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Rubrik: Science Life
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Publiziert: 28.08.2006 06:00

ETH-Wissen für Neuentwicklung des Traditionsinstrumentes
Neues Hackbrett dank Hightech

In Herisau entsteht ein neuer Typ von Konzerthackbrettern. Die Idee dafür stammt von einem Musiker, verwirklichen kann er sie dank einem Hackbrettbauer und ETH-Wissenschaftlern von der Professur für CAAD. Der Prototyp wird momentan besaitet. Die klingende Vernissage des neuen Instrumentes sollte diesen Herbst an der ETH stattfinden.

Christoph Meier

Mitten im Raum, umgeben von Holzbearbeitungsmaschinen, Plänen und Kästen von "Verwandten“ steht er: der neue Prototyp für ein Konzerthackbrett. Etwas zurück versetzt befindet sich ein älteres Modell eines solchen Instrumentes. Betrachtet man die Neuentwicklung, fällt zunächst ihre elegante Form auf. Beim Vergleich merkt man, woher sie rührt: Der Boden und die Decke des Resonanzkörpers sind beim neuen Hackbrett im Gegensatz zum alten leicht gewölbt. Zudem sind die Winkel der Grundfläche verändert. Das Instrument wiegt 20 Kilogramm und die Stirnseite ist 100 sowie die Rückseite 58 Zentimeter lang. Die beiden Seiten liegen 65 Zentimeter auseinander.

Nackte Zahlen mögen dem Kenner bereits einiges verraten. Doch wie ist es überhaupt dazu gekommen, dass das halbnackte, das heisst erst zum Teil besaitete, Instrument jetzt in der Hackbrettwerkstatt von Werner Alder in Herisau steht? Am Anfang stand die Idee von Fredi Zuberbühler, Mitglied der Musikformation „Anderscht“ (1), das Appenzeller Konzerthackbrett mit erweiterter Werner-Alder-Stimmung weiter zu entwickeln. Er entwarf Pläne, die darauf abzielten, den Tonumfang zu erhöhen und die Mensuren, also die Masse des Instrumentes, zu verbessern. Letzteres sollte bewirken, dass die Tonhöhen vor allem über die Saitenlängen bestimmt werden und weniger über die Saitendicke und Spannung.

Über Hightech-Schreiner zur ETH

Diskussionen mit den Instrumentenbauern Urs Stieger aus Berneck und Werner Alder aus Herisau zeigten auf (2), dass das skizzierte Konzerthackbrett völlig neue Anforderungen an die Konstruktion stellt. Beispielsweise erkannte man, dass der Resonanzkörper aus Stabilitätsgründen gewölbt sein muss. Wie sollte man aber die schwierigen Form umsetzen? Zuberbühler erkundigte sich bei der Schreinerei-Firma Bach in Heiden (3), die für ihre Computer-gestützte Produktion bekannt ist. Hier wies man ihn darauf hin, dass die Gruppe designtoproduction von der ETH-Professur für CAAD bei der Umsetzung der Pläne helfen könne (4).

Beim passionierten Gitarrenspieler Christoph Schindler traf Zuberbühler an der ETH auf offene Ohren. Der Architekt entwickelte zusammen mit seinem ETH-Kollegen Fabian Scheurer dreidimensionale Pläne, die direkt zur Steuerung der CNC-Fräse der Firma Bach benutzt werden können. „Wir haben das geometrische Konzept für das Hackbrett entwickelt. Dieses besteht darin, dass die Decken jeweils Teil zweier imaginärer Kegel mit einem Radius von 10 beziehungsweise 12 Meter sind, deren Kegelspitze verschoben ist“, erläutert Schindler. Zudem haben die ETH-Wissenschaftler die Dicke und Anordnung der Holzteile so optimiert, dass sie die entstehende Zuglast von bis zu 1.7 Tonnen aushalten.

Neue Klangwelt

In der Werkstatt erklären Alder und Zuberbühler weitere Spezialitäten des neuen Hackbretts, das gemäss dem Instrumentenbauer später rund 15'000 Franken kosten dürfte.


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Ein neues Konzerthackbrett, erbaut mit Hilfe von ETH-Know-how, steht vor seiner Vollendung in der Werkstatt von Werner Alder in Herisau (Bilder: Christoph Schindler) gross

Begutachten ihre noch nicht vollständig besaitete Neuentwicklung: Werner Alder und Fredi Zuberbühler. gross

Das Instrument, das im Vergleich zum klassischen Appenzeller oben um eine Oktave und unten um eine Sexte erweitert wurde, enthält im Resonanzkasten eine neue Verstrebung. Oder die Saitenlänge kann auf beiden Seiten des Mittelstegs variiert werden. Hört man den Spezialisten zu, wird klar, sie werden noch an ganz anderen Details als den Stimmschrauben herumschrauben.

Doch ihr eigenlichtes Ziel haben sie bereits erreicht: Das Hackbrett besitzt einen grösseren Umfang, ist stabiler in der Stimmung, elegant und hat ein bisher für dieses Instrument nicht gekanntes Volumen. Als Zuberbühler erst auf der Neuentwicklung und kurz danach auf dem älteren Appenzeller Konzerthackbrett die Ruten tanzen lässt, eröffnet sich vor allem in den unteren Lagen eine neue Klangwelt.

Hörbarer Fortschritt

Der Musiker und der Hackbrettbauer freuen sich darum schon jetzt auf die Vernissage des neuen Instrumentes. Fredi Zuberbühler will diese an der ETH Zürich durchführen. Denn ohne deren Hilfe hätte er das Projekt nicht realisieren können. Auch für Christoph Schindler wird das ein spezieller Anlass sein: „Das Projekt steht für eine fruchtbare Verschmelzung von Tradition und Forschritt.“ Das Resultat einer wissenschaftlichen Entwicklung wird dann im Herbst für einmal nicht nur seh-, sondern auch hörbar werden.


Fussnoten:
(1) Hackbrettformation Anderscht: www.anderscht.ch/Anderscht/Willkommen.html
(2) Hackbrettbau Werner Alder: www.hackbrettbau.ch/
(3) Bach Heiden AG: www.bach-heiden.ch/
(4) desingtoproduction: www.designtoproduction.com/



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