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Rubrik: Montags-Porträts
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Publiziert: 18.12.2000 06:00

Debüt an der ETH

Der Mann strahlt Zufriedenheit aus. Er hat allen Grund dazu. Nenad Ban: seit dreieinhalb Monaten Assistenzprofessor für Molekulare Strukturbiologie an der ETH und seit rund zwei Wochen stolzer Vater eines Sohnes.

Von Roman Klingler

Nein, Filmstar zu werden sei kein Bubentraum von ihm gewesen. Dennoch haben es ihm die visuellen Künste angetan. Nenad Ban fotografiert und malt in seiner Freizeit. Und er hat eine Schwäche für Ingmar-Bergman-Filme. "Ich mag Filme, in denen Dialoge im Zentrum stehen, wo Personen interagieren", sagt der 33jährige Kroate. In einem zweiten Leben würde er gerne mal sein Debüt als Filmregisseur geben. Nun gibt er sein Debüt an der ETH, als Assistenzprofessor am Institut für Molekularbiologie und Biophysik.

Zwischen dem neuen Job an der ETH und der Arbeit eines Filmregisseurs sieht er durchaus Parallelen. "Als Leiter eines kleinen Teams hier an der ETH muss ich Leute führen und Aufgaben koordinieren, ich muss das Team für ein gemeinsames Forschungsziel motivieren." Am Ende des Prozesses stehe hier ein wissenschaftliches Produkt, im Falle des Regisseurs ein kommerziell oder künstlerisch erfolgreicher Film.

Durchbruch in Yale

Ein äusserst erfolgversprechendes wissenschaftliches Produkt hat er sozusagen in seinem Reisegepäck mit in die Schweiz gebracht: die dreidimensionale Struktur des Ribosoms. Man müsse sich das Ribosom wie eine Fabrik vorstellen, die in Zellen Proteine herstellt. Dass es nun einem Team an der Yale Universität erstmals gelungen ist, die Struktur dieser Protein-Fabrik dreidimensional darzustellen, wurde in der Wissenschaftswelt als Quantensprung gefeiert. Ban ist Mitentdecker der dreidimensionalen Ribosome-Struktur.

Mit diesem Wissen können in einer nicht allzu fernen Zukunft neue oder verbesserte Antibiotika produziert werden. Nenad Ban hat die letzten zehn Jahre in den USA geforscht - zuerst seinen Doktortitel in Kalifornien gemacht, um dann seine Postdoc-Studien an der Yale Universität abzuschliessen. Wenn es dort so toll lief, warum überhaupt gehen? "Es ist durchaus normal, dass man als junger Forscher von einer Universität zur anderen zieht."

Ribosome
Quelle: www.mol.biol.ethz.ch/ban/ribosome_links.htmll

Und nun also Zürich. "Ich glaube, dass ich gut ins Forschungsteam am Institut für Molekularbiologie und Biophysik passe. Die Arbeitsbedingungen für einen Wissenschafter wie er, der aufwändige, experimentelle Forschung betreibe, seien an der ETH ausgezeichnet. "Mit der Synchrotron Lichtquelle Schweiz am Paul-Scherrer-Institut wird bald eine Infrastrukur zur Verfügung stehen, die für meine Arbeit extrem wertvoll ist."

Arvid der Kosmopolit

Vorderhand gibt es aber für Nenad Ban ganz Handgreifliches zu tun wie zum Beispiel Windeln wechseln. Am 30. November wurde er zum ersten Mal Vater. Der Spross heisst Arvid und erfreut sich nach Aussagen seines Vaters bester Gesundheit. "Er hält die Mutter und mich zwar wach in der Nacht", aber es mache riesigen Spass.


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Noch ist nicht ganz klar, welche Staatsbürgerschaft Arvid haben wird. "Gezeugt wurde er in den USA, auf die Welt gekommen ist er in der Schweiz. Seine Mutter ist Deutsche, ich habe einen kroatischen Pass. Wahrscheinlich wird unser Sohn die deutsche, allenfalls auch die kroatische Staatsbürgerschaft haben."

Nenad Ban
Nenad Ban: Von Zagreb über die USA nach Zürich gross

Studium in Zagreb

Nenad Ban wuchs in Zagreb auf. Sein Vater war Chemieprofessor an der dortigen Universität, seine Mutter ist Zellbiologin. - Na also, denkt sich der Befrager, da liegt es ja auf der Hand, dass aus Nenad Ban ein Molekularbiologe wird, eine Wissenschaftskarriere ist bei diesem Elternhaus abzusehen. "Nein, nein", wehrt der neue ETH-Professor ab, "meine Eltern haben mir auch andere mögliche Berufe schmackhaft machen wollen".

Aber er sei halt schon als Bub von Biologie fasziniert gewesen. Wie auch immer, aus der kindlichen Faszination wurde ein Studium in Molekularbiologie an der Universität in Zagreb. Im Herbst 1990 verliess Nenad Ban mit 23 Jahren sein Land Richtung USA.

Schwierige Jahre

Ein knappes Jahr später brach der blutige Krieg auf dem Balkan aus. "Ich denke, die Geschichte in dieser Region wiederholt sich", erklärt Ban, der während des Konflikts immer wieder seine Familie besuchte. "Ich war einerseits froh, weg vom Krieg zu sein, anderseits machte ich mir manchmal Sorgen wegen meiner Familie und ich dachte, ich könnte ihnen vor Ort helfen". Ban entschied sich, seine Studien in den USA fortzusetzen. Die Einreise nach Kroatien sei nie ein Problem gewesen, aber er habe manchmal Angst gehabt, in die Yougoslawische Armee eingezogen zu werden.

Den Krieg vorausgesehen, nein, das habe auch er nicht. Dennoch habe sich in den Jahren vor dem Krieg die Lage im Land drammatisch verschlechtert. "Wir mussten buchstäblich jeden zweiten Tag mehr bezahlen für Lebensmittel und andere Dinge des täglichen Lebens". Die enorme Inflation, die ökonomische Krise im ehemaligen Yugoslawien Ende der 80er Jahre, all das habe ihn damals sehr an die Krisen erinnert, die den Weltkriegen vorausgegangen waren.

Leben nach Fünf-Jahres-Plan

Nenad Ban erzählt, wie gewisse Professoren in Zagreb sein Denken beeinflusst haben, aber er für seine Weiterentwicklung das Land habe verlassen müssen. Wie gesagt, an Krieg zu denken wagte wohl niemand, doch allen war klar, dass es so nicht weiter gehen könne. "Ich hatte ein unbestimmtes Gefühl im Bauch, dass dem Land grosse Umwälzungen ("some huge adjustments") bevorstehen würden.

Die Wissenschaftskarriere Nenad Bans scheit einem "Fünf-Jahrs-Plan" zu gehorchen: Kalifornien, Yale, jetzt Zürich. Wo sieht sich der Forscher in zehn bis fünfzehn Jahren? "Das liegt noch weit weg, ich weiss nicht...vielleicht immer noch in Zürich forschen und als ordentlicher Professor hier arbeiten." Aber jetzt müsse er erst einmal beginnen. Und darauf freue er sich.

(Das Gespräch wurde in Englisch geführt)


Literaturhinweise:
Die persönliche homepage von Nenad Ban unter: www.mol.biol.ethz.ch/ban/new_nb.html
Mehr Informationen zur Synchrotron Lichtquelle am PSI unter www.psi.ch/index/swiss_light_source.htm



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