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Rubrik: Science Life
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Publiziert: 08.09.2006 06:00

Marcel-Benoist-Preis 2006 für ETH-Professor Tim Richmond
Lohn für Beharrlichkeit

Der Molekularbiologe Timothy J. Richmond erhält den Marcel-Benoist-Preis 2006. 18 Jahre seines Forscherlebens hat er der Aufklärung der Nukleosomen-Struktur gewidmet. Ein Musterbeispiel, wie beharrliche und kreative Forschungsarbeit zum Ziel führt.

Peter Rüegg

Bundesrat Pascal Couchepin hat gestern in Bern den Preisträger des diesjährigen Marcel-Benoist-Preis’ empfangen: den ETH-Professor für Röntgenkristallographie von biologischen Makromolekülen, Timothy J. Richmond. Der amerikanische Wissenschaftler, der seit 1987 an der ETH lehrt und forscht, wird damit für seine Verdienste um die Aufklärung der Nukleosomen-Struktur, der Grundeinheit des Chromosoms, geehrt. (1), (2)

Zur Bekanntgabe empfing Couchepin, der Präsident der Marcel-Benoist-Stiftung ist, Timothy J. Richmond zu einem Mittagessen in Bern. Am Empfang nahmen weitere Stiftungsrats-Mitglieder, ETH-Präsident Ernst Hafen und verschiedene Medienvertreter teil. Die offizielle Preisverleihungs-Zeremonie wird am nächsten Freitag im Rahmen des 5. NCCR-Kongresses über Strukturbiologie an der ETH stattfinden. (3)

Der richtigen Idee nachgegangen

Pascal Couchepin lobte in einer kurzen Rede Richmonds Beharrlichkeit und Ideenreichtum. Der Forscher habe viel Stehvermögen bewiesen, habe stets an seine Ideen geglaubt und diese hätten sich schliesslich auch als richtig erwiesen. Timothy Richmond zeigte sich geehrt. Die Aufklärung der Nukleosomen-Struktur sei allerdings nur ein Zwischenschritt, sagte er bescheiden. Die Forschung an diesen Strukturen sei nicht abgeschlossen. Wissenschaft sei wie Bergsteigen. Habe man einen Gipfel erklimmt, warte dahinter der nächste. Mittlerweile ist er mit seiner Arbeitsgruppe daran, die Strukturen der nächsten Organisationsstufe der Nukleosomen zu erforschen.


Marcel-Benoist-Preis: der "schweizerische Nobelpreis"

Seit 1920 wird jedes Jahr der Marcel Benoist-Preis an einen in der Schweiz etablierten Wissenschaftler vergeben, der „die nützlichste wissenschaftliche Erfindung, Entdeckung oder Studie gemacht hat, die insbesondere für das menschliche Leben von Bedeutung ist“. So hat es Marcel Benoist, ein 1918 verstorbener französischer Anwalt, in seinem Testament festgehalten. Der Preis ist der älteste Wissenschaftspreis der Schweiz und geniesst hohes Ansehen. Seine Verwaltung ist eng an die Bundesregierung gekoppelt, weshalb der jeweilige Vorsteher des Departements des Innern Präsident der Marcel-Benoist-Stiftung ist und jeweils im Herbst den Preis verleiht. Zurzeit ist dies Bundesrat Pascal Couchepin. Die Stiftung legt die Preissumme aufgrund des Vermögensertrags jedes Jahr von neuem fest. Bisher ging der 17 Mal an insgesamt 19 Forscher der ETH Zürich, zuletzt im Jahr 2000 an den Chemiker Dieter Seebach. Unter den Marcel-Benoist-Preisträgern der ETH befinden sich auch die späteren Nobelpreisträger Kurt Wüthrich (1991) und Richard Ernst (1985).(4)




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ETH-Präsident Ernst Hafen (l.) und Bundesrat Pascal Couchepin (r.) im Gespräch mit Timothy J. Richmond, dem diesjährigen Marcel-Benoist-Preisträger. gross

Herausragende Basis geschaffen

Trotz aller Bescheidenheit, die der Forscher ausstrahlte: Seine Strukturanalysen gelten als herausragend, schaffen sie doch die Basis, um das Funktionieren der Nukleosome auf atomarer Stufe zu analysieren. Die Erkenntnisse über deren Struktur sind so grundlegend, dass sie in die Biologie-Lehrbücher aufgenommen wurden.

Die Strukturanalysen basieren auf der Röntgenbeugung-Technik. Dabei werden Röntgenstrahlen durch ein Kristallgitter geleitet, wo sie abgelenkt werden und ein spezifisches Muster erzeugen. Daraus schliessen die Wissenschaftler auf den Aufbau des Kristalls. Allerdings ist es sehr schwierig, grosse Molekülstrukturen zu kristallisieren.

Forschung als unspektakuläre Knochenarbeit

Beim Nukleosom brauchte Richmond dreizehn Jahre, bis er es geschafft hatte. Besonders problematisch ist es, aus lebenden Zellen einheitliche Nukleosomen zu gewinnen. Dies hat damit zu tun, dass sie keine starren unveränderlichen Gebilde sind. Deren Bestandteile sind ständig mit ihrer Umgebung in Wechselwirkung, um das Funktionieren einer Zelle zu gewährleisten. Für die Röntgenstrukturanalyse braucht man aber Kristalle in geeigneter Qualität und Grösse.

Dieses Problem umging Richmond, indem er im Labor Nukleosomen aus einheitlichen Komponenten aus künstlicher DNS und gentechnisch hergestellten Histonen nachbaute. Dass hinter seiner Forschung viel Scharfsinn und Beharrlichkeit steckte, blieb aber weitgehend unerkannt, denn es fehlte oft an Ergebnissen, die in grossen Fachzeitschriften hätten publiziert werden können. Dennoch hat weder er selbst locker gelassen noch haben die Geldgeber den Mut verloren, die Forschung zu finanzieren. Insbesondere die ETH habe ihm nie ihre Unterstützung versagt, betonte Richmond.

Infrastrukturauf- und ausbau entscheidend

Entscheidend zum Erfolg beigetragen hat auch der Aufbau einer entsprechenden spezialisierten Infrastruktur. Um komplexe Makromoleküle zu analysieren müssen, Röntgenstrahlen in höherer Intensität und Qualität als üblich erzeugt werden können. Seit rund 20 Jahren benutzen Richmond und seine Arbeitsgruppe deshalb Synchrotronstrahlung, wie sie mittlerweile auch am Paul Scherrer-Institut in Villigen erzeugt werden kann. Die SLS gehöre zu den weltbesten Anlagen und habe die Arbeit vorwärts gebracht, sagte Richmond. Seine Arbeitsgruppe arbeite mindestens einmal im Monat mit der SLS.


Fussnoten:
(1) Timothy Richmond im Who’s who der ETH: http://fm-eth.ethz.ch/eth/peoplefinder
(2) Website von Richmond’s Arbeitsgruppe: www.biol.ethz.ch/IMB/groups/richmond
(3) Kongress-Programm: www.structuralbiology.unizh.ch/symposium06_lectures.asp
(4) Informationen über den Marcel-Benoist-Preis: www.marcel-benoist.ch



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