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Rubrik: Tagesberichte |
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Bund will ETH-Studiengebühren verdoppeln Studis sollen blechen |
Finanzminister Villiger will den ETH-Studierenden mehr als doppelt so hohe Studiengebühren zumuten. Kommt es nach dem letztwöchigen Uni-Streik demnächst zu ähnlichen Aktionen an der ETH? „ETH Life“ diskutierte mit Szenekennern. Von Jakob Lindenmeyer und Christoph Meier Die neusten Sparmassnahmen des Schweizer Finanzdepartements enthalten eine teure Überraschung für die ETH-Studierenden. Das neuste 2-Milliarden-Sparpaket von Bundesrat Kaspar Villiger soll unter anderem auch durch eine Gebührenerhöhung von 40 Millionen geschnürt werden; Darin enthalten: Eine Erhöhung der ETH-Studiengebühren von heute 550 Franken auf mehr als das Doppelte. „Der Bund will dem ETH-Rat beantragen, die Semestergebühren schrittweise auf 1200 Franken pro Semester anzuheben“, erklärte Peter Siegenthaler, Direktor der Eidgenössischen Finanzverwaltung gegenüber der „NZZ am Sonntag“ und eröffnete damit die Diskussion um die Studiengebührenerhöhung auch an der ETH. Auf dem Rücken der Studierenden "Die Ankündigung des Bundes, die Gebühren zu erhöhen, hat uns überrascht. Die ETH wurde nicht informiert und kennt auch die Pläne des Bundes nicht“, so die erste Reaktion von ETH-Kommunikationschef Rolf Probala. Über höhere Gebühren müsse ohnehin der ETH-Rat entscheiden, meint Probala und ergänzt: „Zur Verdopplung der ETH-Studiengebühren braucht es ein klares Konzept, das auch Darlehen und Stipendien für die Studierenden vorsieht.“ Eine Gebührenverdopplung könne ja nicht einfach so auf dem Rücken der Studierenden eingeführt werden. „Wenn überhaupt, dann werden die Studiengebühren nicht vor dem Jahr 2004 erhöht und nur nach sorgfältigen Rückprachen mit den beiden Hochschulen“, erklärte Michel Jaccard, der Pressesprecher des ETH-Rats gegenüber „ETH Life“. Der Vorschlag aus dem Finanzdepartement kam auch für ihn überraschend: „Wir haben von unserer vorgesetzten Stelle EDI bis heute keine offiziellen Informationen zur Studiengebührenerhöhung erhalten“, erklärte Jaccard am Sonntag. Momentan gebe es daher auch noch keinen Entscheid des ETH-Rats zu den zukünftigen ETH-Studiengebühren. Die nächste Sitzung des Rats findet erst am 13. März statt.
Studiengebühren: Streik an der Uni Bereits letzten Mittwoch waren die Studiengebühren ein Medienthema. Aufgrund einer drohenden Gebührenverdopplung wurde für einen Tag die Uni Zürich bestreikt und der Vorlesungsbetrieb im Hauptgebäude weitgehend lahm gelegt. Zudem wurde gestern eine von 6792 Studierenden unterschriebene Petition gegen höhere Studiengebühren dem Zürcher Kantonsrat übergeben. „Ein voller Erfolg“, kommentiert Sarah Schilliger die beiden Aktionen. Schilliger ist Mediensprecherin des Aktionskomitees gegen das neue Universitätsgesetz und gegen die Erhöhung der Studiengebühren (1).
„Am Streiktag wurden die meisten Vorlesungen abgesagt oder hatten nur wenige Leute drin – trotz dem momentanen Prüfungsstress vor Semesterschluss“, freut sich Schilliger. Der Streiktag sei auch weitgehend friedlich verlaufen, trotz der auffälligen Präsenz von Sicherheitspersonal und Polizei. Kein Streik bei Naturwissenschaftlern Doch gestreikt wurde lediglich im Uni-Hauptgebäude. Die auf dem Uni-Campus Irchel angesiedelten ETH-ähnlicheren naturwissenschaftlichen Studiengänge und Institute waren nicht betroffen. „Leider haben wir im Streikkomitee zuwenig Leute, die auf dem Irchel studieren. Darum haben wir es nicht geschafft, den Streik auch dort hinzutragen“, bedauert Schilliger. Hintragen möchte das Komitee den Kampf gegen höhere Studiengebühren auch an die andern Schweizer Hochschulen, beispielsweise an die ETH. Doch gemäss Szenekennern trennen die wenigen Dutzend Meter Realdistanz zwischen Uni und ETH zwei politische Welten.
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Egoistische ETH-Studis „Dieser Uni-Streik ist eine Super-Sache, denn er trägt den Kampf gegen höhere Studiengebühren in die alles entscheidenden Medien“, erklärt eine 23-jährige streikende Uni-Studentin und ETH-Kennerin, momentan im siebten Semester eines Orchideenfachs. Zur Finanzierung ihres Uni-Studiums arbeitet sie als Hilfsassistentin an der ETH. Dies veranlasst sie zu einem Vergleich der Studentenszenen von Uni und ETH: „Ein solcher Streik wäre an der ETH auch bei einer Verdopplung der Studiengebühren nicht möglich, denn die ETH-Studis sind doch alle gleichgeschaltet, wie die Ökonomen und Juristen bei uns an der Uni.“ Ausserdem seien die ETH-Studierenden übermässig verwöhnt, durch Eltern, Wirtschaft und ETH. Das wirke sich auf die mangelnde Solidarität und Mobilisierung aus – beispielsweise bei einem Streik: „Die Studis an der ETH sind viel egoistischer und schauen nur auf die eigene Karriere – da macht sich ein Streik natürlich nicht gut.“ „Ein Streik wäre fehl am Platz“ Trotz der drohenden Gebührenverdopplung an der ETH zeigt sich auch ETH-Physikstudent und VSETH-Vorstand Arnd Bätzner skeptisch bezüglich eines ETH-Streiks – wenn auch aus andern Gründen: „Einen Streik halte ich bei den derzeitigen ETH-Studiengebühren von 550 Franken für völlig fehl am Platz; Auch bei einer massvollen Gebührenerhöhung.“ Wichtig sei primär, dass zusätzliche Gebühren auch tatsächlich zum Wohle der Studierenden eingesetzt würden und nicht in der Verwaltung versickerten. Unflexible Streikende Vom letztwöchigen Warnstreik an der Uni hält VSETH-Vorstand Bätzner hingegen gar nichts: „Nachdem die Kantonsratskommission die Forderung nach Rücknahme der Studiengebührenverdopplung erfüllt hat, verhalten sich die Streikenden an der Uni so unflexibel wie das Oltner Bündnis vor den Gattern bei Fideris.“ Statt utopische Maximalforderungen zu stellen, sollten studentische Vereine das Gespräch mit der Schulleitung suchen, um allfällige Gebührenerhöhungen frühzeitig in die richtigen Bahnen zu lenken und sozial abzufedern.
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