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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 04.04.2003 06:00

Das CoLab vereint Wissenschaftler aus verschiedenen Disziplinen
Eine Werkstatt für clevere Algorithmen

Computermodelle sind heute in vielen Forschungsgebieten ein unentbehrliches Werkzeug. Die Wissenschaftler sehen sich dabei oft mit ähnlichen methodischen Problemen konfrontiert. Das CoLab der ETH Zürich will nun Wissenschaftler aus verschiedenen Disziplinen zusammenbringen, um neue numerische Methoden und Algorithmen zu entwickeln.

Von Felix Würsten

Naturwissenschaftlich-technische Forschung ist heute ohne den Einsatz von mehr oder weniger raffinierten Computermodellen kaum mehr vorstellbar. Obwohl die Fragestellungen in den einzelnen Fachgebieten ganz unterschiedlich sind, sehen sich die Entwickler von solchen Programmen oft mit ähnlichen methodischen Problemen konfrontiert. Häufig gilt es, komplexe Systeme nachzubilden, die man erst ansatzweise versteht, oder Prozesse in einem Modell darzustellen, die sich auf unterschiedlichen räumlichen und zeitlichen Skalen abspielen.

Lösungsansätze zugänglich machen

Die ETH Zürich will nun das in den verschiedenen Departementen vorhandene Knowhow zusammen führen und so Lösungsansätze, die sich in einem Bereich als fruchtbar erwiesen, anderen Disziplinen zugänglich machen. Sie hat deshalb im letzten Mai das CoLab (1) gegründet, an dem sich Forschende aus verschiedenen Departementen beteiligen. Die Abkürzung CoLab steht für "Computational Laboratory", ist aber auch als Wortspiel mit dem Begriff CoLab-oration zu verstehen. Im letzten Oktober haben die Mitarbeitenden des Labors am Hirschengraben nahe des Centrals eigene Büroräume bezogen. Dort wollen sie nun neue Methoden für komplexe wissenschaftliche Probleme entwickeln.

Software wichtiger als Hardware

"Jedermann weiss, dass die Hardware in den letzten Jahren immer schneller und kompakter wurde und dass dies die Entwicklung von leistungsfähigen Computermodellen ermöglichte. Den wenigsten ist jedoch bewusst, dass sich die Algorithmen, die den Modellen zu Grunde liegen, ebenfalls rasant entwickelt haben", erklärt Petros Koumoutsakos, Professor für Computational Sciences an der ETH Zürich. "Die Verbesserungen bei der Software haben sogar wesentlich mehr zur höheren Leistungsfähigkeit der Modelle beigetragen als die Fortschritte bei der Hardware." Für den Direktor des Leitungsausschusses des CoLabs ist deshalb klar: "Um die Modelle weiter zu verbessern, braucht es nicht nur schnellere Computer und mehr Rechenkapazität, sondern auch clevere Berechnungsmethoden."

Grosses Interesse bei jungen Wissenschaftlern

Das CoLab ist nicht eine losgelöste Institution, sondern bildet das Kernstück des Programms "Computational Science and Engineering (CSE)". Dieses wiederum ist eines der vier Projekte, denen die Schulleitung unter dem Begriff "Strategische Erfolgs-Positionen (SEP)" einen besonderen Status eingeräumt hat. Das CoLab ist vorerst auf eine Dauer von drei Jahren ausgelegt. Geplant ist, am CoLab 10 bis 15 Postdoc-Stellen zu besetzen.

"Bei den jungen Wissenschaftlern ist das Interesse an der neuen Institution sehr gross", berichtet Sabine Attinger, wissenschaftliche Koordinatorin am CoLab. Von den rund 400 Kandidatinnen und Kandidaten, die sich beim CoLab gemeldet haben, wurden bis jetzt etwa 40 zu einem Interview eingeladen. 11 Postdoc-Stellen sind inzwischen besetzt.

Aufteilung der Arbeit

Damit aus dem CoLab auch wirklich die angestrebte vernetzte Plattform wird, arbeiten die Postdocs am CoLab eng mit anderen Forschungsgruppen der ETH zusammen. So wird verhindert, dass sie isoliert forschen. Attinger hofft, dass so ein ambitioniertes Ziel erreicht werden kann: Am CoLab findet ein intensiver Austausch unter den Wissenschaftlern aus den verschiedenen Fachrichtungen statt; gleichzeitig entwickelt sich mit den einzelnen Instituten eine enge Zusammenarbeit.


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Modellsimulationen spielen heute in vielen naturwissenschaftlich-technischen Disziplinen eine entscheidende Rolle.

Thematische und methodische Fokussierung

Schwergewichtig werden am CoLab Forschungsprojekte aus den Bereichen Zellbiologie, Bioinformatik und Materialwissenschaften bearbeitet. Doch auf der Liste finden sich auch mit dem CoLab assozierte Projekte aus anderen Fachgebieten, etwa aus der Erdbebenforschung, der Verkehrstechnik und der Klimaforschung. Methodisch fokussiert man sich auf die zwei Problemfelder "Multiscaling" und "Machine Learning", wie Koumoutsakos ausführt.

"Multiscaling" beschäftigt sich mit der Frage, wie man Prozesse, die sich auf verschiedenen Skalen abspielen und daher mit unterschiedlichen physikalischen Ansätzen beschrieben werden, in einem Modell miteinander verbindet. Beim Problemfeld "Machine Learning" geht es um daten- und regelbasierte Modellierung komplexer Systeme, die mit "einfachen" mathematisch-physikalischen Gesetzmässigkeiten nicht beschrieben werden können. Dazu gehören beispielsweise biologische Systeme. Um diese zu modellieren, muss man sich auf Beobachtungen und Daten stützen. Das Ziel ist nun, auf der Basis von solchen Daten Regeln für das Systemverhalten aufzustellen und damit das System besser zu verstehen.

Eine echte Herausforderung

Neben den konkreten Forschungsarbeiten versuchen die Leiter des CoLabs mit verschiedenen ergänzenden Aktivitäten, den Austausch unter den Wissenschaftlern zu fördern. So werden renommierte Wissenschaftler im Rahmen des "Visiting Faculty Programms" eingeladen, eine gewisse Zeit am CoLab zu arbeiten. Für die jungen Postdocs entstehen so interessante Kontakte. Im nächsten Sommer wird das CoLab zudem zusammen mit dem CSCS in Manno und der Universita di Svizzera Italiana im Tessin einen mehrwöchigen internationalen Sommerkurs in "Multiscale Modelling and Simulation" durchführen, dessen Resultate in Buchform publiziert werden sollen. Und schliesslich will man am CoLab auch einen engen Dialog mit den Biologen aufbauen. Ziel wäre es, dass Computational Scientists und Biologen miteinander ins Gespräch kommen und voneinander lernen. Das scheint ein nicht ganz einfaches Unterfangen zu sein. "Eine gemeinsame Sprache zu finden", formuliert es Koumoutsakos diplomatisch, "ist eine echte Herausforderung."


Fussnoten:
(1) Hompage des CoLab: www.colab.ethz.ch/



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