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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 23.08.2004 06:00

8. Konferenz über Nanopartikel aus Verbrennungsmotoren
Stotternd zum sauberen Diesel

Feine Stäube in der Luft stellen eine gesundheitliche Belastung für die Bevölkerung dar. Insbesondere Partikel aus Dieselmotoren sind wegen ihrer Lungengängigkeit problematisch. An einer internationalen Konferenz diskutierten letzte Woche an der ETH mehrere hundert Experten über Risiken und Strategien zur Vermeidung dieser unerwünschten Emissionen.

Von Felix Würsten

Schwebestäube in der Luft belasten die Gesundheit. Vor allem Nanopartikel mit einen Durchmesser von weniger als einem Mikrometer gelten als problematisch, dringen diese doch tief in den Atemtrakt ein. Letzte Woche diskutierten an der ETH-Hönggerberg an der 8. Konferenz über "Combustion generated nanoparticles" knapp 300 Experten, welche Konsequenzen diese Partikel für Mensch und Umwelt haben und mit welchen Massnahmen der Partikelausstoss vermindert werden könnte.

Tief in die Lunge

Eine der wichtigsten Quellen für Nanopartikel sind Dieselmotoren. Ein Grossteil der emittierten Russpartikel weisen einen Durchmesser von 20 bis 300 Nanometer auf. Gerade diese Fraktion ist besonders gut lungengängig und dringt bis in die Alveolen vor. Von dort aus können die Partikel auch in die Blutbahnen geraten. Russpartikel aus Dieselmotoren werden, zusammen mit Feinpartikeln aus anderen Quellen, für eine Reihe von Krankheiten mitverantwortlich gemacht. "Nanopartikel verursachen enorme volkswirtschaftliche Schäden", ist H.-Erich Wichmann vom GSF-Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit (1) überzeugt. "Wir haben berechnet, dass sich durch die flächendeckende Einführung von Partikelfiltern in Deutschland pro Jahr 10'000 bis 19'000 Todesfälle vermeiden liessen."

Speziell gefährlich sind die ultrafeinen Partikel mit einem Durchmesser von weniger als 100 Nanometer, wie Peter Gehr von der Universität Bern (2) erklärt. "Unsere Laborexperimente zeigen, dass ultrafeine Partikel direkt in Blutzellen eindringen können." Welche Wirkung sie dort entfalten, lässt sich heute allerdings erst ansatzweise abschätzen.

Peugeot als Vorreiter

Angesichts dieser Befunde mutet es eher befremdend an, dass das Problem auf der gesetzgeberischen Ebene nicht energischer angegangen wird. Die technischen Grundlagen für eine radikale Lösung wären nämlich gegeben, erklärt Andreas Mayer von der Ingenieurfirma TTM. "Effiziente Partikelfilter eliminieren 99,9 Prozent aller erzeugten Teilchen." Dass sich solche Filter im Alltag bewähren, demonstriert Peugeot sei mehreren Jahren. Der französische Automobilhersteller hat inzwischen mehr als 700'000 Personenwagen mit serienmässig eingebautem Partikelfilter verkauft.

Die deutschen Automobilhersteller haben, nachdem sie sich lange dagegen sträubten, vor kurzem der Einführung von Filtern bei Neuwagen ab dem Jahr 2008 zugestimmt. Hingegen konnte sich bis jetzt noch kein Hersteller von Lastwagen oder Baumaschinen durchringen, seine Maschinen routinemässig mit Filtern auszurüsten. "Die Branche reagiert nicht", fasst Mayer die Situation zusammen.


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Dieser alte Bus aus dem Jahr 1947 emittiert ungefähr gleich viele Nanopartikel wie ein modernern Reisecar. Mit dem Einbau eines entsprechenden Filters konnten die Partikelemissionen praktisch vollständig eliminiert werden. gross

Filter kritisch prüfen

Nicht jeder Filter, so präzisiert Mayer, hält allerdings auch, was er verspricht. So bauen einige Systeme zwar die Kohlenstoffpartikel ab, lassen aber Metallteilchen passieren. Andere Modelle wiederum erzeugen bei der Umwandlung krebserregende Substanzen. "Man muss gut aufpassen, dass man den Teufel nicht mit dem Beelzebub austreibt." Im Rahmen des breit abgestützten Forschungsprojekts VERT (3) wurde deshalb ein Standard erarbeitet, den Partikelfilter einhalten müssen. Nicht zuletzt dank diesem Projekt nimmt die Schweiz heute im Bereich Typenprüfung und Qualitätskontrolle eine führende Stellung ein.

Bei der politischen Umsetzung hingegen ist die Schweiz alles andere als führend. Während verschiede Städte auf der ganzen Welt inzwischen Initiativen zur Verbesserung der Luftqualität ergriffen haben und sich bemühen, schwere Maschinen und Busse mit Filtern auszurüsten, tut sich die Schweiz mit einer griffigen Gesetzgebung nach wie vor sehr schwer. Einzig Baumaschinen müssen heute mit Filtern ausgerüstet werden. Und selbst diese beschiedene Vorschrift wird von der Branche nur sehr zögerlich umgesetzt.

Schärfere Vorschriften in Sicht

Die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrats möchte nun schärfere Vorschriften einführen. Sie hat eine Motion eingereicht, welche ab dem Jahr 2006 die Einführung eines Grenzwerts für neue Diesel-Personenwagen fordert. Angesichts dieser Fortschritte mag Konstantinos Boulouchos von der ETH Zürich (4) nur bedingt in den Chor der Skeptiker einstimmen. Er wehrt sich denn auch gegen eine einseitige Rollenverteilung, welche der Industrie einfach den Schwarzen Peter zuschiebt. "Ohne die Zusammenarbeit mit der Industrie wären viele technische Fortschritte gar nicht denkbar. Wichtig ist, dass wir das gesamte System im Auge behalten. Eine Lösung des Problems kann nur mit einer Kombination von Massnahmen erreicht werden."


Fussnoten:
(1) Homepage des GSF-Instituts: www.gsf.de/epi/
(2) Homepage des anatomischen Instituts der Universität Bern: www.ana.unibe.ch/index.html
(3) Das Projekt "Verminderung der Emissionen von Realmaschinen im Tunnelbau" (VERT) wurde im Zuge der Neat-Planung initiiert. Ziel des Projekts war es, die Partikelemissionen von Dieselmotoren massiv zu reduzieren, damit die Vorschriften zur Arbeitssicherheit auf den Tunnelbaustellen eingehalten werden können.
(4) Homepage des Laboratoriums für Aerothermochemie und Verbrennungssysteme (LAV) der ETH Zürich: www.lav.ethz.ch/



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