ETH Life - wissen was laeuft

Die tägliche Web-Zeitung der ETH Zürich - in English

ETH Life - wissen was laeuft ETH Life - wissen was laeuft
ETH Life - wissen was laeuft
Home

ETH - Eidgenoessische Technische Hochschule Zuerich - Swiss Federal Institute of Technology Zurich
Rubrik: Tagesberichte
Print-Version Drucken
Publiziert: 30.05.2001 06:00

ETH und SBB AG präsentieren Fallstudien "Zukunft Schiene Schweiz"
Lärm spricht für die Bahn

Zwei Fallstudien der ETH-Umweltnaturwissenschaften sollen die Basis für das künftige Umweltmanagement der SBB bilden. Ein Hauptergebnis ist die Erkenntnis, dass der ökologische Vorsprung der Bahn gegenüber den Strassentransportunternehmungen laufend schmilzt aber die Umweltfolgen des Lärms wiederum für die Bahn sprechen. Will die Bahn ihren Vorsprung wahren, muss sie diesen Umweltvorteil nutzen, das heisst, Möglichkeiten des Lärmschutzes intensiver ausschöpfen.

Von Regina Schwendener

Gestern Dienstag präsentierten die SBB und die ETH-Professur für Umweltnatur- und Umweltsozialwissenschaften (UNS) in Bern gemeinsam das Ergebnis zweier Fallstudien, die in Zusammenarbeit mit dem Nationalen Forschungsprogramm "Verkehr und Umwelt" (NFP 41) entstanden sind. Damit endet eine rund drei Jahre dauernde Zusammenarbeit von 23 Wissenschaftlern und insgesamt 117 Studierenden mit SBB-Fachleuten. Ziel dieses Engagements war, die Grundsteine für ein Umweltmanagement bei der SBB zu legen und deren Handlungsoptionen aus Umweltsicht zu bewerten.

"Die beiden Fallstudien der ETH geben uns dabei Hinweise, wie wir unsere Anstrengungen weiter optimieren können", unterstreicht SBB-Generalsekretär Peter Füglistaler in Bern. Und der Delegierte Umwelt der SBB, Peter Hübner, wird konkret: "Die Resultate der ersten Phase der Fallstudie haben in der Lärmsanierung die eingeschlagene Strategie bestätigt, (...) zeigen aber auch auf, dass die Thematik Energie aus der Sicht der nachhaltigen Entwicklung noch weiter sehr sorfältig analysiert werden muss."

Stressfaktor Lärm

Harald Mieg, Professor für Mensch-Umwelt-Beziehungen, erklärt, ein höherer Bahnanteil führe in allen untersuchten Transportketten zu einer besseren Ökobilanz. Der Transportweg mit der Bahn verursache bei den in die Studie einbezogenen drei Unternehmungen - V-Zug, Cham Paper Group und Migros - etwa 50 bis 75 Prozent der Umweltbelastungen, die ein Lastkraftwagentransport verursacht. Ein höherer Bahnanteil führe auch immer zu einer besseren Ökoeffizienz. Der Zuwachs liege zwischen 19 und 89 Prozent.

"Lärm leistet einen bedeutsamen Beitrag an die Gesamt-Umweltbelastung", führt Mieg weiter aus. Lärm verursache Stress und Schlafstörungen. Die Untersuchungen hätten jedoch auch gezeigt, dass hinsichtlich der Lärmbelastung nur geringe Unterschiede zwischen Strasse und Schiene - hier aber ein grosses Reduktionspotenzial - bestünden. Harald Mieg betont: "Wenn die SBB ihre Lärmschutzmassnahmen konsequent weiter umsetzen, wird die Umweltbelastung der Bahn deutlich geringer sein als beim Strassenverkehr." Beziehe man den Lärm nicht mit ein, würde der ökologische Unterschied zwischen Strasse und Schiene in Zukunft sehr wahrscheinlich kleiner werden.

Lehrveranstaltung und Grossprojekt

Neben der thematischen Arbeit konnten sich die Studierenden in diesem Grossprojekt vor allem auch organisatorische Fertigkeiten wie das Moderieren und das Strukturieren von Projektprozessen aneignen. Harald Mieg erläutert: "Die ETH-UNS Fallstudien sind zugleich Lehrveranstaltungen und Grossprojekte mit Forschungs- und Entwicklungsaufgaben." Die Fallstudie 2000 habe die Arbeit der Fallstudie 1999 zur Ökoeffizienz fortgeführt und sich mit dem SBB-Güterverkehr am Beispiel der Region Zugersee befasst. Vier Projektgruppen erarbeiteten die nun vorgestellten Resultate.

Martin Weymann skizzierte als Vertreter der Studierenden in der Arbeitsgruppe Szenarioanalyse die Ausgangslage: Bahnreform und Veränderung des Transportwesens stellen neue Anforderungen an den Schienenverkehr. Gleichzeitig ergibt sich aber die Chance für die SBB-Unternehmung, sich im Transportmarkt zu positionieren. Daraus habe sich die Frage für die Arbeitsgruppe definiert, wie sich die SBB in Zukunft wirtschaftlich erfolgreich entwickeln können, ohne dabei ihren ökologischen Vorsprung zu verlieren. Unternehmensszenarien im Jahr 2015 hätten gezeigt, dass sich der künftige Erfolg der SBB auf drei Komponenten stützen lässt: die Erschliessung neuer Marktsegmente, die verstärkte Kooperation mit anderen Transportunternehmungen und ein starkes ökologisches Image. Dabei würde die Umweltleistung hauptsächlich an drei Komponenten gemessen - den Lärmemissionen, dem Energieverbrauch und der Quellen der Energiegewinnung.


weitermehr

Fallstudie UNS
Die Bahn kann ihren Vorteil gegenüber der Strasse wahren, wenn sie den Lärmschutz weiter ausbaut. gross

Spielräume ausgelotet

Ziel beider Studien war es, Umwelthandeln und Spielräume für Umweltoptimierung und nachhaltiges Handeln der SBB auszuloten. "Aus diesem Grund werden die ETH-UNS-Fallstudien gelegentlich auch als Transdisziplinaritätslaboratorien bezeichnet, in welchem gelernt werden soll, was nachhaltiges Handeln bedeutet", meint Roland W. Scholz. Er ist Professor für Umweltnatur- und Umweltsozialwissenschaften am Departement Umweltnaturwissenschaften der ETH Zürich, Privatdozent für Psychologie an der Universität Zürich und Leiter der Fallstudie 1999. Die Frage, in welchem Bereich pro Franken am meisten Umweltnutzen zu holen sei, stand damals im Mittelpunkt. Scholz verwies in diesem Zusammenhang auf ein auch wissenschaftlich schwieriges Problem, ökologische Rechnungseinheiten zu kreieren, mit denen sich etwa der Nutzen von Lärmschutz und Naturschutzmassnahmen vergleichen lässt. Die Umrechnung in Franken sei denn auch auf sehr verschiedenen Wegen und mit unterschiedlichen Annahmen erfolgt.

"Mit unseren Arbeiten gelang es erstmalig, ein Mass zur integrativen bereichsübergreifenden Bewertung von Umweltinvestitionen bei der Bahn zu entwickln. Wir haben nun eine Antwort darauf, ob zehn Dezibel weniger Lärm mehr Wert sind als eine erhaltene Pflanzenart oder eine eingesparte Kilowattstunde", so Scholz. Er stellte die Ergebnisse des Vergleiches vor: "Die Kosten/Nutzen-Effizienz von Umweltinvestitionen in den verschiedenen Handlungsbereichen ist stark unterschiedlich und unterscheidet sich um den Faktor 100. Am günstigsten erscheinen Lärmschutzmassnahmen." Altlastensanierungen würden an den untersuchten Beispielen nur dann eine hohe Ökoeffizienz zeigen, wenn ein Grundwasserproblem vorliege und im Bereich Natur und Landschaft gebe es grosse Streuungen der Kosten/Nutzen-Effizienz. Im Einzelfall könne hier ein Projekt jedoch viel bringen. Im Bereich Energie seien verschiedene Massnahmen, wie Rollmaterialoptimierung oder der Einkauf von billigem Strom und der Verkauf der Wasserkraftwerke, untersucht worden. Roland Scholz: "Beim Verkauf der Wasserkraftwerke ergaben die Modellrechnungen eine negative Ökoeffizienz, da bei der Alternative ‚Abstossung der Wasserkraftwerke' die neu einzukaufende Elektrizität nicht nur eine schlechtere Umweltbilanz aufweist als die Wasserkraft, sondern die Umstellung auch noch Kosten verursacht."

Die Berichte zu den Fallstudien sind im Buchhandel erhältlich oder können direkt bei der Professur für Umweltnatur- und Umweltsozialwissenschaften bestellt werden (Telefon 01/632 64 46 oder E-Mail: fsbuero@uns.umnw.ethz.ch).




Sie können zu diesem Artikel ein Feedback schreiben oder die bisherigen lesen.




!!! Dieses Dokument stammt aus dem ETH Web-Archiv und wird nicht mehr gepflegt !!!
!!! This document is stored in the ETH Web archive and is no longer maintained !!!