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Rubrik: Science Life
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Publiziert: 15.08.2006 06:00

Meteoritentagung an der ETH
Bausteine des Sonnensystems

Schon immer haben Meteorite, die vom Himmel gefallenen „Sterne“, die Menschheit ins Staunen versetzt. Heute verhelfen sie der Forschung unter anderem zu Einblicken in die Anfänge unseres Sonnensystems. Vergangene Woche wurden anlässlich der Jahrestagung der Meteoritical Society an der ETH aktuellste Fragen und Resultate diskutiert.

Norbert Staub

„Meteorite sind die ursprünglichsten Gesteinsproben, die wir vom Sonnensystem haben. Ihre Zusammensetzung 'erzählt’ uns am unmittelbarsten von der Entstehung des Sonnensystems vor rund 4,6 Milliarden Jahren“, sagt ETH-Professor Rainer Wieler, der das Labor für Edelgasgeochemie und -kosmochemie im Departement Erdwissenschaften leitet. Der Hintergrund: Die ausserirdische Materie hat sich nie durch Schmelzprozesse differenziert und präsentiert sich daher im Urzustand. Wieler ist auch Präsident des Organisationskomitees der Zusammenkunft der Meteoritical Society, die letzte Woche an der ETH stattgefunden hat und Forschende aus zahlreichen Ländern zusammenführte.

Mutterkörper identifiziert

Meteorite sind gemäss ihrer Zusammensetzung in verschiedene Klassen eingeteilt. Den allermeisten von ihnen ist gemeinsam, dass sie Bruchstücke von Asteroiden sind, also von den in die Millionen gehenden Materiebrocken, die zwischen Mars und Jupiter um die Sonne kreisen, sich in der Entstehungsphase des Sonnensystems aber nicht zu „fertigen“ Planeten weiter entwickelt haben. „Eine spannende Erkenntnis, die an unserem Kongress von Michael Gaffey erstmals vorgestellt wurde, ist, dass der Mutterkörper einer wichtigen Meteoritenklasse, der sogenannten H-Chondrite, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dank vergleichenden Spektralanalysen identifiziert ist.“ Dieser Ursprungskörper sei Hebe, mit rund 195 Kilometern Durchmesser einer der grossen Asteroiden.

Daneben, so Wieler, sei nur noch ein weiterer Asteroid zweifelsfrei als Mutterkörper von Meteoriten identifiziert, nämlich Vesta, mit 516 km Durchmesser der drittgrösste Asteroid überhaupt. Von Vesta stamme das Material der sogenannten HED-Gruppe (die isotopisch eng verwandten Howarditen, Eukriten und Diogeniten). „Alle anderen Meteorite aus dem Asteroidengürtel kommen von bis anhin nicht identifizierten Körpern.“

Zwei Kulturen zusammengebracht

Im Unterschied zu den Kosmochemikern, die das auf die Erde gefallene Material aus dem uns vergleichsweise nahen Sonnensystem im Labor direkt untersuchen, ziehen die Astrophysiker ihre Schlüsse aus Beobachtungen, die via Teleskop in grosse und grösste Entfernungen reichen. Gleichwohl beschäftigt auch sie zentral, was bei der Entstehung des Sonnensystems passierte. „Hier arbeiten zwei Kulturen an ähnlichen Fragen“, meint Wieler. „Ein solcher Kongress bietet die Gelegenheit, sie miteinander ins Gespräch zu bringen.“

Für Laien – und nicht nur für sie – liegt ein Faszinosum der astronomischen Forschung heute in der Suche nach ausserirdischem Leben. Entwickeln kann sich solches, wie man annimmt, nur auf Planeten, die mit der Erde gewisse Ähnlichkeiten aufweisen. Bei der Suche nach solchen Himmelkörpern hat zum Beispiel der Genfer Forscher Michel Mayor Furore gemacht, der ebenfalls am Kongress teilgenommen hat.

Wackelnde Sterne

1995 hat Mayor mit seinem Mitarbeiter Didier Queloz als erster einen Planeten entdeckt, der um einen Stern ausserhalb unseres Sonnensystems kreist: Pegasus 51b, etwa von der Grösse des Jupiter, liegt 45 Lichtjahre von uns entfernt. Nachweisen konnten sie dies, indem sie sich die durch diese Planeten verursachte Gravitation zunutze machten, denn diese löst eine minime Bewegung des Sterns aus. „Und dieses 'Wackeln’ kann gemessen werden“, erklärt Rainer Wieler. Man hofft nun in wenigen Jahren die Detektionsmethode soweit verfeinert zu haben, dass auch Planeten von der Grösse der Erde entdeckt werden können, „was wiederum die Wahrscheinlichkeit erhöht, Planeten mit Leben zu entdecken.“


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Als Mutterkörper von Meteoriten identifiziert: Vesta, mit 516 Kilometern Durchmesser drittgrösster Asteroid. Bruchstücke dieses Himmelskörpers haben den Weg zur Erde gefunden (unten). Bilder: NASA.

Universale Datierungsmethode

Rainer Wieler selbst hat sich mit seinem Team auf die Edelgasmassenspektrometrie spezialisiert. „Mich fasziniert diese Methode, weil damit völlig unterschiedliche Fragen beantwortet werden können“, so der Forscher. Das Verfahren basiert auf der Tatsache, dass zum Beispiel das gewöhnlich feste Element Kalium 40 mit der bekannten Halbwertszeit von 1,3 Milliarden Jahren zum Edelgas Argon 40 zerfällt. Festkörper wie Meteoriten archivieren dieses Gas und erlauben damit Rückschlüsse über Milliarden von Jahren. „Wir sind heute in der Lage, mit der Edelgasmassenspektrometrie Aussagen zur Entstehung des Sonnensystems zu machen, zur Zusammensetzung der Sonne, aber auch zum Alter einer Gletschermoräne oder des Wassers im Vierwaldstättersee“, erklärt Rainer Wieler.

Irdisch anmutender Kometenschweif

Gegenwärtig wertet Wielers Team die Genesis-Mission der NASA aus, an der es beteiligt ist. (1) Der Probenbehälter der Sonde war im September 2004 in der Wüste von Utah zwar abgestürzt, lieferte dem ETH-Team aber dennoch das gewünschte Material – nämlich Sonnenwindpartikel, mit deren Analyse zu einem besseren Verständnis der Entstehung des Sonnensystems beigetragen werden soll.

Am Kongress an der ETH kam durch die Hauptreferenten Michael Zolensky und Kevin McKeegan eine weitere Weltraummission zur Sprache, die kosmologischen Fragen auf den Grund gehen soll und kürzlich erfolgreich beendet wurde. Die US-Weltraumbehörde NASA schickte im Jahr 2000 die Sonde „Stardust“ auf eine lange Reise zum Kometen Wild 2. (2) Beim Durchqueren seines Schweifs fing sie Staubproben ein und brachte diese schliesslich im Januar 2006 planmässig zur Erde. Erste Studien dazu haben nun ergeben, dass die Proben zu den Hochtemperaturmineralien zu zählen und damit mit irdischer Materie vergleichbar sind.

Was das bedeutet, ist momentan noch unklar, meint Rainer Wieler. „Vielleicht heisst es, dass Staubkörner, welche relativ nahe der Sonne gebildet wurden, später in den äusseren Teil des solaren Nebels transportiert wurden und dort dann in die Kometen eingebaut wurden.“


Literaturhinweise:
Website des Labors für Edelgasgeochemie und -kosmochemie: www.erdw.ethz.ch/institut_zusatz.cfm?ID_Inst=2705&instzusatz=68&ID_st=39&language=1
Website der Meteoritical Society: www.meteoriticalsociety.org/

Fussnoten:
(1) Vgl. dazu den "ETH Life"-Bericht „Optimistisch bezüglich Genesis“ vom 10. September 2004: www.ethlife.ethz.ch/articles/news/genesislandwieler.html
(2) Infos zu Stardust: www.astrolink.de/m028/m028000/index.htm



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