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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 08.12.2005 06:00

Wissenschaftliche Messkampagne in Australien
Auf den Spuren Hectors

Ein internationales Forscherteam untersucht zur Zeit in Australien, wie tropische Luftmassen in grosse Höhen verfrachtet werden. Mit von der Partie sind auch fünf Forscher der ETH Zürich.

Uwe Weers

In einer spektakulären Umweltmesskampagne im Rahmen des europäischen Grossprojekts "SCOUT-O3" (1) beobachten derzeit rund 120 Wissenschaftler und Ingenieure aus 19 Nationen in Darwin im Norden Australiens Spurengase und Wolken in unserer Atmosphäre. An den Messungen sind auch fünf Wissenschaftler des Instituts für Atmosphäre und Klima der ETH Zürich (IACETH) beteiligt. Unter der Leitung von Thomas Peter, Professor für Atmosphärenchemie, begleiten sie zwei Forschungsflugzeuge durch den Gewittersturm "Hector".

Transport in die Stratosphäre

Der Gewittersturm verdankt seinen Namen der Tatsache, dass er im australischen Vormonsun (November/Dezember) mit grosser Regelmässigkeit an fast jedem Nachmittag entsteht und dabei in Höhen von bis zu 20 Kilometern emporschiessen kann. Hector stellt somit ein Tor für den Transport von Luftmassen aus der tropischen Troposphäre (0-17 km Höhe) in die Stratosphäre (über 17 km) dar.

Hector kann enorme Luftmengen an den oberen Rand der Troposphäre transportieren. Die Wissenschaftler erhoffen sich nun von der gross angelegten Feldmesskampagne im tropischen Klima, diesen vertikalen Lufttransport quantifizieren zu können. Gleichzeitig untersuchen sie auch, welche Spurengase von hier aus direkt in die untere Stratosphäre und damit in die für uns lebenswichtige Ozonschicht gepumpt werden.

Minuziöse Planung

Während der Messkampagnen durchfliegen das russische Höhenforschungs-Flugzeug "Geophysica" und die "Falcon" des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt die Gewitterzonen. Die ist ein durchaus riskantes Unternehmen, da in diesen Stürmen Auftriebsgeschwindigkeiten von 40 Meter pro Sekunde auftreten können und die Gefahr eines Blitzschlags für die Flugzeuge hoch ist. Für die Piloten ist es deshalb äusserst wichtig, auf eine solide Flugplanung zurückgreifen zu können.

Diese beruht auf meteorologischen Vorhersagen, für welche Dominik Brunner und Beiping Luo vom IACETH zuständig sind. Die Wissenschaftler wissen um die Bedeutung ihrer Aussagen. Stefan Fueglistaler, ebenfalls vom IACETH, begleitet die Flugzeuge während des Flugs direkt am Radarschirm und gibt Anweisengen an die Piloten. Diese Aufgabe erfordert grosse Konzentration, denn die Geophysica durchstreift Hector in Höhen zwischen 17 und 20 Kilometern. Sicherheit ist dabei das höchste Gebot.

Eisige Kälte, tropische Hitze

Die Arbeitsbedingungen in Darwin sind alles andere als einfach. Die tropische Luft mit einer Temperatur von durchschnittlich 38 Grad und einer relativen Feuchtigkeit um 90 Prozent erschwert jede Tätigkeit und strapaziert die empfindlichen Messinstrumente. Wenn die Flugzeuge aus der -90 Grad kalten hohen Troposphäre eisgekühlt in die schwülheisse Luft zurückkommen, tropft alles und erinnert an Bierflaschen, die soeben dem Kühlschrank entnommen wurden und nun an einem heissen Sommertag auf dem Gartentisch stehen. Die zeitliche Abstimmung der Flugkoordination, das rasche Hochfahren der Instrumente, das Einkleiden des Geophysica-Piloten in den Druckanzug und die tägliche Absprache mit den Flughafenkontrollbehörden sind für das Gelingen der Mission unverzichtbar. Nur ein einziger Fehler, und ein Flug muss abgebrochen werden, egal wie gut die restliche Planung vorher war. Insgesamt bedarf es der Koordination aller 120 Teilnehmer der Kampagne. Diese haben ihre Arbeitsplätze auf den Flughafen, an der Charles Darwin University und im Bureau of Meteorology.

In einem "Core Team" koordiniert und entscheidet Thomas Peter zusammen mit vier Kollegen aus England, Deutschland und Italien über die insgesamt 16 Forschungsflüge der beiden Flugzeuge vor Ort. Der Aufwand für die Vorbereitung jedes Fluges ist hoch. Somit ist es kein Wunder, dass permanent nach dem Optimum Ausschau gehalten werden muss und kurzfristige Änderungen in der Planung möglich sind. Dabei gilt es, im grossen Spektrum der Aktivitäten den Gesamtüberblick zu behalten und in der Hitze einen kühlen Kopf zu bewahren. Die Erfahrung dieser Wissenschaftler, das fast tägliche Entstehen von Hector sowie ein Quäntchen Glück für günstige meteorologische Flugbedingungen geben zur Hoffnung Anlass, dass wissenschaftlich wertvolle Ergebnisse erreicht werden können.


Die Geophysica bei den Startvorbereitungen. Im Hintergrund sind die Wolken des Gewittersturms "Hector" zu sehen. (Foto: Uwe Weers, ETH Zürich). gross

Die oberen Regionen des tropischen Sturms "Hector" in 14 bis 20 km Höhe sind die Zielregion der Geophysica (Foto: Hans Schlager, DLR). gross

Heimkehr der Geophysica nach fünfstündigem Flug (Foto: Hans Schlager, DLR). gross


Literaturhinweise:
Der Autor ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am IACETH; er begleitete die Messkampagne in Australien.

Fussnoten:
(1) Homepage des Grossprojekts SCOUT-03: www.ozone-sec.ch.cam.ac.uk/scout_o3/



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