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Rubrik: Science Life
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Publiziert: 04.10.2005 06:00

"Lärmstudie 2000" von ETH-Forschenden
Störender Morgenlärm

ETH-Forschende haben am Montag die Ergebnisse der „Lärmstudie 2000“ präsentiert. Dabei wurden die Auswirkungen des Fluglärms auf die Zürcher Bevölkerung von 2001 bis 2005 untersucht. Der Zusammenhang zwischen der tatsächlichen Belastung und der subjektiv empfundenen Belästigung ist geringer als erwartet. Am Morgen wird der Fluglärm als besonders unangenehm empfunden.

Ursina Wirz

Die Studie bestand aus zwei Befragungen der Bevölkerung in den Jahren 2001 und 2003 und einer Feldstudie, die die physiologischen Auswirkungen des Fluglärms untersuchten(1). Die Befragungen hat Katja Wirth durchgeführt, die Feldstudie wurde von Mark Brink betreut und die Leitung der Arbeitsgruppe hatte Christoph Schierz. Alle drei Forschenden sind vom ehemaligen ETH-Institut für Hygiene und Arbeitsphysiologie.

Die Fragestellungen der Studie drehten sich rund um den Einfluss des Fluglärms auf den täglichen Rhythmus der Bevölkerung. Zum einen ist damit das Tagesgeschehen gemeint, auf das der Fluglärm jedoch im Vergleich zu den Randstunden weit weniger belästigend wirkt. Zum anderen wurden die Befindlichkeiten zu den Randzeiten erfragt. Die Fragebogen wurden an rund 3000 Personen in einem Umkreis von 20 Kilometern um den Flughafen Zürich geschickt und im Jahr 2003 wurde zusätzlich noch eine Telefonbefragung durchgeführt. Die Rücklaufquote war mit über 50 Prozent für die Projektleiter zufrieden stellend. Die Befragung führte zur Erkenntnis, dass die Lärmbelästigung einen Tagesrhythmus hat, besonders stark ist sie morgens und abends mit einem weiteren, kleineren Höhepunkt am Mittag. Der Tagesrhythmus der wahrgenommenen Belästigung hängt jedoch nur bedingt mit dem tatsächlichen Fluglärm zusammen.

„Fluglärm unerfahrene“ Personen reagieren stärker

Eine viel grössere Rolle spielen die so genannten Moderatorvariablen. Solche können zum Beispiel eine wesentliche Änderung des Flugverkehrs, eine negative Einschätzung des Flugverkehrs oder eine generelle Unzufriedenheit mit dem Wohnort sein. Spannend ist auch: je mehr Strategien (zum Beispiel die Verwendung von Ohrenpfropfen oder die Mitgliedschaft in einer Anti-Fluglärm-Gruppe) gegen den Lärm ergriffen werden, desto störender wird der Fluglärm erlebt. Es ist aber auch der Fall, dass diese Gegenmassnahmen erst ergriffen werden, wenn die Belästigung sehr hoch ist. Die Richtung dieses Zusammenhanges ist nicht klar.

Die Reaktionen auf die Lärmbelastung sind von Person zu Person verschieden und hängen von der individuellen Lärmgeschichte ab. Dazu gilt es zwei verschiedene Situationen zu unterscheiden. Personen, die in einer quasi-stationären Lärmsituation leben, also in einer über Jahre unveränderten Fluglärmbelastung, sind um so lärmgestörter, je lauter der Fluglärm ist. Es besteht also ein direkter Zusammenhang zwischen der Belastung und der Belästigung. Dies ist nicht der Fall, wenn eine erhebliche Änderung der Lärmsituation erfolgt, wie beispielsweise bei den Ostanflügen seit 2001 und bei den Südanflügen seit 2003, so Katja Wirth. Dann spreche man von einer Überschussreaktion von „Fluglärm unerfahrenen“ Personen - wie aus der Befragung resultierte, bestand kein Zusammenhang mehr zwischen der Belastung und der Belästigung.


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Der Tagesrhythmus der wahrgenommenen Belästigung hängt nur bedingt mit der tatsächlichen Belastung zusammen.

Es müssen also andere Faktoren ausschlaggebend sein. So beeinflusst zum Beispiel auch das Vertrauen in die Behörden das persönliche Belästigungsurteil massgeblich.

Morgenlärm stört mehr

Wie stark die Bevölkerung in den Randstunden durch den Lärm belästigt ist und wie der Fluglärm den Schlaf stört, war der Hauptfokus der Feldstudie. Da über 80 Prozent der Bevölkerung vor dem Beginn des Nachtflugverbotes (zur Zeit der Studie 00.00 Uhr) zu Bett gehen und nach Ende desselben (6.00 Uhr) aufstehen, beeinflusst der Fluglärm den Schlaf der Bevölkerung. Für die Feldstudie stellten sich 60 Freiwillige zur Verfügung, die dann während 30 Tagen jeden Tag in den Randstunden mit simuliertem Fluglärm von unterschiedlicher Intensität und Häufigkeit „berieselt“ wurden. Dabei wurden mittels eines Sensors, der unter dem Bett angebracht war, die Herzfrequenz und die Bewegungsaktivität gemessen. Am morgen wird die Belästigung als deutlich stärker empfunden als in den Abendstunden.

Eine Reduktion der Morgenflüge würde die Schlafqualität nicht unbedingt verbessern, da der erste Flug die grösste Reaktion hervorruft, wie weiter herausgefunden wurde. Mit jedem weiteren Flugzeug nimmt die Belästigung ab. Eine wirkungsvolle Massnahme gegen die Schlafstörungen durch die Fluglärmbelastung wäre demnach gemäss Mark Brink nur eine Verlängerung des Nachtflugverbots.

In einigen Nächten wurden die Testpersonen mit Strassenlärm beschallt, um einen Vergleich herzustellen. Wie evaluiert wurde gibt es keine Anzeichen dafür, dass Fluglärm belästigender wahrgenommen wird als Strassenlärm. Der Strassenlärm verursacht zwar eine etwas grössere Belästigung, ruft aber kaum physiologische Reaktionen hervor.

Kein Forschungsauftrag

Die 420'000 Franken teure Studie wurde zu 96 Prozent vom BUWAL, dem BAG und von der Unique Flughafen Zürich AG getragen. Den Forschern war es wichtig, eine neutrale wissenschaftliche Position einzunehmen, was auch erklärt, dass die Studie kein Forschungsauftrag ist, sondern aus Eigeninitiative entstand.


Fussnoten:
(1) "ETH Life" berichtete über die Zwischenergebnisse: www.ethlife.ethz.ch/articles/tages/Fluglaerm2.html



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