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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 14.07.2003 06:01

Restaurierungs- und Entwicklungsprojekt in Südwestchina
Ein wieder entdecktes Bijou

Das kleine Städtchen Shaxi in der Provinz Yünnan im Südwesten Chinas war früher eine rege besuchte Karawanenstation auf einem Ast der südlichen Seidenstrasse, die nach Tibet führt. Seit diese Karawanenstrasse aufgegeben wurde, ist es ruhig geworden im abgelegenen Tal. Ein internationales Entwicklungsprojekt, an dem sich auch Wissenschaftler der ETH Zürich beteiligen, soll dem Tal nun neue Impulse verleihen.

Von Felix Würsten

Die Reise ist umständlich. Mindestens zweieinhalb Tage brauchen die Mitarbeiter vom Institut für Raum- und Landschaftsentwicklung (IRL) der ETH Zürich unter der Leitung von Professor Willy Schmid (1) jeweils, bis sie den abgelegenen Marktflecken Shaxi in Südwestchina erreicht haben. Dass sie trotzdem immer wieder an diesen unbekannten Ort zurückkehren, hat gute Gründe. Sie sind massgeblich an einem internationalen Restaurations- und Entwicklungsprojekt beteiligt, mit dem die wertvollen alten Gebäude und der hübsche Marktplatz von Shaxi vor dem Zerfall bewahrt werden sollen.

Station auf dem Karawanenweg

Shaxi liegt in einem weiten, offenen Tal in der Provinz Yünnan im Südwesten Chinas. Rund 50 Kilometer sind es von dort bis zur Grenze zu Burma, etwa gleichweit entfernt ist das tibetische Hochplateau im Norden. Shaxi war früher ein rege besuchter Ort. Es war eine Karawanenstation auf einem Saumweg zwischen Yünnan und Tibet. Salz, Tee und Pferde wurden auf dieser Route ausgetauscht, und der Handel brachte der Region Wohlstand. Doch als in den fünfziger Jahren in China die politischen Verhältnisse änderten, ging diese Ära zu Ende. Der Handel auf der historischen Route kam zum Erliegen, der Ort geriet in Vergessenheit.

Das Tal von Shaxi. (Bilder J. Feiner) gross

Erst vor wenigen Jahren wurde das Juwel nun wieder entdeckt. Shaxi gilt heute als weltweit bedeutendes historisches Monument und wurde vor kurzem vom World Monuments Fund (WMF) (2) in die Liste der "World’s 100 Most Endangered Heritage Sites" aufgenommen. Die Auszeichnung sorgte auch in China für Schlagzeilen, insbesondere weil Shaxi auf die gleiche Schutzliste wie ein Teilstück der Grossen Mauer gesetzt wurde, wie Jacques Feiner, Projektleiter vom IRL-Institut, erzählt. Zahlreiche Medien berichteten über das Ereignis und die Provinzregierung in Kunming möchte nun die gesamte Region, die sogenannte "Bai Cultural Sphere" zum Unesco-Welterbe (3) erklären lassen.

Vielfältiges kulturelles Angebot

Im Rahmen des Restaurierungsprojekts soll nun der Marktplatz mit dem Theater und dem gleich gegenüberliegenden Tempelbezirk erneuert werden. Renovationsarbeiten sind auch bei verschiedenen Wohnhäusern in der Altstadt vorgesehen. "Diese Arbeiten sind wichtig, damit die wertvollen Bauten nicht ganz zerfallen", meint Feiner. "Doch die Erhaltung macht nur Sinn, wenn sie in ein grösseres Entwicklungsprojekt eingegliedert ist, und die historischen Bauten einen, den veränderten Gegebenheiten entsprechende Funktion bekommen."


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Der historische Marktplatz von Shaxi. Auf der linken Seite ist das Theater zu sehen, rechts befindet sich der historische Tempelbezirk. gross

Die Region um Shaxi gehört zu den ärmsten in China. Das durchschnittliche Jahreseinkommen der Agrarbevölkerung beträgt hier gerade mal 120 US-Dollar - das ist auch für chinesische Verhältnisse sehr wenig. Die Idee ist nun, ausgehend vom alten Markt in Shaxi das gesamte Tal nachhaltig zu entwickeln. Feiner denkt dabei in erster Linie an eine sanfte touristische Erschliessung. Neben der Altstadt von Shaxi bietet das Tal zahlreiche andere, kleinere Sehenswürdigkeiten, etwa den alten Karawanenweg, eine Vielzahl von Buddha-Statuen in Felshöhlen und verschiedene Tempel. Zudem ist Shaxi durch eine spezielle Kultur geprägt. Der grösste Teil der Einwohner sind Bai, eine lokale ethnische Minderheit, die ihre eigenen Bräuche und Riten hat.

Schutz vor ungebremster Entwicklung

Für die touristische Entwicklung ist die WMF-Liste natürlich ein wichtiger Antrieb. Seit der Aufnahme besuchen nun mehrere Tausend Touristen pro Jahr das früher gänzlich unbekannte Tal. Die Erschliessung ist allerdings nicht ganz unproblematisch, wie Feiner anmerkt. "Wenn in China eine Entwicklung in Gang gesetzt wird, kann sich plötzlich in sehr kurzer Zeit sehr viel ändern." Er warnt daher davor, dass durch einen raschen Aufschwung kulturelle und landschaftliche Schäden entstehen könnten. Neben dem Entwicklungsplan umfasst das Projekt daher auch einen Schutzplan, um das Tal vor Zerstörung zu bewahren. "Man kann durch flankierende Massnahmen wie Bauvorschriften und Zonenpläne versuchen, eine überbordende Entwicklung zu verhindern", meint Feiner. "Am wichtigsten ist jedoch, die zukünftige Erschliessung des Tals ganz sorgfältig zu planen."

Die Zusammenarbeit mit den lokalen Behörden und der Bevölkerung läuft im Grossen und Ganzen sehr gut. "Auf beiden Seiten ist viel Goodwill vorhanden", erzählt Feiner. Dies braucht es bei einem solchen Projekt auch. "Arbeitsstile und Vorstellungen waren zu Beginn sehr unterschiedlich. Unter anderem stiess unser Perfektionismus in der Projektausarbeitung anfänglich auf Unverständnis." Doch gerade dies braucht es, wenn man im internationalen Wettbewerb Gelder erhalten will, ist Feiner überzeugt. Der Erfolg gibt ihm Recht: Neben der Zusage von Unterstützung durch die DEZA und eine Schweizer Stiftung wurde dieses Jahr das Shaxi Projekt gleich mit zwei Preisen ausgezeichnet. "Es gelang uns, in einem offenen Konkurrenzverfahren vom Robert Wilson Challenge Fund und von American Express, als eines von zehn Projekten weltweit, namhafte Beiträge für die Restauration der Gebäude zu erhalten."

Eine Gruppe von Buddha-Statuen in einer Felsnische ausserhalb von Shaxi. Die Skulpturen stammen aus dem 8. Jh. n. Chr. gross


Fussnoten:
(1) Homepage des Instituts: www.irl.ethz.ch/
(2) Homepage des World Monuments Fund: http://wmf.org/
(3) Homepage Unesco World Heritage: http://whc.unesco.org/nwhc/pages/home/pages/homepage.htm



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