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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 13.02.2001 06:00

Ocean Drilling mit ETH-Beteiligung - Woche fünf
Fondueplausch auf hoher See

Halbzeit heisst es an Bord der "Joides Resolution" in der fünften Woche. Grund genug für den wissenschaftlichen Leiter, Flavio Anselmetti, Zwischenbilanz zu ziehen. Die meisten der Prognosen haben sich erfüllt. Diese basieren vor allem auf den Daten, die im Frühling 1999 auf einer Untersuchungsfahrt auf dem Marion-Plateau gesammelt wurden. Halbzeit heisst aber auch den sozialen Aspekt der Reise zu pflegen: mit einem gelungenen Fondueplausch.

Von Flavio Anselmetti

Es ist Halbzeit an Bord der Joides Resolution, das heisst, wir haben den sogenannten "Hump Day" erreicht. Von nun an geht es sozusagen bergab. Dies ist auch immer ein Moment um eine Zwischenbilanz zu ziehen.

Bisher haben wir an sechs Stellen gesamthaft durch drei Kilometer Sediment gebohrt. Davon konnten wir knapp zwei Kilometer tasächlich kernen und an Bord bringen. Wir haben herausgefunden, dass die Ablagerung und die Zusammensetzung der Sedimente auf dem Marion-Plateau von verschiedenen Faktoren abhängt: Meeresspiegel, Meeresströmungen, Wassertemperaturen, Tongehalt - um die wichtigsten zu nennen.

Seisprofil
Seismisches Profil an einer der Bohrstellen auf dem Marion-Plateau. Die Wassertiefe beträgt etwa 350 Meter. Der Ausschnitt zeigt ein Bild von etwa 20 Kilomtern Breite und 600 Metern Höhe. gross

Vor Überraschungen nicht sicher

Die zweite Hälfte und die noch ausstehenden Bohrlöcher werden uns weiter helfen, diese Faktoren genauer zu verstehen. Die meisten unserer Prognosen haben sich bisher erfüllt, aber immer wieder gab es auch Überraschungen. So haben wir das Alter gewisser Formationen nicht ganz richtig eingeschätzt, andere Sedimente erwartet oder eine Tiefe zu seicht berechnet - aber wenn man vorher alles wüsste, hätte man ja keinen Grund, um diese Borhungen durchzuführen.

Die ETH Life-Leser können sich vermutlich vorstellen, dass es nicht ganz einfach ist, vorherzusagen, was genau in paar hundert Metern unter dem Meeresboden zu finden ist. Unsere Prognosen basieren vor allem auf den Daten, die wir im Frühling 1999 auf einer einmonatigen Untersuchungsfahrt hier auf dem Marion-Plateau gesammelt haben. Zusammen mit dem Australischen Geologischen Dienst (AGSO) haben wir eine Reihe Daten gesammelt, ohne die wir dieses Projekt nie zu Stande gebracht hätten.


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Reflektions-seismische Profile helfen

Am Wichtigsten sind da die reflektions-seismischen Profile, mit denen man kilometerweit in den Untergund hineinschauen kann. Das Prinzip ist einfach: Eine grosse Druckluftkammer, die man hinter dem Schiff im Wasser herzieht, erzeugt eine Explosion, die eine Schallwelle produziert.

Diese Welle dringt in den Meeresboden ein und wird von den Schichten im Untergund nach oben zurück an die Meeresoberfläche reflektiert. Dort wird das Signal von Hydrophonen aufgezeichnet. Alle paar Sekunden schiesst man einen Puls und zeichnet so den Untergund entlang der Schiffsroute auf. Auf dem beiliegenden Beispiel eines seismischen Profils erkennt man, wie wir mit diesen Profilen die Sedimentgeometrien im Untergund abbilden können.

Prognosen kontra Realität

Auf diesen Bildern von reflektierten Schallwellen basieren unsere Prognosen. Das Beispiel zeigt eine Bohrstelle, die wir im Moment gerade erbohren. Unter dem Meeresboden erkennt man schön geschichtete Sedimente, die in tieferem Wasser in starken Strömungen abgelagert wurden. Auf der rechten Seite erkennen wir im Gegensatz dazu eine massive Karbonatplattform, die im flachen Wasser abgelagert wurde. Der Horizont in 203 Meter Tiefe entspricht einer harten Fläche, die wir soeben erbohrt haben.

Unsere Prognose hatte 195 Meter gelautet. In 500 Meter etwa werden wir auf das Grundgebirge treffen, zumindest, wenn unsere Vorhersage in etwa stimmt. In dem Stil machen wir also vor jedem neuen Bohrloch eine Prognose, und sagen die Tiefen voraus wo wir spezielle Sedimentformationen antreffen werden.

Einmal ist keinmal

Der "Hump Day" ist natürlich auch ein wichtiger Teil unseres sozialen Empfindens und muss dementsprechend gefeiert werden. Das haben auch wir fünf Schweizer an Bord gedacht und vor dem Abflug noch schnell eine Fondueausrüstung samt Fonduepaketen mobilisiert, um zum ersten Mal in der 16-jährigen ODP-Geschichte ein Käsefondue auf der Joides Resolution zu zelebrieren - mit allem was dazugehört, inklusive der Theaterpremiere des Stückes "Heidi on the Reef" und echter Schweizer Ländler-Musik.

fondue anselmetti
Fondueplausch zur Halbzeit ("Hump-Day") des Leg 194. gross

Da sassen wir also, etwa 30 Erdwissenschafter, um zwei Uhr in der Früh im kalt klimatiserten und dekorierten Konferenzraum auf dem Topdeck unseres Bohrschiffes - draussen knapp +30 Grad. Wir genossen das Fondue an den mit rotweiss-karierten, speziell gedruckten Decken dekorierten Tischen, und bohrten uns stetig in die Tiefe. Dank der Klimaanlage war dieses heimatlich-absurde Ereignis auch im tropischen Sommer tatsächlich ein einschlagender Erfolg, so dass es bereits am nächsten Tag wiederholt wurde. Und noch bleiben uns vier Pakete Fondue, die wohl auf der letzten Transitstrecke in drei Wochen verspiesen werden.




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