ETH Life - wissen was laeuft

Die tägliche Web-Zeitung der ETH Zürich - in English

ETH Life - wissen was laeuft ETH Life - wissen was laeuft
ETH Life - wissen was laeuft
Home

ETH - Eidgenoessische Technische Hochschule Zuerich - Swiss Federal Institute of Technology Zurich
Rubrik: Tagesberichte
Print-Version Drucken
Publiziert: 08.05.2002 06:00

Karriere für beide
Mit Kompromissen zum Erfolg

Gestern Dienstag diskutierten Paare und Einzelpersonen an der Uni Zürich über Wege im Spannungsfeld zwischen Beruf, Karriere und Familie. Familie und Karriere für beide unter einen Hut zu bringen, ist ein Anliegen, das jedes Jahr auf grösseres Interesse stösst. Fazit der Podiumsdiskussion: die Karriere für beide erfordert Verzicht, birgt aber auch Gewinn für die Partner.

Von Regina Schwendener

Karriere für beide - und dann noch Kinder. Was vor nicht allzu langer Zeit vielfach als Anmassung empfunden wurde, ist heute selbstverständliches Anliegen. Nur: um es durchzusetzen, fehlen in der Schweiz immer noch die Strukturen, wie auch der gestrige Anlass im bis auf die letzte Treppenstufe besetzten Hörsaal im Deutschen Seminar der Universität zum Thema zeigte.

Interesse wächst

„Von Seiten der ETH sind es die Stelle für Chancengleichheit, Dozentendienst und Dual Career Advice, von der Uni die Uni-Frauenstelle, die diese Podiumsveranstaltung seit Jahren zusammen mit dem Business and Professional Women Club Zürich (BPW) organisieren", sagt Carla Zingg, zusammen mit Brigitte Manz Gleichstellungsbeauftragte an der ETH. „Familie und Karriere“ sei ein Thema, das immer wieder auf Interesse stosse. "Wir füllen damit das Audimax zunehmend auch mit Männern“, freut sich die Gleichstellungsbeauftragte , und Brigitte Manz ergänzt: „Wir stellen fest, dass junge Männer vermehrt für das Thema Karriere und Familie sensibilisiert werden und - so hoffen wir - ihre zukünftigen Partnerinnen bei der Karriereplanung und Familienarbeit im Sinne von fair play aktiv unterstützen.“

Karriere
Sogar auf den Stufen des Hörsaals mussten sich die grosse Zuhörerschaft ihren Platz suchen. gross

Plus und Minus an Infrastruktur

Welche Infrastruktur müsste denn an der ETH zur Verfügung gestellt werden, um sowohl Frauen wie Männern eine optimale Karriereplanung zu ermöglichen ? „Mehr Krippenplätze, Betreuuungsangebote für Kinder während der Schulferien“, kommt die Antwort wie aus der Pistole geschossen von Carla Zingg. Die ETH Lausanne und die Uni Zürich planen solche Aktivitäten, bemerkt Brigitte Manz. Die übrigen Forderungen bezeichnen beide als 'alte Leier', zählen aber auf, was für eine gute Infrastruktur rund um Karriere- und Familienplanung nötig wäre: mehr Tagesschulen, oder mindestens Mittagstische, Dual Career Advice auch für Mittelbauleute (Berufsberatung, Hilfe bei der Stellensuche und anderes), eine Laufbahnberatungsstelle für ETH-Angehörige oder Kurse zum Thema Laufbahn und Karriere.

Die ETH bietet inzwischen 76 Krippenplätze an, und eine neue Krippe mit etwa 30 Plätzen ist in Planung. „Im Mentoringprojekt ‚Promoting Future’ haben wir Laufbahnberatung für Frauen und Männer (Docs) angeboten, was offenbar einem grossen Bedürfnis entspricht“, so Brigitte Manz. Die Evaluation erfolge im Herbst. Der Erfolg werde sich jedoch erst nach ein paar Jahren zeigen. Zudem werde sich die Gleichstellungskommission dem Thema "Familienpolitik an der ETH" widmen!


weitermehr

Karriere fŸr beide
Barbara Schmid-Federer (links) ist seit 1998 Leiterin der Dual-Career-Advice-Stelle der ETH Zürich. Anita Klöti arbeitet seit Herbst 2000 mit.

DCA – ein Pionierprojekt

Was an einigen Universitäten in den USA bereits etabliert ist, wird - zum ersten Mal in Europa überhaupt - an der ETH Zürich als Dienstleistung angeboten: Dual Career Advice (DCA/ www.dca.ethz.ch) für Professorinnen und Professoren. Die Stelle wird von Barbara Schmid-Federer und Anita Klöti betreut. Anita Klöti sieht die Aufgabe der Stelle darin, auf der Ebene Professorenschaft mitzuhelfen, exzellente Persönlichkeiten an die ETH zu holen: „Vor allem Familien aus dem englischen Sprachraum erleben ihren Umzug in die Schweiz als kulturellen Schock. Für diese und andere ausländische Familien bieten wir Hilfe an, wenn es um Problemlösungen wie Sprache, Aus- und Weiterbildung, Kinderbetreuung und vieles andere geht.“ Die DCA sei seit ihrem Bestehen (Dezember 1998) stark in die Berufungsverfahren von ausländischen Professorinnen und Professoren eingebunden und damit Teil der Stabseinheit Professuren, welcher dem Präsidialstab der ETH angehört. Bis Dezember 2001 wurden insgesamt 68 Fälle betreut. 33 Aufträge betrafen die Stellensuche.

Also keine offenen Wünsche? – „Nicht ganz“, meint Barbara Schmid und schliesst sich den Äusserungen von Brigitte Manz und Carla Zingg an: "Aufgrund der ausserordentlich positiven Reaktionen und Rückmeldungen der von uns betreuten Personen und aufgrund regelmässiger Nachfragen seitens des Mittelbaus wäre es bestimmt sinnvoll, ähnliche Dienstleistungen auch auf diesen Kreis auszuweiten. Wir denken, dass eine Hochschule mit weltweitem Ruf künftig nicht ohne eine DCA-Stelle überleben wird. Gerade dann, wenn die Globalisierung den akademischen Markt geographisch erweitert.“

Typisches Rollenverhalten hat ausgedient

Die Podiumsdiskussion "Karriere für beide" interessierte Frauen wie Männer, und nicht nur Dozierende, sondern auch Studierende und Doktorierende gleichermassen. Klar wurde, dass das Bedürfnis nach einer Karriere - zumal wenn beide Partner dieses haben - nicht ohne Kompromisse, nicht ohne Hilfe von aussen, nicht ohne persönlichen Verzicht möglich ist.

Die Krankenschwester und der Soziologiestudent, die Professorin und der Betriebswirt, die Geschäftsführende Direktorin und der Unternehmer, die Assistenzprofessorin - alle mit Kind - und die Personalleiterin sammelten ähnliche Erfahrungen und stellten fest, dass es keine typische Rollenverteilung mehr gebe, dass das Leben individueller geworden sei, was wiederum Vor-, aber auch Nachteile mit sich brächte: Der Partner lernt kochen, betreut die Kinder und der Tagesablauf wird koodiniert. Man nimmt Rücksicht. Aber auch mit den Nachteilen wurde nicht gegeizt: Es wurde von starken Belastungen, von Schuldgefühlen gegenüber den Kindern gesprochen, von enormer Flexibilität, die man entwickeln müsse, von nicht geführten Gesprächen und Missverständnissen durch Kommunikationsmangel.

Kreativer Prozess

Die Karriere für beide also: eine übermenschliche Anstrengung, die den Aufwand kaum lohnt? - Nein, heisst es unter dem Strich. Die Paare sprechen von viel Lebensfreude. Sie würden ein bewussteres, ausgefülltes und vielseitiges Leben führen und hätten gelernt, spontan zu reagieren. Sie haben sich engagiert, organisiert, stehen zusammen, bleiben sich selbst treu und leben das "Anderssein" als kreativen Prozess, den sie gern auch ihren Kindern vermitteln würden. Dafür müssten sich allerdings die Rahmenbedingungen verbessern: allem voran die Unterstützung durch die Firmen mit flexibleren Arbeitszeiten und die ausserfamiliäre Kinderbetreuung.




Sie können zu diesem Artikel ein Feedback schreiben oder die bisherigen lesen.




!!! Dieses Dokument stammt aus dem ETH Web-Archiv und wird nicht mehr gepflegt !!!
!!! This document is stored in the ETH Web archive and is no longer maintained !!!