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Rubrik: Science Life
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Publiziert: 26.09.2006 06:00

Symposium über Sicherheit in Stadien
Soziologie hilft beim Stadionbau

Sind neue Stadien sichere Erlebniswelten? Ja, wenn die Bauherrschaft auch die Soziologie mit in die Planung einbezieht. Das sagten deutsche Experten, die anfangs September am Symposium „Neue Stadien – sichere Erlebniswelten?“ auf Einladung des Instituts für Bauplanung und Baubetrieb an der ETH diskutierten.

Peter Rüegg

Gespannt blickte im Juni die ganze Schweiz und die Welt nach Deutschland, wo nicht nur die Fussball-Show schlechthin (über die Qualität der Spiele kann man geteilter Meinung sein) über die Bühne ging. Um das Fussballfest zu garantieren, brauchte es aber nicht nur spannende Spiele, sondern auch moderne Stadien, die diesem Grossanlass entsprachen. Mit neuen Stadien aufrüsten muss sich derzeit auch die Schweiz, um in zwei Jahren die Fussball-Europameisterschaft beherbergen zu können.

Emotionalität nicht unterdrücken

Als Brennpunkt eines vielfältigen sozialen Geschehens stelle ein Stadion hohe Anforderungen an die Sicherheit, sagt Professor Gerhard Girmscheid vom ETH-Institut für Bauplanung und Baubetrieb (1) zu Beginn des Symposiums „Neue Stadien – sichere Erlebniswelten?“. Besonders bedeutend sei die hohe Emotionalität, die vor allem mit Fussball verbunden sei. Planer müssten das positive Erleben des Spiels mit konstruktiven, technischen und logistischen Sicherheitsanforderungen in Einklang bringen.

Umfeld miteinbeziehen

Ein am Symposium viel zitiertes Beispiel für modernen Stadionbau ist die Allianz-Arena in München, die von den Schweizer Architekten und ETH-Professoren Jacques Herzog und Pierre de Meuron konzipiert wurde. Mit einer ausgefallenen Architektur ist es bei einem Stadion jedoch nicht getan. Im Falle der Allianz-Arena musste das Umfeld umfassend in die Planung miteinbezogen werden. Ganze Bahnhöfe mussten umgebaut oder gebaut werden, um den Zuschauerstrom schlucken zu können. Die Arena fasst immerhin 66'000 Zuschauer, die sich nach dem Abpfiff schlagartig auf die Verkehrsträger ergiessen. Um diese Massen rasch wegbringen zu können, musste die Infrastruktur rund ums Stadion massiv ausgebaut werden.

Der Bau des U-Bahnhofs Fröttmaning in Stadionnähe, der Ausbau der Strecke und der Umbau der U-Bahn-Station Marienplatz kosteten fast 100 Millionen Euro, wie Stefan Gödeke, Geschäftsleitungs-Mitglied der Planungsfirma Drees und Sommer, ausführte.


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Das Innere der Allianz-Arena von München: Moderne Stadien sind mit allen erdenklichen Sicherheitsvorkehrungen ausgerüstet. (Bild: zVg) gross

Dazu kamen Strassen und Brücken für den Individualverkehr, deren Ausbau weitere 33 Millionen Euro kosteten. Besondere Beachtung bei der Sicherheit im Innern des Stadions fand die Unterbringung der Fans. Jochen Lerche vom Stadion Management der Allianz-Arena: „Der Planungsgrundsatz hiess: Soviel Sicherheit wie nötig, bei so wenig Einschränkungen wie möglich.“

Soziologie bestimmt Sektorenaufteilung

In der Allianz-Arena lassen sich zum Beispiel die Fans mit mobilen Absperrzäunen trennen und unterschiedlich grosse Bereiche absperren. Für jedes Spiel – je nach Einschätzung der entsprechenden Fangruppen - wird die Allianz-Arena anders gestaltet. Andererseits darf die Sektortrennung die Fluchtwege nicht einschränken.

Bei den Fluchtwegen beschreiten die Stadionbetreiber Neuland. Viele Sicherheitskonzepte gehen davon aus, dass das Publikum in einem Brandfall auf den Rasen flüchten soll. Nicht so in München. Dort entspricht das Fluchtkonzept der natürlichen Intuition des Zuschauers, der nach draussen flüchten will.

Stehplätze machbar

Die Sitzplatz-Vorschrift der FIFA ist in München nach der WM passé. Auf Wunsch der Fans des FC Bayern haben die Stadionbetreiber in gewissen Sektoren wieder Stehplätze realisiert. Das ist in der Bundesliga zulässig. International werden nur Sitzplätze zugelassen, obwohl an den WM-Spielen die Zuschauer teilweise auf den Sitzen standen. Auf die Sicherheit hat dies jedoch kaum einen Einfluss.

Für Lerche gibt es aber keine Zweifel, dass das neue Stadion sicher ist. Sein Fazit: „Die Allianz-Arena hat punkto Sicherheit Massstäbe gesetzt.“ 100-prozentige Sicherheit sei aber auch bei einem solchen Vorhaben nicht zu erreichen.


Fussnoten:
(1) Website des Instituts für Bauplanung und Baubetrieb: www.ibb.ethz.ch/aktuell/index.html



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