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Rubrik: Tagesberichte |
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Nachlese zum ETH-Tag In English, please! |
Spannendes zur Zukunft der ETH, ein historischer Moment - die Grundung der weltumspannenden Organisation ETH-Alumni -, Ehrungen im Dutzend und dazwischen beeindruckende sinfonische Klange, die aus der Haupthalle einen Konzertsaal machten: das war in Stichworten der ETH-Tag 2000. Die ETH mischt mit an der Weltspitze der technischen Hochschulen. Doch die enorme Konkurrenz in diesem "Markt", wo etwa das MIT, Max-Planck-Institute und fuhrende europaische Unis agieren, bekommt die ETH zu spuren. ETH-Prasident Olaf Kubler skizzierte in seiner Rede vor mehren hundert illustren Gasten aus Bildung, Politik und Wirtschaft, was die ETH in die Waagschale zu werfen hat, um in der dunnen Luft globaler Konkurrenz zu bestehen. Imagefragen und das Prestige, welches man auf dem globalen Bildungsmarkt geniesst, sind wichtige Faktoren. Beispiel Berufungsprozesse: Fur auslandische Spitzenkrafte seien neben wissenschaftlicher Reputation und Ressourcen auch private Faktoren dafur ausschlaggebend, an die ETH zu kommen. Dazu gehoren auch kulturelle Werte und der Lebensstil, und damit konne der Standort Zurich auftrumpfen, sagte Kubler. Demgegenuber vermittelten Neugrundungen auf der grunen Wiese ein Lebensgefuhl wie in einem "UFO, das auf einem fremden Planeten gelandet ist." Um vermehrt junge Talente zu gewinnen, fuhrt die ETH jetzt definitiv ein Assistenzprofessuren-System nach US-Muster ein. Bemerkenswert hierbei: in der dreijahrigen Ubergangsphase waren ein Funftel der Berufenen Frauen. Ob sich da ein Paradigmenwechsel abzeichnet? Hohepunkte und Knacknusse Ein Paradigmenwechsel jedenfalls in der Studienstruktur: ab 2001/2002 bietet die ETH einen Bachelor/Master-Studiengang an, im Einklang mit europaweitem Willen, die Studienarchitekturen zu harmonisieren. Er konne sich vorstellen, so Olaf Kubler, in Zukunft ab Masterstufe Englisch zur Unterrichtssprache zu erklaren. Die Attraktivitat der ETH fur auslandische Talente konnte dadurch bedeutend gesteigert werden. Dieses Kublersche Gedankenspiel birgt einigen politischen Sprengstoff: Einer, der Kublers Votum mit unverhohlenem Vergnugen registrierte, war der Zurcher Bildungsdirekor Ernst Buschor.
Kurzvideo uber den ETH-Tag im Real-Format Kurzvideo im Quick-Time-Format
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Rektor Konrad Osterwalder berichete uber Hohepunkte des vergangenen ETH-Jahres - und uber die Knacknusse, mit denen die Schulleitung konfrontiert war. Ein Meilenstein war die Neuorientierung der Sozial- und Geisteswissenschaften im Departement GESS. Der dazugehorige Doktortitel harrt allerdings noch seiner endgultigen Ausgestaltung. Erleichterung war bei Osterwalder herauszuhoren, als er auf die Neuorganisation des Rechenzentrums in Manno zu sprechen kam. Mit der Wahl von Michele Parrinello zum neuen CSCS-Direktor konnte die leidvolle Geschichte von Manno zu einem vorlaufig guten Ende gebracht werden. Sorgenkind Chemie Widerspruchliches von der Front der Studierendenzahlen: immer mehr Maturandinnen und Maturanden interessieren sich fur ein ETH-Studium, aber die Abschlusszahlen bleiben seit funfzehn Jahren praktisch gleich. Die Wirtschaft ruft verzweifelt nach Fachkraften, doch die Studierenden kummert das wenig. In der Chemie ist diese Entwicklung besonders dramatisch. Die Studierendenzahl verharre dort "auf einem unerklarbar tiefen Stand", sagte Osterwalder. Aber im selben Fach gibt es mehr Doktorierende als Studierende: die Attraktivitat der ETH-Chemie fur auslandische Post-Graduates ist ungebrochen. Widerspruche auch bei aktuellen Stellung der Hochschule im politischen Umfeld. Namlich zwischen dem staatlichen Anspruch auf Leistungsuberwachung und der Hochschul-Autonomie. Die Frage sei, "wieviel an zentralem Dirigismus denn uberhaupt wunschbar" sei, sagte Osterwalder und gab zu bedenken: Es bestehe die Versuchung, Erfolgreichen zu schwachen, um den anderen zu helfen. "Dieser Versuchung zu erliegen ware verheerend." Viel Warme in der - diesmal geheizten ! - Haupthalle verspruhte das Akademische Orchester. Unter Johannes Schlaefli interpretierte es Werke von Tschaikowski und Mahler auf bestechend hohem Niveau. Beim fulminanten Finale von Tschaikowskis Funfter wahnte man sich gar in der Tonhalle.
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