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Rubrik: Science Life |
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BrainFair 2002: Wann ist es Alzheimer? Erkennen des Vergessens |
Je älter die Menschen werden, desto mehr von ihnen leiden an Alzheimer. Doch je früher die Krankheit erkannt wird, umso besser kann der Gedächtnisverlust verzögert werden. Im Rahmen der "BrainFair 2002" werden heute aktuelle Erkennungsmethoden von Alzheimer sowie mögliche Therapien vorgestellt. "Alle haben Gedächtnisprobleme. Auch Sie haben schon mal etwas vergessen", sagte der Zürcher Stadtarzt Albert Wettstein im Zusammenhang mit seinem Gedächtnistest (ETH Life berichtete (1) ). Doch etwas zu vergessen bedeutet noch lange nicht, dass man an Alzheimer leidet. Bei älteren Menschen können Störungen des Gedächtnisses aber manchmal eines der ersten Symptome für eine chronische Demenz-Erkrankung sein.
Entscheidende Früherkennung "Eine frühzeitige Erkennung von Gedächtnisstörungen ist äusserst wichtig, weil ein Teil der Demenzerkrankungen sehr gut therapierbar ist", erklärt Roger M. Nitsch, Direktor der Abteilung für psychiatrische Forschung des Zürcher Unispitals. Therapien sind meist umso wirksamer, je früher sie einsetzen. Die Hausärzte trügen zunehmend mehr zur Früherkennung bei, lobt Nitsch. Trotzdem findet er es wichtig, "dass für die genaue Erkennung von Gedächtnisstörungen ein spezialisiertes Zentrum zur Abklärung konsultiert wird, wie etwa unser Forschungsambulatorium an der psychiatrischen Universitätsklinik."
Nebst der Entwicklung neuer Therapien sucht die Forschung deshalb auch nach neuen Methoden für eine frühzeitige Erkennung von Gedächtnisstörungen. Beispielsweise über Abbildungen des Gehirns mittels Positronen Emissions-Tomographie (PET) oder über Magnetresonanz-Tomographie (MRI). "Beide Methoden sind bei der Früherkennung von Alzheimer hilfreich", erklärt Katrin Henke von der psychiatrischen Universitätsklinik. "Denn damit kann der Abbauprozess im Gehirn zum Teil schon vor der Diagnose erkannt werden." Gedächtnis sichtbar machen Die Neuropsychologin Henke hat sich auf die Abbildung von Gedächtnisvorgängen mittels funktioneller Magnetresonanz-Tomographie (fMRI) spezialisiert. Bei dieser Abbildungsmethode wird mittels eines starken Magnetfeldes die lokale Sauerstoffkonzentration im Blut ermittelt. Daraus kann abgeleitet werden, welche Hirnregionen wie stark an der Lösung einer bestimmten Aufgabe beteiligt sind. So können spezifisch die Hirnbereiche fürs Sehen, fürs Hören, fürs Sprechen oder eben auch fürs Gedächtnis lokalisiert werden (siehe Bild oben rechts oder (2)). Der Vorteil dieser Methode besteht darin, dass sie Hirnaktivitäten misst und lokalisiert, ohne invasiv ins Gehirn einzugreifen.
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"Die Alzheimer-Früherkennung mittels fMRI wurde bisher allerdings erst in Forschungsprojekten angewendet und ist sehr aufwändig", erklärt Katrin Henke. Routinetests gebe es noch nicht. Impfung gegen Alzheimer Ebenfalls noch nicht Routine ist eine Impfung gegen Alzheimer. Im Tierversuch gelang es einer irischen Pharmafirma jedoch, das Immunsystem von "Alzheimer-Mäusen" durch Impfung mit dem Eiweiss Beta-Amyloid so anzuregen, dass die Mäuse Antikörper dagegen bildeten. Dadurch verlangsamte sich die Ablagerung fehlerhaft gebildeter Eiweissstrukturen (=Plaques von Beta-Amyloid, siehe Bild unten) und bildete sich teilweise sogar zurück. Das weckte Hoffnungen auf die Entwicklung einer wirksamen Therapie.
Mensch ist nicht gleich Maus Lassen sich diese Therapie-Erfolge im Mausmodell nun direkt auf den Menschen übertragen? Professor Nitsch erklärt: "Weil Mausgehirne weniger komplex und jünger sind als diejenigen von menschlichen Alzheimer-Patienten, müssen alle am Mausmodell entwickelten Therapieverfahren in klinischen Studien am Menschen überprüft werden." Im Rahmen einer internationalen Studie wurden seit letztem November rund 360 Alzheimer-Patienten mit dem Eiweiss Beta-Amyloid oder Placebo geimpft, auch an der psychiatrischen Universitätsklinik in Zürich. Ähnlich wie bei den Mäusen sei es auch bei den Patienten zu einer guten Immunreaktion und vielversprechenden Ergebnissen gekommen, berichtet Nitsch. "Allerdings entwickelten einige wenige Patienten im Rahmen dieser Immunreaktion eine Hirnhautentzündung, wie das als Impfreaktion beispielsweise auch bei Grippeimpfungen bekannt ist." Die Wirksamkeit des neuen Therapieansatzes wird nun sorgfältig abgeklärt. Momentan untersuchen Direktor Nitsch und Chefarzt Christoph Hock die geimpften Patienten darauf, ob sich bei ihnen die Alzheimer-Krankheit verzögert oder sogar gebessert hat. "Von der Antikörper-Reaktion her sieht es sehr gut aus", freut sich Studienleiter Hock. Wann ist es Alzheimer? Mehr zur aktuellen Alzheimer-Forschung gibt es heute Abend in einer vom TV-Arzt Samuel Stutz moderierten Podiumsdiskussion mit dem Titel "Gedächtnisstörungen im Alter: Wann ist es Alzheimer?" Die Veranstaltung ist kostenlos und Teil der "BrainFair 2002" (ETH Life berichtete, siehe Kasten) und beginnt um 18:00 auf dem Campus Irchel, Bau 24, im Hörsaal G30.
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Literaturhinweise:
Fussnoten:
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