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Rubrik: Science Life
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Publiziert: 13.02.2006 06:00

European Workshop on Wireless Sensor Networks
"Die Computer werden unsichtbar"

Computer werden immer kleiner und können in Form von drahtlosen Sensornetzen die Umwelt unaufdringlich beobachten. Heute startet an der ETH Zürich der dreitägige European Workshop on Wireless Sensor Networks. Worum es dabei geht und wer daran teilnimmt, erklärt der ETH-Wissenschaftler Kay Römer im Gespräch mit ETH Life.

Interview: Claudia Naegeli

Herr Römer, sie arbeiten am Institut für Pervasive Computing an der ETH Zürich und betreiben mit der Arbeitsgruppe „Verteilte Systeme“ Forschung und Entwicklung im Bereich der drahtlosen Sensornetze (1). Können Sie erklären, worum es sich bei einem solchen Netzwerk genau handelt?

Kay Römer: Drahtlose Sensornetze gestatten die detaillierte und weiträumige Beobachtung von Phänomenen der realen Welt, indem man eine Vielzahl so genannter Sensorknoten in der Umwelt ausbringt. Bei diesen Sensorknoten handelt es sich um Miniaturcomputer, die verschiedene Parameter wie beispielsweise Temperatur oder auch die Anwesenheit eines Lebewesens wahrnehmen und erfassen können. Sie verarbeiten die Daten mittels Prozessoren und können sie per Funk an benachbarte Sensorknoten weiterleiten. Werden die Sensorknoten mit einer Basisstation, zum Beispiel einem Laptop, verbunden, können Sensornetze ins Internet integriert werden.

Das Mooresche Gesetz spricht von einer Verdoppelung der Computerleistung alle 18 Monate. Entsprechend bewegen wir uns hier in einem hoch dynamischen Gebiet. Wo steht die Wissenschaft bei den drahtlosen Sensornetzen momentan?

Kay Römer: Die Hardware können wir bereits prototypisch bauen. Allerdings stehen wir noch vor praktischen Schwierigkeiten. Die Sensorknoten werden mittels Batterie betrieben und sollen über Monate oder Jahre ohne menschliches Zutun betriebsfähig sein. Das stellt in Bezug auf die Energieeffizienz und die Langlebigkeit grosse Anforderungen an ihre Hardware. Die Netze sollen zudem auch häufig in der freien Natur zum Einsatz kommen, was wiederum eine gewisse Robustheit der Sensorknoten voraussetzt. In Bezug auf diese Eigenschaften wird versucht, die Minicomputer permanent zu verbessern.

Was stellen sich für Herausforderungen im Bereich der Software?

Kay Römer: Hier stellt sich für uns vor allem die Frage nach der Programmierung der drahtlosen Sensornetze, die heute noch ein umfangreiches Expertenwissen und viel Erfahrung voraussetzt. Hier müssen neue Herangehensweisen gefunden werden, die Sensornetze praktisch einsetzbar machen. Ein Problem in diesem Zusammenhang ist unter anderem die sehr beschränkte Speicher- und Prozessorkapazität dieser kleinen Computer. Um in diesem Zusammenhang Fortschritte zu machen, muss man die Sensornetze im Kontext konkreter Anwendungen betrachten. Hier arbeiten wir im Nationalfondsprojekt NCCR-MICS unter anderem mit Experten aus verschiedenen Fachgebieten, um Anwendungen auf ihre Einsatztauglichkeit zu überprüfen (2). Der praktische Einsatz von Sensornetzen rückt damit in greifbare Nähe.

Was wäre denn eine solche praktische Umsetzung der Technologie?

Kay Römer: Die wissenschaftliche Umweltbeobachtung ist eine klassische Applikation der drahtlosen Sensornetze. So kann man zum Beispiel kleine Sensorknoten am Eingang von Bruthöhlen von Vögeln auslegen, um deren Brutverhalten ungestört zu beobachten. Ebenfalls können Erderschütterungen, Vulkanausbrüche oder Lawinen mit Sensornetzen analysiert werden. Eine weitere Anwendung ist im Bereich der Gebäudeautomatisierung denkbar. Die Sensorknoten können ohne Eingriffe in die Gebäudesubstanz installiert werden, um eine Gesamtenergiebilanz zu ermitteln und zu optimieren. Zum Beispiel kann man Sensorknoten an Wasserleitungen anbringen, um die Menge und Temperatur des durchfliessenden Wassers zu ermitteln. Vorstellbar sind auch Anwendungen im Gesundheitswesen. Ältere Leute könnten in ihrem gewohnten Umfeld wohnen bleiben, indem mittels drahtlosen Sensoren Abweichungen von typischen Lebensrhythmus erkannt und an Pflegepersonal gemeldet werden. Zum jetzigen Zeitpunkt sind Gesundheitsanwendungen jedoch noch nicht sehr realistisch.


Wissenschaftler aus der ganzen Welt treffen sich heute an der ETH und tauschen sich über drahlose Sensornetze aus.

Warum? Weil die Sensorknoten noch zu gross sind und sie die Personen in ihrem Alltag zu sehr einschränken würden, oder weil die drahtlosen Sensornetze in die Privatsphäre der Patienten eingreifen?

Kay Römer: Beides. Die Forschung arbeitet daran, immer kleinere Sensorknoten zu entwickeln. Aber auch der Schutz der Privatsphäre treibt die Wissenschaftler um. Die Gefahr stellt sich hier allerdings sehr differenziert. Die Umweltbeobachtung ist beispielsweise oftmals unproblematisch, während im Medizinalbereich vertrauliche Daten rasch in falsche Hände geraten können. Hier wird an Mechanismen zur Kontrolle der Datenweitergabe gearbeitet oder überlegt, wie absichtliche Unschärfen eingebaut werden können, um die Privatsphäre zu schützen.

Heute startet der dreitägige European Workshop on Wireless Sensor Networks (EWSN 06) an der ETH (3). Worum geht es bei dieser Tagung schwerpunktmässig?

Kay Römer: Beim EWSN 06 handelt es sich um ein Forum zum internationalen Austausch unter Wissenschaftlern auf dem Gebiet der Sensornetze. Die Konferenz stösst auf Interesse weit über Europa hinaus. Die Workshop-Beiträge stammen etwa zu gleichen Teilen aus den USA, Asien und Europa. Diskutiert werden unter anderem Fragen bezüglich Datenmanagement, Energieeffizienz und Anwendungsmöglichkeiten. Neben dem reinen wissenschaftlichen Austausch sollen sich die Teilnehmer auch einen Überblick über die laufenden Forschungsprojekte in der Schweiz und in Europa verschaffen können. Ausserdem findet eine Ausstellung von Demonstratoren statt. Dieses Jahr haben wir zusätzlichen einen Wettbewerb lanciert, bei dem sowohl Forscher als auch Laien ihre Vorschläge zu einer Anwendung der drahtlosen Sensornetze in zehn Jahren einreichen konnten. Die Sieger werden am Mittwoch prämiert.

Wie stellen sie sich persönlich die Anwendung der Technologie in zehn Jahren vor?

Kay Römer: Bis dahin werden sicherlich einige Anwendungen von Sensornetzen Einzug in unseren Alltag gehalten haben. Während heute Sensornetze – zumindest unter Wissenschaftlern – noch sehr viel Aufsehen erregen, werden sie dann vielleicht schon nahezu unsichtbar in unsere Umwelt eingebettet sein. Damit sind wir in zehn Jahren möglicherweise einem wichtigen Ziel nahe: Computer, die unaufdringlich in unseren Alltag integriert sind und ihren Dienst versehen, ohne unsere ständige Aufmerksamkeit und Fürsorge zu erforden und uns damit von unseren eigentlichen Aufgaben abzulenken (4).


Fussnoten:
(1) Zur Website des Instituts für Pervasive Computing: www.pc.inf.ethz.ch
(2) Mehr Informationen zum Nationalfondsprojekt: www.mics.ch
(3) Mehr Informationen zum European Workshop on Wireless Sensor Networks: www.ewsn.org
(4) "ETH Life"-Artikel Informatisierung des Alltags: www.ethlife.ethz.ch/articles/tages/computeralltag.html



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