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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 09.07.2004 06:00

ZIPBau-Workshop zum Thema "Public-Private-Partnership"
Spannungsvolle Partnerschaften

Viele Bauvorhaben werden heute von der öffentlichen Hand und privaten Investoren gemeinsam realisiert. An einem Workshop wurde am Beispiel von verschiedenen Grossprojekten in der Stadt Zürich aufgezeigt, wie solche Vorhaben realisiert werden. Dabei zeigte sich, dass die Beteiligten jeweils ganz unterschiedliche Ansätze verfolgen.

Von Felix Würsten

Die öffentliche Hand und private Investoren gehen bei Bauprojekten immer häufiger Partnerschaften ein. Nicht immer verläuft die Zusammenarbeit unproblematisch. Gerade bei prestigeträchtigen Bauten sind die gegenseitigen Erwartungen hoch gesteckt; gleichzeitig begegnen sich die Partner auch mit einem gewissen Misstrauen oder werden von Dritten argwöhnisch beobachtet. Das Zentrum für integrierte Planung im Bauwesen (ZIPBau) (1) an der ETH Zürich hat nun am letzten Mittwoch einen Workshop zum kontroversen Thema "Public Private Partnership" (PPP) organisiert und prominente Redner eingeladen, über ihre Erfahrungen zu berichten.

Pragmatisches Vorgehen beim Kongresshaus

Zürich braucht dringend ein neues Kongresshaus, ist Thomas Wagner, ehemaliger Stadtpräsident von Zürich, überzeugt. Das bestehende Kongresshaus genügt den heutigen Anforderungen nicht mehr, und es gelingt deshalb kaum noch, grosse internationale Kongresse nach Zürich zu holen. Wagner hat deshalb mit Wirtschaftsvertretern eine Initiative für den Bau eines privat finanzierten, neuen Kongresshauses lanciert. Inzwischen wurde zusammen mit der Stadt und dem Kanton eine Projektorganisation aufgebaut, die das Vorhaben zu einem glücklichen Ende führen soll.

Das Unterfangen ist nicht ganz ohne Tücken. Der Standort am See ist zwar eindeutig der beste. Doch der bestehende Bau aus den dreissiger Jahren ist denkmalgeschützt. Es ist deshalb fraglich, ob sich ein kompletter Neubau realisieren lässt. Wagner ist überzeugt, dass das Kongresshaus über ein angeschlossenes Hotel verfügen muss – dies, obwohl es in Zürich zur Zeit eine Überkapazität an Hotelbetten gibt. Es sei, so versicherte Wagner, überhaupt noch nicht entschieden, in welche Richtung sich das Projekt entwickeln werde. Dementsprechend legte er auch keine konkreten Entwürfe vor, sondern präsentierte einzig Studien, wie der Platzbedarf – allenfalls unter Einbezug von benachbartem Gelände – gedeckt werden könnte.

Visionen beim Globus-Provisorium

Einen ganz anderen Ansatz verfolgt hingegen eine Projektgruppe um den Architekten Felix Knobel. Zürich brauche eine Ikone, ein Bauwerk mit einer hohen Ausstrahlungskraft. Als möglichen Standort sieht Knobel die Parzelle des Globus-Provisoriums nahe beim Hauptbahnhof. Die Gruppe hat, privat finanziert, aber mit fachlicher Unterstützung der Stadt, renommierte Architekturbüros aus dem In- und Ausland eingeladen, sich völlig frei Gedanken über diesen Ort zu machen. Wie erhofft haben die Eingeladenen nun teilweise spektakuläre Entwürfe abgeliefert. (2)

Der Ansatz, mit Visionen eine Architekturdiskussion in Zürich zu lancieren, war am Workshop nicht unumstritten. So wurde etwa moniert, es sei nicht sinnvoll, Architektur als l'art pour l'art zu betreiben. Vielmehr müssten die Bewohner der Stadt zuerst die Inhalte definieren; erst dann könne man über Architektur nachdenken.

Stadtentwicklung auf dem Hönggerberg

Die Inhalte stehen beim dritten Projekt, der Science City der ETH Zürich, hingegen bereits fest. Andrea Deplazes, Architekturprofessor an der ETH Zürich, zeichnete die mehr als vierzigjährige Geschichte des Hönggerbergs nach. Der Standort – ursprünglich als "Aussenstation" gedacht – soll in den nächsten Jahren mit privaten Spenden zu einem Stadtquartier ausgebaut werden. Der zentrale Punkt, das Wohnen auf dem Campus, ist dabei keine neue Idee, sondern wurde schon vor mehr als dreissig Jahren diskutiert. Ob es nun gelingt, von Privaten die Mittel für Wohnungen zu beschaffen, muss sich erst noch weisen.


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Modell zur Entwicklungsstudie "Science City" von Andrea Deplazes. Der Ausbau des Hönggerbergs zum Campus und Stadtquartier für Denkkultur soll mit privaten Mitteln finanziert werden. gross

Aus städtebaulicher Sicht interessiert vor allem die Anbindung an die benachbarten Quartiere Höngg und Affoltern. Deplazes zeigte auf, dass die Abgrenzung des Hochschulgeländes bei den verschiedenen Ausbau-Etappen immer wieder ein wichtiges Thema war. Zentral ist auch die verkehrsmässige Erschliessung. In den sechziger Jahren galt der Bau einer Autobahn quer über den Hönggerberg als visionär – die weitläufigen Zufahrtsschleifen sind ein Relikt dieser Pläne. Heute debattiert man über eine "Science tube", eine U-Bahn, die den Hauptbahnhof mit den drei Hochschulstandorten Zentrum, Irchel und Hönggerberg verbindet.

Jede Seite hat ihre Interessen

Peter Ess, Direktor des Amtes für Hochbauten der Stadt Zürich, zeigte schliesslich auf, wie sich PPP aus Sicht der Behörden darstellt. Bei solchen Partnerschaften gehe es längst nicht nur um finanzielle Fragen, auch wenn dieser Aspekt für die Investoren naturgemäss eine zentrale Stellung einnehme. Beide Seiten hätten ihre Interessen, die sie offen auf den Tisch legen müssten. Nur so könnten die teilweise divergierenden Ansprüche immer wieder neu austariert werden.

Was das konkret bedeutet, machte Ess am Beispiel der neuen Stadionbauten klar. Für die Stadt steht fest, dass sie auf ein Leichtathletik-Stadion nicht verzichten kann. Die privaten Investoren hingegen sind nur an einem reinen Fussballstadion interessiert. Ein kombiniertes Stadion, wie es ursprünglich diskutiert wurde, kommt für sie aus Renditeüberlegungen nicht in Frage. Deshalb wollen nun privaten Investoren unter der Leitung der Credit Suisse ein neues Hardturm-Stadium bauen, während die Stadt den Letzigrund erneuert.

Dass nun der VCS und die Anwohnerschaft mit Rekursen das Projekt verzögert haben, gehört nach Ansicht von Ess zum Risiko. Man könne bei der Planung nicht von Anfang an jede Rekursmöglichkeit berücksichtigen, da die Fristen sonst viel zu lang würden. Dass die Spiele der Euro 08 nun gefährdet sind, findet Ess bedauerlich. Man müsse aber sehen, dass gerade durch die Euro das Projekt und das Rekursverfahren unglaublich beschleunigt wurde.


Fussnoten:
(1) Homepage des ZIPBau: www.zipbau.ch/
(2) Die Tagung "Studien zu 2 Architekturbrennpunkten in Zürich" findet am 22. und 23. Oktober an der ETH Zürich statt. Vorgestellt werden Vorschläge zur Neugestaltung des Globus-Provisoriums (Freitag) und des Bürkliplatzes (Samstag).



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