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ETH - Eidgenoessische Technische Hochschule Zuerich - Swiss Federal Institute of Technology Zurich
Rubrik: Science Life
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Publiziert: 07.09.2006 06:00

Technolgoietransfer als Herausforderung für Hochschulen und Unternehmen
„Die ETH spielt in der Champions League“

Am vergangenen Montag hat die Plattform für Mikro- und Nanowissenschaften der ETH Zürich den ersten Industry Day durchgeführt. 30 Forschungsgruppen aus verschiedenen Instituten luden Entscheidungsträger und Technologieverantwortliche aus der Industrie ein, sich über die neusten Forschungsergebnisse zu informieren. Claus Weyrich, Mitglied des Vorstands der Siemens AG und Leiter Corporate Technology trat als Key Note Speaker auf. Mit "ETH Life" sprach er über die Beziehungen zwischen Industrie und Hochschule und die Möglichkeiten im Technologietransfer.

Interview: Gabrielle Attinger

Herr Weyrich, Siemens macht angeblich 16 verschiedene Erfindungen pro Tag. Woher kommen die alle?

Es sind deutlich mehr. Im letzten Jahr hatten wir über 8'800 Erfindungsmeldungen. Das sind 40 pro Arbeitstag. Die Erfindungen kommen aus dem ganzen Unternehmen, vorwiegend natürlich von den Forschern und Entwicklern – das sind weltweit über 47'000.

Und wie viele davon können Sie in Ihrem Unternehmen nutzen?

Wir haben im letzten Geschäftsjahr mit 5'700 deutlich mehr als die Hälfte der Erfindungsmeldungen auch zum Patent angemeldet. Das liegt natürlich auch daran, dass die Erfindungen im Zuge von Projekten mit einer klaren Zielsetzung entstehen.

Welche Rolle spielt für Siemens denn die Forschung der Hochschulen?

Wir forschen an zukünftigen Schlüsseltechnologien, die für mehrere Bereiche unseres Unternehmens relevant sind. So zukunftsgerichtet unsere Forschung ist, so zielgerichtet ist sie auch. Es würde aber über die Kräfte eines sehr grossen Unternehmens wie Siemens hinausgehen, Grundlagenforschung in der Breite voranzutreiben. Das ist Aufgabe der Hochschulen und Forschungsinstitute. Um Zugang zu den gewonnenen Erkenntnissen zu erhalten, brauchen wir aber den Kontakt zu der öffentlichen Forschung. Hochschulen können vor allem aber auch interdisziplinäre Felder wie die Nano- und Mikrotechnologie in mehr Richtungen vorantreiben als ein Unternehmen, das technologisch fokussierter arbeitet. In beiden Fällen sind die Hochschulen deshalb als Kooperationspartner für uns sehr wichtig.

Mit welchen Hochschulen arbeiten Sie vor allem zusammen?

Wenn wir uns mit den Besten in unserer Branche messen wollen, müssen wir auch mit den besten Universitäten der Welt zusammenarbeiten. Deshalb müssen wir auch mit unserer Forschung und Entwicklung weltweit präsent sein. Die Hälfte unserer Forscher und Entwickler arbeitet in Deutschland, die übrigen in aller Welt.

Welche Hochschulen sind denn in Ihren Augen momentan die Besten?

Das lässt sich nicht pauschal beantworten und auch nicht in einer einfachen Rangliste darstellen. Viel eher muss man eruieren, welche Hochschule auf welchem Gebiet die Beste ist, sei dies jetzt in der Nanotechnologie oder in einem anderen Bereich. Ausser Frage ist für mich aber, dass die ETH in der Champions League spielt.

Und wodurch zeichnet sich ein Mitglied der Champions League aus?

Es verfügt nicht nur über exzellente wissenschaftliche Arbeiten, sondern auch über ein professionelles Management und wird dadurch sowohl für Industrieunternehmen als auch für die besten Studenten attraktiv. Dadurch entsteht eine Spirale, in der sich die einzelnen Faktoren gegenseitig beflügeln.


Mikro- und Nanotechnologie an der ETH Zürich

(ga) Die Micro and Nano Science Platform MNSP ist ein Kompetenzzentrum der ETH Zürich. (2) Ihm gehören verschiedenste Institute an, die alle in diesem Bereich tätig sind. Das Institut für Robotik und Intelligente Systeme etwa baut unter der Leitung von Professor. Bradley Nelson Mikroroboter, die sehr kleine biologische Strukturen untersuchen. Die Gruppe von Professor Klaus Ensslin am Laboratorium für Festkörperphysik arbeitet an Ein-Elektron-Transistoren. Am Industry Day haben sich über 250 Besucher über die Arbeit der 30 teilnehmenden Forschungsgruppen informiert.




Claus Weyrich ist Mitglied des Vorstands der Siemens AG und leitet den Bereich Corporate Technology. (Bild: N. Guignand) gross

Wie sieht eine ideale Zusammenarbeit denn aus?

Es gibt verschiedene Erfolgskriterien für gute Kooperationen. Erstens braucht es auf beiden Seiten den Support des Managements. Die Universitätsleitung muss die Zusammenarbeit mit der Industrie ausdrücklich wünschen – das gilt auch umgekehrt. Das mag zwar trivial klingen, diese Unterstützung ist aber für die kooperierenden Forscher sehr wichtig. Zweitens braucht es eine partnerschaftliche Zusammenarbeit. Natürlich fliesst Geld und auch die Motive für die Forschungsaktivitäten unterscheiden sich. Das Verständnis darf aber nicht sein, dass der eine nur zahlt und der andere zu liefern hat. Es muss eine Partnerschaft auf Augenhöhe sein, die von gegenseitigem Respekt getragen wird.

Welches sind nach Ihren Erfahrungen die wichtigsten Voraussetzungen für einen geglückten Technologietransfer?

Für eine gute Zusammenarbeit brauchen Sie Teams, die sich kennen, und zwar nicht nur vom e-Mail-Verkehr, sondern persönlich. Nur so entstehen ein gegenseitiges Verständnis und ein Vertrauensverhältnis. Denn es lässt sich nicht alles in Verträge fassen oder elektronisch abwickeln.

Gibt es weitere Erfolgskriterien?

Die Zusammenarbeit findet in Projekten statt. Über die Ziele eines Projektes braucht es ein klares gemeinschaftliches Verständnis sowie konkrete Meilensteine. Dazu gehört auch, dass man Erfolge gemeinsam feiert. Und schliesslich steigert Wettbewerb die Qualität. Man sollte also den Wettbewerb zulassen – auch wenn gute Kooperationen meist langfristige Unterfangen sind.

Gibt es Bereiche, in denen der Technologietransfer einfacher ist als in anderen?

Im Softwarebereich ist er sicher leichter, weil das Ergebnis oft in Programmen und Konzepten vorliegt, die sich in der Industrie sehr schnell einsetzen lassen. Im Hardwarebereich kann eine Hochschule dagegen allenfalls bis zur Prototypenreife gehen, die Industrie braucht in der Regel jedoch Produkte in großen Stückzahlen – das erfordert zusätzliche Entwicklungsarbeiten und Investitionen und lässt sich nicht von heute auf morgen bewerkstelligen.

Was könnte die ETH im Technologietransfer besser machen?

Die ETH gehört sicherlich zu den Vorzeigeuniversitäten, was den Technologietransfer anbelangt. Das klare Bekenntnis zur Zusammenarbeit mit der Industrie gehört dazu, ebenso wie das kundenorientierte Marketing, ein funktionierendes Alumni-Netz und die Zusammenarbeit innerhalb der Hochschule, wie an diesem Industry Day (1) eindrucksvoll demonstriert wird.

Wie hat Ihnen dieser Tag gefallen?

Ich begrüsse grundsätzlich, dass man die Industrie als Partner einlädt und ein klar fokussiertes Gebiet präsentiert. Auch dass nicht nur über Technik informiert wird, sondern auch über mögliche Kooperationsmodelle und darüber, wie Kontakte entstehen. Für eine nachhaltige Wirkung müsste der Tag allerdings regelmässig wiederholt werden. Das Entscheidende aber für mich ist das Zeichen, das allein schon mit dem Titel gesetzt wird. Als Vertreter der Industrie finde ich das sehr gut.


Fussnoten:
(1) Website des ersten Industrietags: www.micronano.ethz.ch/industryday/
(2) Website de Micro and Nano Science Platform: www.micronano.ethz.ch/



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