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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 21.03.2007 06:00

ETH-Doktorand in OK einer internationalen Studentenkonferenz in Abu Dhabi
Konferenz im Wüstensand

"Education without Borders" heisst eine grosse Studentenkonferenz, die Ende Februar dieses Jahr zum vierten Mal in Abu Dhabi stattgefunden hat. Mitglied des Global Student Organizing Committee war ETH-Doktorand Daniel Rupp, als Gastrednerin trat Michelle Grant vom Center for Sustainability der ETH auf. Beide schildern ihre Eindrücke von der Konferenz, die nicht frei von Widersprüchen war.

Interview:Peter Rüegg und Renata Cosby

Daniel Rupp, wie war die „Education without borders“-Konferenz in Abu Dhabi?

Daniel Rupp: Für mich war es eine grossartige Erfahrung. Wir haben es geschafft, Studenten aus über 100 Ländern in den Vereinigten Arabischen Emiraten zusammenzubringen. Die Studenten diskutierten viel miteinander, sie tauschten Ideen, knüpften neue Freundschaften. Ich bin überzeugt dass viele Leute, die an dieser Konferenz teilgenommen haben, sich wiedersehen und vielleicht auch zusammenarbeiten werden. Die Konferenz hatte aber auch eine andere Seite. Das Thema war eigentlich vor allem Armutsbekämpfung, Bildung, Ökologie und Nachhaltigkeit. Die Konferenz aber fand in einem der teuersten Hotels der Welt statt. Die Gastgeber boten extravagante Abendprogramme- Shows, Feuerwerk und in der Wüste ein Konzert von Placido Domingo. Viele Teilnehmer fragten sich, weshalb man dafür so viel Geld ausgibt, wenn man damit in Afrika eine Schule hätte bauen können.

Michelle Grant, hatten Sie den gleichen Eindruck?

Michelle Grant: Ja, ich hatte denselben Eindruck. Es gab diesen Konflikt zwischen dem, was die Gastgeber als Ziel der Konferenz deklarierten, nämlich Lösungen für die grossen Herausforderungen unserer Zeit zu suchen, und dem Ziel, ihre Diversifikationsstrategie für die Wirtschaft der UAE zu vermarkten. Sie wollen weg vom Öl, hin zu Bildung und Tourismus. Die beiden Ziele waren nicht immer vereinbar. Natürlich war meine Rolle eine andere als die von Daniel. Ich war als Rednerin eingeladen und konnte über das Programm reden, das wir hier im Centre for Sustainability der ETH am Laufen haben. Wie Daniel sagte, wäre es schön, wenn aus der Konferenz Folgeprojekte entstehen würden, die von den Veranstaltern mitfinanziert würden. Projekte mit konkreten Resultaten - das wäre für die Studierenden eine gute Erfahrung gewesen.

Die Teilnehmer mussten eine Zusage machen, sich zu Hause für nachhaltige Entwicklung einzusetzen. Was heisst das konkret?

Rupp: Das war etwas Neues an der diesjährigen Konferenz. Jeder Student wurde dazu aufgerufen, ein commitment form auszufüllen, um eine zukunftsgerichtete Aktion zu starten. Diese Verpflichtungen sind zum Beispiel nur noch Kaffee aus fairem Handel zu trinken oder auch komplexere Projekte anzupacken, wie die Gründung einer Organisation, die sich lokal für den Kampf gegen Armut einsetzt.

Überprüfen Sie, ob die Studenten ihre Versprechen einhalten?

Rupp: Wir werden sicherlich einige der Leute, die ein solches Formular ausgefüllt haben, wieder kontaktieren und uns nach dem Stand der Dinge erkundigen. Das ist etwas, so hoffen wir, was die Leute auch nach der Konferenz zum Handeln motiviert und dass damit die Resultate der Konferenz herausgetragen werden und nicht versanden.

Was ist Ihr Commitment?

Rupp: (lacht) Als Organisator habe ich während der Konferenz viele Studenten daran erinnert, ein solches Bekenntnis zu machen, ich hingegen habe bis jetzt keine solches Formular ausgefüllt. Das werde ich aber noch nachholen, die commitments können auch nachträglich online verfasst werden. Ich fühle mich schon seit langem dazu verpflichtet, meine Fähigkeiten als Ingenieur im Sinne von globaler Nachhaltigkeit einzusetzen. Welches Commitment haben Sie gemacht, Frau Grant?

Grant: Ich persönlich habe keines gemacht, aber ich ging sehr motiviert an die Konferenz. Die ETH hatte eine gute Präsenz durch Daniel als Mitglied des OK, durch ETH-Studierende, die daran teilnahmen und durch mich als Rednerin und Moderatorin. Ich habe viele sehr gute Rückmeldungen zu den ETH-Programmen in Sachen Nachhaltigkeit erhalten. Viele Studierende waren sehr daran interessiert, was wir machen. Das hat mich sehr motiviert, mit unseren Programmen weiterzufahren. Für mich war die Konferenz ein positiver Verstärker.

Wie sind Sie, Daniel Rupp, dazugekommen, im OK mit zu machen?

Rupp: Eine Woche vor der ersten Sitzung des OKs, also etwa vor einem Jahr, habe ich von meinem Glück erfahren. Vorher wusste ich nichts über diese Konferenz. Mein Doktorvater, Professor Lino Guzzella, wurde diesbezüglich von der Schulleitung angefragt. Er fragte mich, ob ich Lust dazu hätte und ich sagte: Klar! Ich arbeite gerne international mit anderen Leuten zusammen und ich reise auch sehr gerne in andere Länder.


EWB: Als E-Learning Plattform gestartet

Die Konferenz „Education without Borders“ findet alle zwei Jahre in den Vereinigten Arabischen Emiraten statt. In Abu Dhabi kommen mehrere hundert Studentinnen und Studenten aus 90 Ländern zusammen, um über die grossen Herausforderungen unserer Zeit zu diskutieren und dafür Lösungen zu finden. Zum ersten Mal wurde die Konferenz im April 2001 ausgetragen. Initiiert wurde sie von einer Gruppe von Studierenden des Higher Colleges of Technology in Abu Dhabi. Die Konferenz war ausgelegt als Anlass von Studenten für Studenten mit einem Fokus auf modernen E-Learning-Techniken. (1)

Daniel Rupp ist Doktorand am Institut für Mess- und Regeltechnik bei Professor Lino Guzella und arbeitet an effizienteren Automotoren. Michelle Grant ist Projektmanagerin im Center for Sustainability der ETH Zürich. (2), (3)




Michelle Grant und Daniel Rupp über ihre Erfahrung an der "Education without borders"-Konferenz, an der sie teilgenommen haben: "Viele Teilnehmer fragten sich, weshalb man fürs Abendprogramm so viel Geld ausgibt, wenn man damit in Afrika eine Schule hätte bauen können." gross

Eine Woche nach dieser Anfrage fand ich mich bereits in Abu Dhabi wieder, zusammen mit 13 weiteren OK-Mitgliedern aus der ganzen Welt, die sich zuvor noch nie gesehen hatten. Unser zweites Zusammentreffen war dann an der Konferenz selbst. Dazwischen hielten wir über E-Mail, Internet und Telefon Kontakt. Vier Tage vor der Konferenz reiste ich erneut nach Abu Dhabi.

Eine Konferenz nur übers Internet und per Telefon zu organisieren – das klingt sehr kompliziert.

Rupp: Die Organisation der Konferenz war sehr kompliziert, wir wurden natürlich zusätzlich von Mitarbeitern und Studenten des Higher Colleges of Technology in Abu Dhabi unterstützt. Eine der Herausforderungen war aber auch, den Anordnungen „von oben“ Folge zu leisten. Oft wurde das Konferenzprogramm sehr kurzfristig über die Köpfe des Studenten-OK hinweg geändert. Das war eine grosse Herausforderung und erforderte von uns viel Flexibilität.

Was mussten Sie als OK-Mitglied alles tun?

Rupp: Meine Hauptaufgabe im Vorfeld der Konferenz war das Marketing. Wir wollten so viele verschiedene Länder wie nur möglich an der Konferenz teilhaben lassen. Der Fokus lag auf den ärmeren Ländern. Also konzentrierten wir uns mit den Werbemassnahmen auf Südamerika, Asien, Afrika oder Osteuropa und Russland, und nicht etwa auf die USA, Kanada oder Westeuropa. Ich war froh, dass uns Michelle mit ihrem Netzwerk unterstützt hat. Ich war ausserdem zuständig für die wissenschaftlichen Publikationen und Präsentationen der Teilnehmer. Ich habe Vorlagen entworfen, ich gab den Studenten Tipps fürs Verfassen einer Publikation und deren Präsentation. An der Konferenz selbst war ich verantwortlich für die Organisation der Vortragssessionen. Und selbstverständlich hatte ich einen Haufen kleinere Aufträge.

Grant: Unser Netzwerk von Studentenkontakten aus unseren Programmen umfasst rund 700 Studierende aus 85 Ländern. Wir haben sie über die Konferenz informiert. Als ich wusste, dass Daniel im OK ist, kontaktierte ich ihn und es war uns möglich, Studenten aus unserem Netzwerk zu aktivieren.

Hatten Sie Zeit, um zum Beispiel die berühmten Palm Islands anzuschauen?

Rupp: Nein, das Programm der Konferenz war zu dicht gepackt. Bei den beiden vorherigen Austragungen hatten die Studierenden tatsächlich die Möglichkeit, die Annehmlichkeiten des Hotels zu geniessen oder an den Strand zu gehen. Doch diesmal reichte die Zeit nicht.

Grant: Die meisten verwendeten ihre Zeit für Diskussionen, Kontaktnahme und -pflege, etwas vom Wertvollsten, das die Konferenz bot. Viele Teilnehmer waren aber etwas frustriert darüber, dass sie nicht mehr Zeit für anderes hatten.

Berühmte Redner, wie Nobelpreisträger Muhammed Yunus, traten an der Konferenz auf. Haben sie sich mit den Studenten abgegeben?

Rupp: Am ersten Abend hatten wir ein Galadiner. Der Plan war, die Studenten mit den Rednern zusammenzubringen. Doch das hat nicht geklappt. Und es war auch ausser Reichweite des Studenten-OKs, hier Gegensteuer zu geben. Mit der Sitzordnung wurden Studenten und VIP-Gäste getrennt. Das war nicht unsere Absicht gewesen.

Grant: Ich sass bei den Rednern und VIP-Gästen. Vor dem Diner hatten wir einen Cocktail und wurden dadurch zusammengebracht. Es war eher einschüchternd, wie das Diner strukturiert war. Hier die wichtigsten Redner, Nobelpreisträger Muhammed Yunus oder Opernstar Placido Domingo. Dort die Studierenden. Das war ein Hindernis für einen Austausch. Einige Studenten oder Fakultäten aber kamen mit viel Selbstvertrauen auf uns zu, so dass eine Interaktion stattfinden konnte. Einige Studenten waren sehr interessiert daran, mit Yunus zu sprechen.

Werden Sie im nächsten OK 2009 wieder dabei sein?

Rupp: Ich denke nicht. Zu dieser Zeit werde ich wohl stark mit dem Abschluss meiner Doktorarbeit beschäftigt sein. Ich denke, dies war eine einzigartige Erfahrung. Das nächste Mal werde ich wohl eher noch eine beratende Position einnehmen. Es gibt Dinge, die ich gerne gemacht hätte, zum Beispiel mehr mit den Leuten sprechen und diskutieren. Ich hätte ebenfalls gerne die Rede von Muhammed Yunus gehört. Aber ich hatte keine Zeit dazu.

Grant: Er war zweifellos einer der Höhepunkte der Konferenz. Er ist ein bescheidener Mensch, er vertritt wirklich das, wofür die Konferenz steht, er weiss worüber er spricht. Für die Studenten war das eine grosse Motivation.


Fussnoten:
(1) Mehr Infos zur EWB: www.ewb2007.com
(2) Institut für Mess- und Regeltechnik: www.imrt.ethz.ch/
(3) Center for Sustainability: www.sustainability.ethz.ch/en/index.cfm



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