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ETH - Eidgenoessische Technische Hochschule Zuerich - Swiss Federal Institute of Technology Zurich
Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 03.07.2001 02:00

Expedition an den Nordpol
Wasserschöpfende Wissenschaftler

Dem Strömungsmuster der Wassermassen im arktischen Ozean gilt das Interesse zweier ETH-Geochemiker, die diesen Sommer an einer Expedition zum Nordpol teilnehmen. Zusätzlich führen sie Untersuchungen durch, die das Sink- und Recyclingverhalten des organischen Materials in diesem Meer analysieren.

Christoph Meier

Wasserproben-Sammeln in der Arktis klingt nicht gerade spektakulär. Aber dieses Wasser enthält Informationen, die mittels aufwändiger Analysen zum besseren Verständnis des arktischen Ozeans und des globalen Klimas beitragen können. Aus diesem Grund gehen Martin Frank und Don Porcelli vom ETH-Institut für Isotopengeologie und Mineralische Rohstoffe am 14. Juli in Spitzbergen an Bord des schwedischen Forschungseisbrechers Oden. Auf dem Weg nach Norden werden sie einige Tausend Liter Wasser schöpfen, das sie später im Labor an der ETH analysieren werden. Auf dem Schiff befinden sich neben den ETH-Leuten auch noch andere Wissenschaftler, welche die Strahlungsverhältnisse, die marine Fauna oder die Eisbedeckung in dieser Erdregion untersuchen werden. Angekommen am Nordpol werden sich die Forscher vom Eis einschliessen lassen und driften mit diesem nach Süden bis zur Framstrasse zwischen Grönland und Spitzbergen. In diesem Gebiet sind die menschlichen Einflüsse sehr klein, sodass in dieser Phase bei minimiertem Ausstoss vom Schiff selbst verlässliche Aerosol-Daten gesammelt werden können. Organisiert wird die Expedition "SWEDARCTIC 2001" vom schwedischen Polarforschungssekretariat (1).

nordpol exped.
Solche Wetterlagen kommen im arktischen Ozean im Sommer häufig vor. gross

Wässrige Fingerabdrücke

Ausgangspunkt der arktischen ETH-Aktivitäten ist eine Kollaboration mit schwedischen Forschern, welche die messtechnischen Möglichkeiten der Schweizer Hochschule nützen werden. Methodisch gehen die Wissenschaftler folgendermassen vor: Sie entnehmen mit einem Schöpfgerät (siehe Bild) Meereswasser aus bis zu vier Kilometer Tiefe. Das Gerät enthält Sensoren für Leitfähigkeit, Wasserdichte und Temperatur. Somit kann rasch registriert werden, wann das Schöpfgerät in eine neue Wassermasse gerät. Die verschiedenen Proben werden in einer späteren Phase auf sogenannte radiogene (entstanden durch radioaktiven Zerfall) Isotope hin untersucht. Ein solches Isotop ist zum Beispiel Neodym-143, das durch radioaktiven Zerfall in Gesteinen entsteht. Das Verhältnis zu einem nicht radiogenen Neodym-Isotop wie dem Neodym-144 ist charakteristisch für verschiedenen Gesteinstypen. Werden diese nun erodiert gelangen die Isotope in die Meere und können als Herkunftsmarkierung verwendet werden. Verschiedene Wassermassen weisen so entsprechend ihrem Ursprungsort einen Isotopen-"Fingerabdruck" auf. Diese Isotopen-Signatur der Wassermassen ist im Fall von Neodym relativ stabil (Neodym hält sich nach dem Eintrag etwa 1000 Jahre im Wasser auf) und kann daher dazu verwendet werden, um die Wassermassenbewegungen und -mischungen zu studieren.

nordpol exped.
Mit diesem Gerät werden ETH-Forscher Wasserproben im arktischen Ozean bis in eine Tiefe von vier Kilometern entnehmen. gross


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arktis expedition
Forschungseisbrecher Oden: Dieses Schiff bringt verschiedene Wissenschaftler an den Nordpol. gross

Die Arktis - Fiebermesser der Klimaveränderungen

Die Strömungsmuster zu verstehen, ist das Ziel der ETH-Forscher. Dass ihre Untersuchungen mehr sind als geologisches "l'art pour l'art" liegt nicht zuletzt auch an ihrer Forschungsregion. Die Arktis wird als sehr sensitives, aber auch beeinflussendes Gebiet in Bezug auf das globale Klima erachtet. So hat zum Beispiel der Grad der Eisbedeckung wegen der Wärmerückstrahlung einen erheblichen Einfluss auf dasselbe. Dabei ist die Wassermenge, die mit dem Nordatlantik ausgetauscht wird, von grossem Interesse. Denn die Menge des warmen Wassers, das an der Oberfläche mit dem Golfstrom aus dem Nordatlantik in den arktischen Ozean fliesst, beeinflusst die Eisbedeckung. Umgekehrt wird das "globale Wassermassen-Förderband" von der Dichte des Wassers, das aus dem arktischen Ozean in den Nordatlantik fliesst, beeinflusst: Wenn das Förderband sich schnell dreht (wie heute), ist der Golfstrom kräftig und das verhältnismässig milde Klima in Europa bleibt bestehen. Die Stärke des Golfstroms hängt sehr stark von den Absinkbewegungen des dichten, kalten Oberflächenwassers im Nordatlantik ab. Ändern sich die Verhältnisse und das Förderband läuft langsamer, sodass weniger warmes Golfstromwasser an der Oberfläche nach Norden nachfliesst, dann könnten bei uns schon bald nordamerikanische Winterverhältnisse eintreten. Um solche Änderungen aber abschätzen zu können, sind Messungen nötig, die bis jetzt im arktischen Ozean kaum vorgenommen wurden und jetzt von den ETH-Wissenschaftlern angegangen werden. Die Forscher erhoffen sich ausserdem, anhand von Untersuchungen der radiogenen Isotope in den Sedimenten Rückschlüsse auf die Vergangenheit und deren Klima im arktischen Ozean ziehen zu können.

arktis expedition
Einer der ETH-Forscher, die den Sommer für Forschungsarbeiten in der Arktis nützen: Martin Frank.

Neben den Strömungsmuster-Untersuchungen arbeiten die ETH-Forscher auch bei einem Projekt mit, das die Dynamik der organischen Partikel im arktischen Ozean, insbesondere an den hoch produktiven Eisrändern, untersucht. In dieser Meeresregion wird aus unbekannten Gründen weniger organisches Material wiederverwertet als in anderen Ozeangebieten. Hier bieten sich kurzlebige (radioaktive) Isotope an, die sich an organische Partikel binden, um diese Prozesse im arktischen Ozean zu verfolgen.

"Für die Leute, die das Problem der globalen Klimaveränderung bearbeiten, gibt es im arktischen Ozean noch viele Unbekannte. Um deren Modelle zu verfeinern, muss man mehr Daten haben, wie das System dort oben funktioniert", begründet Frank seine Forschungsreise. Vielleicht ist die Expedition in die kalte Region mehr als ein Tropfen auf die anscheinend zunehmend wärmer werdende Erde.


Literaturhinweise:
Projekt mit radiogenen Isotopen am Institut für Isotopengeologie: www.rereth.ethz.ch/erdw/isotopen/halliday/pj.21.html

Fussnoten:
(1) Schwedisches Polar-Forschungs-Sekretariat: www.polar.se/english/index.html



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