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ETH - Eidgenoessische Technische Hochschule Zuerich - Swiss Federal Institute of Technology Zurich
Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 07.03.2007 06:00

Swiss Technology Award 2007
Am Puls des Marktes

Zum 20jährigen Jubiläum des Swiss Technology Award wurden 17 Forschungsprojekte auf dem Sprung in den Markt mit einem Technologiepreis ausgezeichnet. Darunter auch der Mikrosensor zur mobilen Blutdruckmessung von Andreas Hierlemann vom Labor für Physikalische Elektronik der ETH Zürich.

Samuel Schlaefli

Eine geballte Ladung an Innovationen erwartete die Besucher des Swiss Technology Award (1) im Kursaal Bern am vergangenen Donnerstag. Forscher aus allen Landesteilen waren hierhin gepilgert, um einen Preis für ihre neusten technologischen Entwicklungen entgegenzunehmen. Die Bandbreite an prämierten Projekten reichte vom biometrischen Internetpassport über die automatische Tourenoptimierung für logistische Anwendungen nach dem Vorbild von Ameisen, bis hin zu magischen Kameras, welche Fussballfans vor dem Fernseher einst eine beliebige Perspektive aufs Spiel gewährleisten sollen.

Fabrik auf dem Schreibtisch

Aus 50 eingesandten Projekten wählten 23 Jurymitglieder aus Industrie, Verwaltung und Forschung die besten 17 aus, wobei vor allem die technische Raffinesse, der konkrete Nutzen und die Marktfähigkeit der Innovationen beurteilt wurden. Auf die Gewinner der Awards wartete neben einer Urkunde ein Auftritt auf einer der führenden deutschen Branchenmessen. Die ETH Zürich war mit Andreas Hierlemann vom Labor für Physikalische Elektronik (2) und seinem Mikrosensor zur Blutdruckmessung (siehe Kasten) vertreten. Die Jury sah in seinem Projekt einen weiteren Beweis für die führende Rolle der Schweiz in der Mikrosystem- und Medizintechnik. Hierlemanns Labor wurde bereits zum dritten Mal mit dem Swiss Technology Award ausgezeichnet, zuletzt im Jahr 2004 für das Projekt "McGas, Microchemical Gas Analysis System".

Gesamtsieger des Jahres 2007 war das Projekt „MicroFactory“ des Centre Suisse d'Electronique et de Microtechnique (CSEM) aus Alpnach. Die Mikrofabrik fasst Produktions- und Montageanlagen für den Mikrobereich auf der Fläche eines Bürotischs zusammen. Mit mehreren Robotermodulen, die mit einer Geschwindigkeit von drei Zyklen pro Sekunde arbeiten, kann eine vollständige Produktionslinie – zum Beispiel für Feinarbeit in der Uhrenindustrie - aufgebaut werden.

Schutzbehauptung Geldmangel

Der frühere ETH-Lehrbeauftragte und Mitbegründer des Swiss Technology Award, Branco Weiss, nutzte sein Gastreferat, um die Forscher mit witzigen Worten für den Weg zum Jungunternehmer zu ermutigen. Die verliehenen Preise würden nicht in erster Linie für die geleistete Forschungsarbeit verliehen, sondern für den nächsten Schritt in den Markt. Damit machte Weiss den Anwesenden klar, dass eine gute Idee alleine noch lange keinen Erfolg im Markt garantiert. Durchsetzungsvermögen, Sachverstand, Energie und eine gesunde Portion Zuversicht seien für eine erfolgreiche Lancierung des Produkts unbedingt nötig. Die oft von angehenden Jungunternehmern postulierte Behauptung, es mangle an risikofreudigen Investoren, entlarvte Weiss als Schutzbehauptung. Er frage sich, wie ein Unternehmer seine Produkte verkaufen will, wenn er nicht einmal seine Ideen an den Mann bringen könne.

Eine gute Portion Zuversicht brachte Urs Stuber, Geschäftsführer des Swiss Technology Award, mit an die Preisverleihung. Er lobte die Qualität der eingereichten Projekte und war überzeugt, dass die entsprechenden Produkte ihren festen Platz im Markt finden werden. Die Zahlen geben ihm recht: Laut Statistik des Swiss Technology Award konnten sich bislang 70 Prozent der prämierten Projekte auf dem Markt etablieren.


Mikrosensor zur kontinuierlichen, nicht invasiven Blutdruckmessung

Die mobile Überwachung von Risikopatienten mit Hilfe eines portablen Elektrokardiogramm-Rekorders (EKG) findet immer weitere Verbreitung, da eine frühe Erkennung von Unregelmässigkeiten des Kreislaufsystems die Heilungschancen massiv erhöhen kann. Neben dem EKG-Signal ist auch der Verlauf des Blutdrucks ein wichtiges Indiz für den Zustand des Patienten. Mit der Aufzeichnung eines exakten Verlaufs des Blutdruckwertes können mögliche Verstopfungen in den Blutgefässen erkannt werden. Bisherige Sensortechnologien erlauben jedoch aufgrund ihrer Grösse und der Anwendung innerhalb der Gefässe keinen mobilen Einsatz. Der am Labor für Physikalische Elektronik entwickelte Sensorchip kann dagegen auf der Hautoberfläche angewandt werden und ist aufgrund seiner Grösse und seines Stromverbrauchs für einen mobilen Einsatz geeignet. Die Messung erfolgt über einen miniaturisierten, kraftempfindlichen Berührungssensor, der auf einem Chip mit der dazugehörigen Elektronik integriert ist (Chipgrösse ca. 2mm x 3mm). Das Sensorsystem zeichnet sich durch eine hohe Kraftsensitivität sowie eine hohe Abtastrate aus und kann dadurch für die arterielle Tonometrie genutzt werden, ein Verfahren zur externen Messung des Blutdrucks, beispielsweise an der Hautoberfläche.




Jan Sedivy (l), wissenschaftlicher Mitarbeiter am Labor für Physikalische Elektronik, und Professor Andreas Hierlemann bei der Preisverleihung im Kursaal Bern. gross


„Es braucht einen langen Atem“

(sch) Fünf Fragen an Andreas Hierlemann vom Labor für Physikalische Elektronik.

Laut Branco Weiss sind Zuversicht und Durchsetzungsvermögen ausschlaggebende Grössen für die erfolgreiche Markteinführung einer neuen Technologie. Bringen Sie diese Voraussetzungen mit?

Ich bin davon überzeugt, dass unser Produkt technisch weit genug ausgereift ist, um sich am Markt behaupten zu können. Nun dreht sich alles um die Frage, ob wir einen passenden Investor finden, der ebenfalls an das Potenzial unserer Technologie glaubt. Zur Realisierung braucht es dann eventuell einen langen Atem.

Gibt es bereits Investoren, die sich für ihren Mikrosensor zur Blutdruckmessung interessieren?

Branco Weiss hat es gesagt: Es gibt genügend Investoren, die bereit sind, für erfolgversprechende Ideen hunderttausende von Franken in die Hand zu nehmen. Wir sind momentan mit verschiedenen Interessenten im Gespräch. Die Wahl des richtigen Geschäftpartners ist für eine erfolgreiche Markteinführung unserer Technologie jedoch mitentscheidend. Wir wollen deshalb nichts überstürzen und werden erstmal die Messe in Hannover abwarten, auf welcher wir im April mitmachen. Ich kann mir gut vorstellen, dass sich dort noch weitere Möglichkeiten für Kooperationen ergeben könnten.

Wer wird schliesslich von Ihrer Innovation profitieren?

In erster Linie Risikopatienten von Herz-Kreislaufkrankheiten. Zur Prognose dieser Krankheiten muss der Blutdruck laufend beobachtet werden. Dies war bislang mit einer herkömmlichen Blutdruckmanschette nicht möglich. Unser System erlaubt es dem Patienten seinen Blutdruck z.B. auf dem Unterarm kontinuierlich mittels eines Mikrosensors unter einem Druckpflaster zu messen. Die dabei gemessenen Daten könnten per Radiosignal an einen kleinen Computer in der Hosentasche gesendet und dort ausgewertet werden. Der grosse Vorteil ist die Benutzerfreundlichkeit und der Tragekomfort für den Patienten. Deshalb sind wir auch davon überzeugt, dass sich das System am Markt durchsetzen kann.

Wie lange wird es dauern, bis ein solches Gerät den Herz-Kreislaufpatienten zur Verfügung stehen wird?

Wir haben uns nun vier Jahre mit der Forschung und Entwicklung des Mikrosensors beschäftigt. Bis die Geräte schliesslich auf den Markt kommen, dürfte es weitere sechs Jahre dauern. Dabei beziehe ich mich auf Erfahrungswerte aus der ETH-spin-off-Firma „Sensirion“, welche vor neun Jahren aus unserem Labor hervorgegangen ist.

Die Forschung ist soweit abgeschlossen, die Technologie funktioniert. Ist Ihre Arbeit damit beendet oder werden Sie bis zur Markteinführung weiter dabei sein?

Das Produkt muss nun optimiert und an die Ansprüche des Marktes angepasst werden. Dies kann nur durch das Zusammenwirken von Forschung, Entwicklung und Marketing geschehen. Deshalb werden wir weiter am Projekt mitarbeiten. In welcher organisatorischen Form dies geschehen wird, ist momentan noch nicht klar. Möglich wäre wiederum die Gründung eines ETH-Spin-offs, mit der Möglichkeit Räume und Infrastruktur an der Hochschule zu guten Konditionen zu nutzen. Meine Professur an der ETH läuft jedoch Ende dieses Jahres aus. Wir wissen deshalb zurzeit noch nicht, was mit der Gruppe und dem Know-how danach geschieht, und wie und wo das Projekt dann schliesslich weitergeführt wird.




Literaturhinweise:
(1) Informationen zum Swiss Technology Award: www.swisstechnology-award.ch/german/pages/index.html
(2) Labor für Physikalische Elektronik: www.pel.ethz.ch/



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