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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 18.08.2006 06:00

Monoklonaler Antikörper spürt Biowaffe auf
Ein Zucker verrät Anthrax

Mit einem neu erzeugten Antikörper können ETH-Forscher Anthraxsporen schnell und zweifelsfrei erkennen. Sie entwickelten diesen immunologischen Detektor für einen Zucker auf der Oberfläche des Krankheitserregers. Der neue Antikörper verspricht nicht nur neue diagnostische, sondern auch therapeutische Ansätze.

Christoph Meier

Nach dem 11. September 2001 erschütterte im selben Jahr eine weitere, wenn auch in ihren Ausmassen viel kleinere Terrorattacke die USA: Verschiedene Zeitungen und Privatpersonen erhielten Briefe mit Anthraxsporen, welche die tödliche Krankheit Milzbrand auslösen können. Fünf Personen fielen diesen Anschlägen zum Opfer. Das genügte jedoch, um die Nation zusätzlich zu verunsichern.

Die Verunsicherung griff von den Vereinigten Staaten auch nach Europa über. Allein im Kanton Zürich mussten im Herbst 2001 die Einsatzkräfte 180 Mal wegen Anthrax-Alarm ausrücken. Zum Glück erwiesen sich die verdächtigen Pulver als harmlos. Bis die Harmlosigkeit aber feststand, dauerte es einige Tage. Eine beunruhigende Situation, da 5000 bis 10'000 eingeamtete Milzbrandsporen genügen, um ohne Behandlung innerhalb von 24 bis 48 Stunden tödliche Folgen zu zeitigen.

Anthrose verrät Anthrax

Jetzt ist die Situation diagnostisch bedeutend besser: Das Forschungsteam um Peter Seeberger vom ETH-Laboratorium für Organische Chemie hat zusammen mit dem Schweizer Tropeninstitut und der Universität Bern einen Antikörper entwickelt, der spezifisch Sporen von Bacillus anthracis, dem Milzbranderreger, erkennt (1). Die Arbeit erscheint diesen Donnerstag in der Fachzeitschrift „Angewandte Chemie“ (2).

Erst vor kurzem gelang es den US-Wissenschaftlern, auf der Oberfläche der Anthraxsporen einen Vierfach-Zucker, Anthrose genannt, zu identifizieren. Dieser schien nur auf Milzbranderregern vorhanden zu sein, und nicht auf verwandten Bakterien. Darum versuchte Seebergers Team den Zucker in grösseren Mengen herzustellen, was dank einer in dem Labor etablierten, automatisierten Methode für die Herstellung von Mehrfachzuckern erfolgreich gelang (3).

Test innerhalb von Minuten

In der Folge verbanden die Forscher den Zucker mit einem Trägerprotein. Der Grund dafür war, dass für eine erfolgreiche Immunantwort mit der Produktion von Antikörpern eine genügend grosse Struktur vorhanden sein muss. Diese Verbindung injizierten die Wissenschaftler nun Mäusen.


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Ein süßer Verräter: Der Vierfachzucker Anthrose (Struktur llinks im Bild), der auf der Sporenoberfläche von B. anthracis gefunden wird, wurde dazu benutzt, um die biologische Waffe mit einem monoklonalen Antikörper selektiv zu detektieren. Rechts fluoreszierender Antikörper auf Anthraxsporen. (Bild: Peter Seeberger) gross

Aus den so immunisierten Tieren konnten sie monoklonale Antikörper gewinnen. Das sind Antikörper, die nur mit einer spezifischen Struktur interagieren – im vorliegenden Fall mit der Anthrose. Diese Spezifität zeigten Versuche mit den Antikörpern, bei denen diese nur mit Anthraxsporen reagierten nicht aber mit solchen von den nahe verwandten Bakterien wie Bacillus thurigiensis oder Bacillus cerius.

„Mit dem Testverfahren kann man Anthraxsporen innerhalb von Minuten nachweisen“, erklärt Peter Seeberger. Der Forscher ergänzt, dass sich der neue Antikörpertest, der von der ETH patentiert wurde, leicht in die Nachweiskits, wie ihn die US-Post verwendet, integrieren liesse. „Die Integration in kommerzielle Systeme klären wir momentan ab.“

Impfung für Menschen als nächstes Ziel

Doch der Antikörper ist nicht nur diagnostisch ein Versprechen. Er könnte auch gespritzt werden, um Anthraxbakterien mittels eine sogenannten passiven Immunisierung zu blockieren. „Zuerst wollen wir aber eine aktive Impfung für den Menschen testen“, blickt Seeberger in die nähere Zukunft. Mit seiner synthetisch hergestellten Anthrose, die an das Trägerprotein geknüpft ist, hat er ja bereits die Basis geschaffen für einen Impfstoff.

Ist dieses Unterfangen erfolgreich, dann könnten in Zukunft gegen Anthrax geimpfte Personen Briefe mit Milzbranderregern ohne Gefahr öffnen. Einen Impfschutz gegen die biologische Waffe dürfte sicher auch bei Militärs von Interesse sein.


Fussnoten:
(1) Forschungslabor von Peter Seeberger: www.seeberger.ethz.ch/
(2) M. Tamborrini et al.: „Antikörper gegen ein Kohlenhydrat-Antigen zum Nachweis von Anthrax-Sporen“, Angew. Chem. 2006, 118
(3) Vgl. „ETH Life“-Bericht „Möglicher neuer Impfstoff gegen Anthrax“: www.ethlife.ethz.ch/articles/news/anthraximmunitaet.html



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