ETH Life - wissen was laeuft

Die tägliche Web-Zeitung der ETH Zürich - in English

ETH Life - wissen was laeuft ETH Life - wissen was laeuft
ETH Life - wissen was laeuft
Home

ETH - Eidgenoessische Technische Hochschule Zuerich - Swiss Federal Institute of Technology Zurich
Rubrik: Tagesberichte
Print-Version Drucken
Publiziert: 01.07.2002 06:00

Stabübergabe beim Paul Scherrer Institut in Villigen
"Was zählt, ist einzig die Qualität"

Der ETH Professor Ralph Eichler übernimmt am 1. Juli 2002 die Leitung des Paul Scherrer Instituts von Meinrad Eberle. Das bekannte Institut hat sich in den letzten Jahren neu ausgerichtet. Als wichtigste Aufgabe sieht der neue Direktor den Betrieb des Benutzerlabors.

Von Lukas Denzler

Das Paul Scherrer Institut (PSI)(1) in Villigen hat unter Meinrad Eberle ein neues Gesicht erhalten. "Das Institut wurde in den letzten zehn Jahren komplett umgebaut", sagt Ralph Eichler, der am 1. Juli 2002 die Nachfolge Eberles antritt. Das PSI ist 1988 aus dem Schweizerischen Institut für Nuklearforschung und dem Eidgenössischen Institut für Reaktorforschung hervorgegangen. Diese beiden Bereiche beanspruchen heute nur noch etwa ein Viertel der Ressourcen. Man möchte vom Image der einseitigen Nuklearforschung wegkommen. Und tatsächlich: Materialforschung, Strukturbiologie und medizinische Anwendungen sind auf dem Vormarsch. Ein Beispiel dafür ist die Behandlung von Augenmelanomen und tiefliegenden Tumoren. "Bei der Krebsbehandlung mit Protonenbestrahlung sind wir sehr erfolgreich", erläutert Eichler. Die Protonenbestrahlung sei sanfter und zielgerichteter als die Röntgenstrahlung, die heute am häufigsten zum Einsatz komme. Nun werde sogar eine zweite Anlage gebaut, die ausschliesslich der Behandlung von Patienten diene.

Begehrtes Synchrotonlicht

Ralph Eichler bezeichnet den erfolgreichen Betrieb des Benutzerlabors als seine wichtigste Aufgabe. Das PSI hat sich als Betreiberin von grossen Forschungsanlagen international einen Namen gemacht. Mit der Synchroton Lichtquelle Schweiz (SLS) (2) steht den Forschenden seit knapp einem Jahr eine neue Anlage der Spitzenklasse zur Verfügung. "Wir haben über 1000 Benutzer, und die Zahl wird noch steigen", sagt Eichler. Die Anlage sei massiv überbucht. "Wir wählen die besten Projekte aus - was zählt, ist einzig und allein die Qualität." Die Hälfte der Benutzer stamme aus der Schweiz. Universitäten und Hochschulen können die Anlage kostenlos benützen, während die Industrie Gebühren bezahlt.

Die SLS ist im Prinzip ein riesiges Mikroskop, das unter anderem auch der Erforschung der Nanowelt dient. Das winzig Kleine fasziniert - ein Nanometer ist gerade mal ein Millionstel Millimeter. "Wir wollen Strukturen im Nanobereich nicht nur statisch, sondern im Verlauf der Zeit erforschen", erklärt Eichler. Als Beispiel nennt er die Abläufe in einem Verbrennungsmotor, wo man untersuchen könnte, wie sich das Gasgemisch bei der Zündkerze entzündet. 70 Prozent der Mittel gibt das PSI für den Betrieb des Benutzerlabors aus. Mit dem Rest wird selber geforscht. Die eigene Forschung sei sehr wichtig, betont Eichler. "Der Betrieb der komplexen Anlagen erfordert kompetente Leute. Diese bleiben jedoch nur bei uns, wenn sie selber auch auf hohem Niveau forschen können."


Zur Person

Ralph Eichler, geb. 1947, studierte an der ETH Zürich Physik. Er war der zweite Doktorand am Schweizerischen Institut für Nuklearforschung. Nach Forschungsaufenthalten in den USA und Deutschland wurde er 1989 als Professor für Physik an die ETH Zürich gewählt. Von 1995 bis 1997 leitete er eine Kollaboration von rund 400 Forschenden am Grossforschungszentrum DESY bei Hamburg. 1998 wurde Eichler Stellvertretender Direktor des Paul Scherrer Insitutes. Der Vater von drei Kindern hält nicht nur Physikvorlesungen für Studierende, sondern bisweilen auch anschauliche Vorträge für Ärzte und 11-jährige Kinder.




weitermehr

Eberle, Eichler
Der ETH Professor Ralph Eichler (rechts) übernimmt am 1. Juli 2002 die Leitung des Paul Scherrer Instituts von Meinrad Eberle. (Bild: PSI) gross

Gesamtschau dank vielfältiger Energieforschung

Ein sparsamer und umweltgerechter Umgang mit Energie erfordert neue Konzepte. Für Eichler ist es wichtig, dass am PSI sowohl nukleare als auch nicht nukleare Energieforschung betrieben wird. Dies ermögliche eine Gesamtschau aus technologischer Sicht. "Weil wir beide Forschungen betreiben, können wir ehrlich informieren und die Zusammenhänge aufzeigen." Bei der nicht nuklearen Forschung stehen Brennstoffzellen, Biomassenverwertung und das Speichern von Energie im Vordergrund. Die Nuklear- und Reaktorforschung wird auf jeden Fall beibehalten. "Ob man nun dagegen oder dafür ist, wir haben in der Schweiz Kernkraftwerke, die wir sicher betreiben müssen", gibt Eichler zu bedenken. "Und wenn wir sie abstellen, dann müssen wir sie entsorgen." Es sei deshalb wichtig, das Wissen über die Nuklearenergietechnik zu erhalten. Mit Sorge betrachtet Eichler denn auch den Abbau dieses Lehrgebietes in der Physikausbildung.

Wie stellt sich der neue Direktor den Dialog mit der Öffentlichkeit vor? "Wir haben seit gut zwei Jahren ein Forum, wo den Besuchern erklärt wird, über was wir forschen", antwortet Eichler. Über 15'000 Menschen besuchten die Ausstellungen letztes Jahr. Schwierig zu kommunizieren sei vor allem die Unsicherheit von wissenschaftlichen Aussagen. Eine ehrliche Analyse müsse die Messungenauigkeiten und deren Korrelationen berücksichtigen. Das führe aber zu Aussagen, die manchmal nicht so klar und eindeutig seien, erklärt Eichler.

Mit dem neuen Forum hat sich das PSI geöffnet. Ob damit aber ein echter Dialog mit der Bevölkerung in Gang kommt, bleibt offen. Auch wird sich zeigen müssen, ob das PSI von der Öffentlichkeit als neutraler Ort für die Erörterung von Energiefragen wahrgenommen wird.

Komplementäre Forschung

Die Forschungen am PSI sind komplementär zu denjenigen der Universitäten und Hochschulen. Dies bestätigt auf Anfrage auch Hans-Rudolf Ott, Vorsteher des Departements für Physik der ETH Zürich. Wichtig sei der permanente Austausch mit den Hochschulen. Ein Institut auf der grünen Matte gehe ohne Kontakte zu den Hochschulen ein, ist Ott überzeugt. Um den Austausch sicher zu stellen, gibt es ein einfaches Mittel. Zahlreiche leitende Personen am PSI engagieren sich in der Lehre oder stehen sogar einer Professur vor. Für Ralph Eichler ist das eine gute Lösung, denn um den besten wissenschaftlichen Nachwuchs müsse man aktiv werben. Bisher ist diese Strategie aufgegangen. Über 110 Doktorierende sind am PSI angestellt. Und noch einmal so viele benützen die Anlagen, werden aber von einer Universität oder Hochschule bezahlt.


Fussnoten:
(1) Paul Scherrer Institut: www.psi.ch/
(2) ETH-Life-Bericht zur Synchroton Lichtquelle Schweiz (SLS): www.ethlife.ethz.ch/news/show/SLSEinweihungamPSI.html



Sie können zu diesem Artikel ein Feedback schreiben oder die bisherigen lesen.




!!! Dieses Dokument stammt aus dem ETH Web-Archiv und wird nicht mehr gepflegt !!!
!!! This document is stored in the ETH Web archive and is no longer maintained !!!