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Rubrik: Science Life
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Publiziert: 25.02.2003 06:00

Gewichts-Studie vom ETH-Labor für Humanernährung
Schwere Kost

Die Schweizer Kinder werden immer dicker. Dieser Schluss lässt sich aus einer Studie des ETH-Labors für Humanernährung ziehen. Der Studienleiter Michael Zimmermann erläutert seine Vorgehensweise und hofft auf eine Signalwirkung der Studie.

Von Christoph Meier

Jedes fünfte Mädchen und jeder sechste Knabe sind übergewichtig. Diese Zahlen gingen Anfang Februar durch die Schweizer Presse. Sie sind auch für Michael Zimmermann, Oberassistent am ETH-Labor für Humanernährung (1), der wichtigste Befund der von ihm geleiteten Studie. Doch was hat der Forscher überhaupt gemessen? Als erstes bestimmte er letztes Jahr bei 2600 Kindern zwischen 6 und 12 Jahren, die repräsentativ für die Schweizer Kinder sind, den Bodymassindex (BMI). Der BMI ist ein Mass zur Erfassung von Über- bzw. Untergewicht. Dieser berechnet sich aus dem Körpergewicht in Kilogramm, geteilt durch das Quadrat der Körpergrösse in Metern. Den Körperfettgehalt bestimmten die Forschenden über die Dicke von vier Hautfalten. Durch den Vergleich des BMI mit der Hautfaltendicke sollte überprüft werden, wie gut sich der BMI zur Abschätzung des Übergewichts eignet. Denn insbesondere bei Kindern sind die Richtwerte für den BMI nicht unumstritten, und die Hautfaltenmessung gilt als goldener Standard, um den durchschnittlichen Körper-Fettgehalt innerhalb von Populationen zu bestimmen.

Die Kinder sind eindeutig schwerer

Die erhobenen Daten wiegen für sich alleine schon schwer: 16.7 Prozent der Knaben und 19.1 Prozent der Mädchen sind, wie erwähnt, übergewichtig. 3.8 Prozent bei beiden Geschlechtern weisen einen sehr hohen BMI auf und gelten somit als fettleibig. Auch erweist sich der BMI als gutes Mass für den Körper-Fettgehalt, denn er ist hoch korreliert mit der Hautfaltendicke. Obwohl die Prozentzahlen aus einer Studie von Zimmermann im Jahre 1999 etwas höher lagen, gibt es keinen Grund zur Entwarnung. In der früheren Studie wurde nämlich eine andere Referenz für den BMI genommen. Das heisst, dass in den verschiedenen Altersklassen ein höherer BMI erreicht werden musste, um als übergewichtig oder fettleibig zu gelten. Zudem gibt es eine Arbeit aus den 60er Jahren, die bei 400 Zürcher Kinder den BMI bestimmte. Der Vergleich dieser Zahlen mit denen aus 2002 lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig: In der Zürcher Studie erreichten zum Beispiel 10 Prozent der 8-jährigen Schweizer Knaben einen grösseren BMI als 17.2, wogegen es in der neuen Studie 32 Prozent sind. Ein ähnliches Bild ergibt sich für die Mädchen.

Auch wenn die alten Daten durch den kleineren Erhebungsraum nicht einfach eins zu eins mit den neuen verglichen werden können, ist kaum anzunehmen, dass die Zürcher Kinder der 60er Jahre damals in der Schweiz gewichtsmässig aus dem Rahmen fielen. Somit kann man davon ausgehen, dass in den letzten 40 Jahren die Kinder bedeutend schwerer geworden sind. Der massive Unterschied ist auch insofern belastend, als die neuen Daten wahrscheinlich eine untere Schätzung darstellen. Denn für die neue Messung stellten sich von allen angefragten Kinder auf den ersten Blick respektable 77 Prozent zur Verfügung. Zimmermann hat aber Hinweise von Lehrern, die bei der Studie mithalfen, dass sich vor allem die Eltern von übergewichtigen Kindern gegen die Teilnahme an der Studie stellten. Diese wollten wahrscheinlich ihre Sprösslinge nicht weiter stigmatisieren.


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Übergewicht ist auch zunehmend ein Problem bei Schweizer Kindern.

Dass die Kinder um ihr Übergewicht wissen, zeigen die Aussagen aus der 1999er Studie. 23 Prozent der 11-12 jährigen Knaben und sogar 33 Prozent der Mädchen fühlten sich damals zu dick. Etwa gleich viele wollen auch abnehmen, was bei 8 Prozent der Mädchen gemäss ihren eigenen Aussagen bereits zum Auslassen einer Mahlzeit geführt hatte. Weniger mit ihrem Gewicht zu kämpfen schienen die jüngeren Kinder. Die grössere Sorge der älteren Kinder könnte für Zimmermann aus ihrer Nähe zur Pubertät resultieren. In dieser Zeit würden sie sich vermehrt ihres Körpers bewusst und begännen sich vermehrt mit Gleichaltrigen zu vergleichen.

Prävention ist wichtig

Was hält aber der Forscher von dem Auslassen der Mahlzeiten? Hier ist Zimmermann eher skeptisch und verweist auf eine Studie, die besagt, dass kalorienarme Diäten sowie wiederkehrende Gewichtsschwankungen bei Kindern und Jugendlichen das Risiko für Gewichtszunahme und Fettleibigkeit im Erwachsenenalter erhöhen. Ausserdem kann es in extremen Fällen zu einer verringerten Wachstumsrate, oder einer Verzögerung der Pubertät kommen. Zu Medikamenten oder chirurgischen Mitteln würde der Forscher nur greifen, wenn alle anderen möglichen Ansätze versagt haben.

Als effektivste Therapie erachtet Zimmermann die klar strukturierte Mischung aus Spezialdiät und erhöhter Bewegung. Auch bei diszipliniertem Befolgen der Massnahmen ist aber gemäss dem Forscher diesem Ansatz bei übergewichtigen Kindern nur beschränkt Erfolg beschieden. Darum sei es besonders wichtig auf Prävention zu setzten, vor allem wenn man sich den Trend zu noch mehr übergewichtigen Kindern vor Augen führt. Insofern hofft Zimmermann auf eine Signalwirkung seiner Studie, damit amerikanische Verhältnisse, wo 16 Prozent der Kinder fettleibig sind, vermieden werden können.

Eventuell kann Zimmermann auch etwas dazu beitragen, dass vorsorgliche Massnahmen zielgerichtet eingesetzt werden können. Denn in einer neuen Studie in diesem Jahr vergleicht er die Nahrungszusammensetzung, das zeitliche Essensmuster und den Energieverbrauch von normal- und übergewichtigen Schweizer Kindern. Ziel dabei ist, einen allfälligen Zusammenhang von Ernährung und verschlechterter Glukosetoleranz sowie erhöhtem Fettgehalt des Blutes bei übergewichtigen Kindern herauszufinden.


Literaturhinweise:
Informationen zum Body Mass Index: www.cdc.gov/nccdphp/dnpa/bmi/index.htm

Fussnoten:
(1) ETH-Labor für Humanernährung: www.hu.ilw.agrl.ethz.ch



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