology Letters. 24 May, 2005 published online. www.pubs.royalsoc.ac.uk/biol_lett/



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