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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 31.08.2001 06:00

Lino Guzzellas Team arbeitet am Serien-Sparmobil
Die Motoren-Optimierer

Ob Benzin -, Diesel- oder Gasmotoren - alle haben eines gemeinsam: Es freut sich der Mensch und es dient der Umwelt, wenn der Verbrauch und der Schadstoffausstoss dieser Motoren gering sind. Lino Guzzella und sein Team arbeiten daran.

Von Marion Morgner

Der PALOS hat Schlagzeilen als "helvetischer Sparmotor" gemacht. Erst wurde er in einem virtuellen Auto getestet und schliesslich hat er sich 1999 - eingebaut in einen Renault Twingo - in der Fahrpraxis bewährt. Die Feuerprobe ist bestanden. Dieser Motor ist wie jeder Motor mehr als die Summe seiner Bauteile. Die Prozesse, die in einem Motor ablaufen, müssen ganz genau geregelt werden. Und dies ist der Beitrag von Lino Guzzella und seinem Team vom Institut für Mess- und Regelungstechnik (IMRT) der ETH zum PALOS. "Elektronische Beherrschung thermischer Prozesse", heisst das in den Worten von Lino Guzzella.

Und jetzt wird es ernst für den Motor. Die Serienanwendung der Erkenntnisse ist ins Auge gefasst. Ein Zulieferer der Automobilindustrie unterstützt die nächsten Schritte. "So gross ist der Sprung vom Prototyp zum Serienmotor nicht", sagt Lino Guzzella. Nachdem die kniffligen technischen Fragen gelöst sind, geht es nun darum, den Motor absolut zuverlässig und bezahlbar zu machen. "Vorher hat man sich nicht darum gekümmert, wieviel die einzelnen Komponenten kosten", erläutert Guzzella. Jetzt sei das Ziel, ein produktionstechnisch machbares, verkaufbares und ansprechendes Produkt herzustellen. Die Aufgabe der Forscher der ETH wird auch hier wieder sein, die Regelungstechnik im Detail auf den Motor zuzuschneiden.

imrt-techniker ulrich honegger
IMRT-Techniker Hans Ulrich Honegger legt letzte Hand an den Nachfolger des "PALOS"-Prototyps, aus dem ein Auto-Serienmotor entwickelt werden soll. gross

Doch nicht nur an dem Motor und dessen Regelungstechnik muss intensiv gearbeitet werden, bevor das erste "Drei-Liter-Auto" vom Band rollen kann. Ein Sparmotor allein macht ein Auto noch nicht sparsam. "Der Benzinverbrauch wird halbiert, das ist richtig", erklärt Guzzella, "aber nicht nur durch den Motor, sondern auch durch das Zusammenspiel von Motor und Fahrzeug." Wichtige Punkte sind hierbei Masse, Bereifung und Aerodynamik des Autos.

Die Stunde des Druckwellenladers

Blickt man in die Entwicklung dieses Motorsystems zurück (siehe Kasten), gibt es vor allem ein Bauteil, das einen entscheidenden Beitrag für die Verbesserung des Motors geleistet hat. Es ist eine alte Erfindung: Der Druckwellenlader, der in der Schweiz unter dem Namen COMPREX von der ehemaligen BBC (heute ABB) zur Serienreife entwickelt wurde. Dieser Lader bezieht seine Energie zum Verdichten der Luft wie der Turbolader aus dem Rauchgas des Motors, ist aber im Vergleich zum Turbolader zudem noch superschnell. Was das bringt? Starke Beschleunigung bei hoher Leistung. Und genau das fehlte dem Motor zuvor. Klingt einfach - doch die Sache hat einen Haken. Der Druckwellenlader ist regelungstechnisch sehr schwer zu beherrschen. Daher ist er lange ein reines Forschungsobjekt geblieben und nicht in die Anwendung gekommen.

Das Team um Guzzella hat diese regelungstechnische Nuss geknackt. "Vorgänger von uns haben die Grundsteine hierfür gelegt, zum Beispiel der ETH-Professor Max Berchtold in den sechziger und siebziger Jahren", unterstreicht Guzzella. An die Erkenntnisse dieser Grundlagenforschung konnte angeknüpft werden. "Heute ist plötzlich etwas machbar, das früher unmöglich war, weil es zu aufwändig und zu kompliziert war", freut sich der 43-Jährige.

Grosse Fortschritte in der Mikroelektronik, Sensorik und Regelungstechnik haben es möglich gemacht, dass der Druckwellenlader "bezwungen" werden konnte."

Diesel - das Sorgenkind

Motorsysteme haben es den Mess- und Regelungstechnikern angetan. Bei den Benzinmotoren konnte seit den 70er Jahren eine Verringerung des Schadstoffausstosses um den Faktor 100 erreicht werden.


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prof lino guzzella
Kabel über Kabel - alle führen zum PALOS, dem Motor, dem Lino Guzzella (Bild) und sein Team zu einer optimierten Mess- und Regelungstechnik verholfen haben. gross

Schlüssel hierzu war der Einsatz des Drei-Wege-Katalysators. Hier haben die Regelungstechnik und auch das IMRT viel dazu beigetragen. "Vor allem mein Kollege Hans Peter Geering und sein Team haben ganz zentrale Beiträge zur Regelung der Kats geleistet", betont Guzzella.

Anders als der Benzinmotor ist der Dieselmotor in Bezug auf die Schadstoffemissionen noch ein Sorgenkind. Auch hier stellt sich eine regeltechnische Herausforderung. Das IMRT hat sich der Steuerung und Regelung der Abgasentstickung des Dieselmotors angenommen. Es ist zu erwarten, dass durch immer strengere Abgasvorschriften Dieselmotoren zukünftig mit einer Art "Diesel-Kat" ausgerüstet werden müssen. Hauptreaktion in diesem Katalysator ist die Reduktion der im Abgas vorhandenen Stickoxide. Als Reduktionsmittel wird Harnstoff im Katalysator eingesetzt. Er trennt aus den Stickoxiden den Sauerstoff heraus; es entsteht letztlich molekularer Stickstoff, Wasser und Kohlendioxid. Doch dass alles so lehrbuchmässig abläuft, dafür bedarf es wieder einer ausgeklügelten Regelung. Der Harnstoff muss zum richtigen Zeitpunkt und in der richtigen Menge in den Katalysator einfliessen. Hier beginnt wiederum die Arbeit der Regelungstechniker.

"Ich bin ein Erdgas-Fan"

Jeder Motor hat einen Haken, wie es scheint, und so ist es auch mit dem Gasmotor, von dem Lino Guzzella regelrecht schwärmt und an dessen Regelung auch in seinem Team gearbeitet wird: "Erdgasmotoren sind eine echte Alternative. Sie erzeugen weniger Schadstoffe als ein Ottomotor und etwa gleich viel Kohlendioxid wie ein Dieselmotor. Erdgas als Treibstoff hat Zukunft. Ich bin ein Fan von Erdgas." Das Problem für PW?s, die mit Erdgas betrieben werden, ist die reduzierte Reichweite. In den Niederlanden und Italien ist das Tankstellennetz schon sehr dicht, aber in der Schweiz sind die wenigen Tankstellen noch weit verstreut.

Sparmotoren in der Formel 1?

Die Regelungstechniker vom IMRT streben bei allen Motorsystemen danach, den Verbrauch und den Schadstoffausstoss durch eine perfekte Regelung zu verringern. Wie steht Lino Guzzella zur Formel 1, wo High-Tech-Motoren gefahren werden, aber sich niemand um Emissionen und Verbrauch kümmert? "Es ist schon faszinierend, was dort in punkto Motorenleistung abläuft. Ich würde mir jedoch wünschen, dass die Verbräuche und Emissionen auch gewichtet werden. Man könnte zum Beispiel sagen, dass jeder für das Rennen nur 50 Liter Benzin pro 100 Kilometer zur Verfügung hat. Dann müsste nicht nur an der Leistung, sondern noch mehr auch an der Effizienz der Motoren gearbeitet werden." Wer wohl dann gewinnt?


PALOS - Part Load Optimized Propulsion System

PALOS - Part Load Optimized Propulsion System> Das PALOS-Projekt startete 1996 und wurde vom Bundesamt für Energie unterstützt. Entwickelt wurde ein Motor, dessen Wirkungsgrad im Alltagseinsatz gegenüber dem heutigen Durchschnitt um 60 Prozenthöher ist. Die wichtigsten Änderungen zum herkömmlichen Benzinmotor sind ein um die Hälfte verringerter Hubraum und der Einsatz eines Druckwellenladers, der mess- und regeltechnisch von Guzzella und seinem Team optimiert wurde. Die Forschungsarbeiten werden in Kooperation mit der Firma Swissauto - WENKO AG durchgeführt, die den Motor entwickelt hat. Vier Doktorarbeiten sind bereits über die Forschung am PALOS in den vergangenen fünf Jahren abgeschlossen worden. Nachdem die erste Phase mit dem Prototyp des Motors abgeschlossen ist, wird nun die Regelungstechnik für das seriennahe Modell optimiert.




Literaturhinweise:
Website des Institutes für Mess- und Regelungstechnik: www.imrt.ethz.ch
Technische Erläuterungen zum Sparmotor (deutsch): www.ch-forschung.ch
Das PALOS-Projekt (englisch): www.lms.ethz.ch/Res/PALOS
Informationen zu Lino Guzzella: www.verw.ethz.ch



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