ETH Life - wissen was laeuft

Die tägliche Web-Zeitung der ETH Zürich - in English

ETH Life - wissen was laeuft ETH Life - wissen was laeuft
ETH Life - wissen was laeuft
Home

ETH - Eidgenoessische Technische Hochschule Zuerich - Swiss Federal Institute of Technology Zurich
Rubrik: Science Life
Print-Version Drucken
Publiziert: 06.03.2002 06:00

Brennstoffzellenauto
Mit Wasserstoff von Null auf Hundert

Vor Monatsfrist bestand er seinen ersten Härtetest über den Simplon Pass: der VW Bora HY.Power. Das Brennstoffzellenauto wurde vom Paul Scherrer Institut (PSI) zusammen mit der ETH Zürich, verschiedenen Technologiefirmen sowie dem Automobilkonzern Volkswagen entwickelt.

Von Michael Gorbat

Die Brennstoffzellentechnologie wird in der Automobil-Branche mehr und mehr zu einem Thema. Zumindest werden rund um den Globus - in Japan und in Korea gleich wie in den USA oder in Europa - verstärkt Anstrengungen unternommen, Autos, die mit der sauberen Wasserstofftechnologie betrieben werden, für die Zukunft zu entwickeln. Brennstoffzellen wandeln die in Wasserstoff enthaltene Energie chemisch durch Oxidation mit Luftsauerstoff in Strom um - gleichsam eine umgekehrte Elektrolyse.

An vorderster Front mischen das renommierte Paul Scherrer Institut (PSI) und die ETH Zürich mit, die in Zusammenarbeit mit der Forschungsabteilung von Volkswagen sowie verschiedenen Technologiefirmen an der Entwicklung des Brennstoffzellenautos VW Bora HY.Power arbeiten. Das PSI entwickelte und baute dabei, gemeinsam mit der ETH Zürich, die Brennstoffzelle und koordinierte und leitete die Gesamtintegration des Systems im Fahrzeug.

Die ETH entwickelte die Regelung des Brennstoffzellensystems und das Energiemanagement. Zudem realisierte sie die Komponenten zur Leistungsverteilung. Von ETH-Seite waren am Projekt massgeblich Olivier Garcia, Paul Rodatz sowie Martin Ruge beteiligt. So entwickelte beispielsweise Garcia im wesentlichen die Leistungselektronik, während Rodatz für den Bereich Energiemanagement und Ruge für den Bau der Pipolarplatten in den Brennstoffzellen-Stapeln verantwortlich zeichneten. Für die Aufladung und Befeuchtung der Brennstoffzellen war die FEV-Motorentechnik zuständig, während VW das Fahrzeug, den Elektromotor und die Fahrzeugsteuerung lieferte.

Das Zusammenspiel zwischen den verschiedenen Partnern funktioniert offenbar ausgezeichnet: Einen ersten Härtetest, bei dem der Bora HY.Power bei winterlichen Bedingungen am 16. Januar dieses Jahres den Simplon Pass zu meistern hatte, bestand das Fahrzeug jedenfalls erfolgreich. Gemäss dem Projektverantwortlichen am PSI, Dr. Philipp Dietrich, wollte man mit der Simplonfahrt das Potential dieser Technologie aufzeigen. "Und zwar nicht nur im Labor, sondern vor allem auch in der Realität des Strassenverkehrs."

Energiegewinn dank Supercaps

Am PSI forscht man bereits seit 1994 an der Entwicklung der Brennstoffzellen-Technologie. 1997 wurden gemäss Dietrich erste Kontakte zu Industrie-Partnern aufgenommen, um die Möglichkeiten einer sinnvollen Verwendung der neuen Technologie zu evaluieren. Die Gespräche mit den interessierten Partnern dauerten rund zwei Jahre und führten in der Folge zum Projekt mit Volkswagen, das im Frühjahr 1999 gestartet wurde und auch von Seiten des Bundesamtes für Energie sowie von der AMAG (Automobil- und Motoren AG) finanzielle Unterstützung geniesst.

In der Zwischenzeit war am PSI weiter an verschiedenen konzeptionellen Verbesserungen gearbeitet worden. "So kamen wir schnell einmal auf die Idee, dass es möglich sein sollte, die Bremsenergie zurückzuspeichern", erklärt Dietrich im Gespräch mit ETH Life. Das Kernstück hierfür bilden Superkondensatoren, oder auch schlicht "Supercaps" genannt, die in einem physikalischen Prozess Energie speichern, welche beim Bremsen freigesetzt wird. Die Superkondensatoren waren im übrigen vom PSI in Zusammenarbeit mit der Schweizer Firma Montena entwickelt worden, welche diese dann auch herstellte und nun weiter produziert.


weitermehr

Brennstoffzellenauto
Ein Auto, das von Brennstoffzellen angetrieben wird: der VW Bora HY.Power vor dem Paul Scherrer Institut. (Bild: PSI) gross

In besonderen Fahrsituationen kann die durch die beiden Supercaps gespeicherte Energie - eines der beiden Module sitzt vor der Vorderachse, das andere vor der Hinterachse des VW Bora HY.Power - wieder abgegeben werden. So steht dem Elektromotor zum Beispiel für Überholmanöver kurzfristig eine höhere Leistung zur Verfügung.

Ab 1999 wurde nach Angaben von Dietrich zudem mit der Entwicklung der Steuerungs- und Leistungselektronik begonnen. "Anfang 2001 verfügten wir schliesslich über ein erstes funktionsfähiges Pilotsystem bestehend aus einem Brennstoffzellen-Stapel und einem kleineren Stapel von Supercaps mit einer Leistungselektronik und dazugehöriger Regelung. Mit dieser Kombination konnten wir sehr viele systemtechnische Aspekte untersuchen. Gleichzeitig baute man sieben Brennstoffzellen-Stapel, wobei dann insgesamt sechs in das Fahrzeug eingebaut wurden. Ausserdem konnten wir die Supercaps weiterentwickeln und optimieren. Und auch die Leistungselektronik sowie die Steuerungsstrategie wurde aufgrund der neuen Erkenntnisse überarbeitet und verbessert."

Somit konnten die verschiedenen Elemente zusammengefügt werden. Im September 2001 wurde der gesamte Antrieb, inklusive dem von VW gelieferten elektrischen Motor auf dem dynamischen Prüftstand der ETH in Betrieb genommen und eingehend untersucht. "Die Untersuchungen und Tests dauerten bis zum 4. Januar dieses Jahres. Innerhalb von einer Woche haben wir den Antrieb in ein Fahrzeug eingebaut, das dann am 11. Januar zum ersten Mal auf der Strasse stand", blickt Dietrich zurück.

Am Automobilsalon in Genf

Mit einer Dauerleistung von 28 Kilowatt und den 50 kW aus den Supercaps beschleunigt das 1950 Kilogramm schwere Testmodell in 15 Sekunden von Null auf 100 Kilometer pro Stunde, wobei das Spitzentempo bei 115 km/h liegt. Die Reichweite einer Tankladung des gasförmigen Wasserstoffs beläuft zur Zeit noch auf Distanzen von 100 bis 150 Kilometer. An der Leistung wird über die kommenden Monate aber weiter gearbeitet. So soll beispielsweise der Energieverbrauch gesenkt, und die ansprechende Dynamik des Fahrzeugs verbessert werden. Anfang März 2002 wird der VW Bora HY.Power am Automobilsalon in Genf der breiten Öffentlichkeit vorgestellt. Bis Brennstoffzellenautos serienmässig in Produktion gehen und auch eine Wasserstoff-Infrastruktur aufgebaut ist, werden indes noch Jahre verstreichen. Philipp Dietrich rechnet jedenfalls erst im kommenden Jahrzehnt mit einem entsprechenden Entwicklungsstand.


Literaturhinweise:
SF DRS: Beitrag in "Menschen - Technik - Wissenschaft": www.sfdrs.ch/sendungen/mtw/archiv
Websites mit Grundlageninformationen zur Brennstoffzellen-Technologie: www.innovation-brennstoffzelle.de ; www.brennstoffzellenautos.com



Sie können zu diesem Artikel ein Feedback schreiben oder die bisherigen lesen.




!!! Dieses Dokument stammt aus dem ETH Web-Archiv und wird nicht mehr gepflegt !!!
!!! This document is stored in the ETH Web archive and is no longer maintained !!!