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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 21.11.2005 06:00

ETH-Tag 2005: Abschluss des Jubiläums mit Bundesrat Couchepin
Vom Wuchern mit Talenten

Am ETH-Tag vom vergangenen Samstag stand das Jubiläumsmotto "Welcome Tomorrow" im Zentrum. Zahlreiche Gäste und Repräsentanten von politischen und Bildungsinstitutionen aus dem In- und Ausland verfolgten zum Abschluss des ETH-Jubiläums unter anderem die Gratulationsrede von Bundesrat Pascal Couchepin. Der EDI-Chef bezeichnete die ETH als Flaggschiff der Schweizer Hochschulflotte und unterstrich den Willen des Bundes, alles zu tun, damit es seine Position an der Weltspitze halten kann.

Norbert Staub

Der wichtigste Dienst, den die ETH der Schweiz leiste, sei „exzellent zu sein“, sagte Couchepin vor rund 400 Gästen. Die ETH Zürich sei die Hochschule, „welche die Schweiz auf die Landkarte der Länder mit den weltbesten Universitäten setzt“. Dem scheidenden ETH-Präsidenten Olaf Kübler dankte er für sein grosses Engagement, und dem designierten Ernst Hafen wünschte er viel Glück. Couchepin betonte, dass Unternehmen und Staaten, die nicht in Forschung investieren, über kurz oder lang „den Boden unter den Füssen“ verlieren. Die kleine Schweiz müsse unablässig Innovationen generieren, um ihren Wohlstand zu erhalten. Die historische Partnerschaft zwischen ETH und Wirtschaft sei deshalb für das Land „von vitaler Bedeutung“.

Life Sciences und Management ausbauen

Um auf Erfolgskurs zu bleiben, dürfe die ETH keine Abstriche bei ihrem hohen Qualitätsanspruch machen. Couchepin empfahl der ETH zudem, die besonders viel versprechenden Life Sciences und die Management-Wissenschaften auszubauen. Er wisse, dass die ETH vom Bund finanzielle Unterstützung erwarte. „Der Wille dazu ist vorhanden“, meinte er dazu. Das bereits grosse finanzielle Engagement der Schweiz für die ETH sei vor allem durch die wissenschaftlichen Resultate zu rechtfertigen, die diese Hochschule erziele. Mit Blick auf die für 2008 vorgesehene hochschulpolitische Reform Schweiz sagte der EDI-Vorsteher, dass die Autonomie der ETH im Hochschulraum Schweiz gewahrt und ausgebaut werden solle.

Etatismus verhindern

Zu diesem Punkt hatte ETH-Rektor und Gastgeber Konrad Osterwalder in seiner Ansprache hervorgehoben, dass per 2008 keinesfalls ein „etatistisches Lenkungssystem“ entstehen dürfe. Um erfolgreich zu bleiben, müsse den einzelnen Hochschulen die Aufgabe überlassen sein, selber mit den ihnen anvertrauten Talenten zu „wuchern“ und sich zu profilieren. Die ETH verfolge die Förderung von Exzellenz gezielt: etwa mit der Ausbildung der Mittelschullehrer, die ab 2006 verbessert werden soll, mit der bald in zwei Departementen laufenden, gezielten Beratung neu eintretender Studierender (1), mit der Einführung von Graduiertenschulen und mit dem Festhalten an Freiräumen für High-Risk-Forschung.

Grenzen versetzen

ETH-Ratspräsident Alexander Zehnder erinnerte an den visionären Mut der Gründer des Polytechnikums vor 150 Jahren. Die Hochschule habe damals einen zentrale Rolle bei der Lösung akuter Probleme gespielt – beim Bau der Infrastruktur für die Schweiz. Angesichts des rasanten globalen Wandels und der damit verbundenen Unsicherheiten wie Bevölkerungsexplosion, Klimawandel oder Ressourcenknappheit sei eine solche Leaderfunktion gefragter denn je. Die ETH Zürich und mit ihr der ganze ETH-Bereich seien dazu prädestiniert. Der Aus- und Weiterbildung künftiger Generationen – des einzigen wirklich langfristigen Kapitals – müsse Sorge getragen werden, so Zehnder. Bei der Forschung brauche es einen glücklichen Mix zwischen Grundlagen- und Anwendungsorientierung.


Drei Ehrendoktoren

Für grundlegende Arbeiten zur Methodik des Programmierens und der Entwicklung von Programmiersprachen und verteilten Systemen wurde am ETH-Tag Babara Liskov, Ford Professorin of Engineering am Massachusetts Institute of Technology, der Ehrendoktor der ETH Zürich verliehen. Donald E. Knuth, emeritierter Professor für Informatik an der Stanford University, erhielt den Ehrendoktor der ETH in Anerkennung seines Lebenswerks „The Art of Computer Programming“ und seiner fundamentalen Beiträge zur Mathematik und Informatik. August Böck, emeritierter Professor für Mikrobiologie an der Universität München, wurde der Ehrendoktor der ETH verliehen für seine Arbeiten über den Einbau der Elemente Selen, Nickel und Eisen in mikrobielle Proteine. Diese haben im Fall des Selens zu einer Erweiterung des genetischen Codes geführt. Die Industrie- und Stiftungspreise, die Medaillen der ETH Zürich sowie die Willi-Studer-Preise für die besten AbsolventInnen des vergangenen Studienjahres wurden am 16. November im Rahmen des „Tages der Nobelpreisträger“ verliehen.




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Für einmal im Audimax: Rektor Konrad Osterwalder begrüsst die rund 400 Gäste zum ETH-Tag 2005. gross

Angesichts der Komplexität der Probleme der Menschheit sei Interdisziplinarität zwingend. Hier müssten die Hochschulen noch einige Grenzen überwinden; von den Forschungsanstalten könnten sie profitieren und gemeinsam neue Gebiete erschliessen. Schliesslich, so der ETH-Ratspräsident, habe die Bevölkerung der Schweiz Anspruch, von dem Know-how der ETH direkt zu profitieren, beispielsweise beim Schutz vor Naturgefahren wie Lawinen, Überschwemmungen und Stürmen.

Führende und weniger Führende

Für die Konferenz des Lehrkörpers der ETH nahm deren Präsident Gérard Hertig, Professor für Rechtswissenschaft, den Faden Hochschulreform ‘08 noch einmal auf. Hertig warnte eindringlich davor, auf nationaler Ebene „strategisch“ für alle Hochschulen zu entscheiden, „oder, noch schlimmer, bürokratisch institutionelle Kooperationen zu forcieren.“ Wer eine konkurrenzfähige ETH will, müsse konsequenterweise akzeptieren, dass es führende (die ETH) und weniger führende Institutionen geben muss. Entscheide auf dieser Basis seien unpopulär, aber für die Zukunft der ETH notwendig. Die Hochschule selbst müsse in viel versprechende bottom-up-Initiativen und attraktive Lehr- und Forschungskredite investieren, sagte Hertig. Nur so hätten Visionen die Chance, zu Realitäten zu werden.

Nadine Schüssler vom Vorstand der Akademischen Vereinigung des Mittelbaus der ETH machte sich Gedanken über die Entwicklung des Doktorats. Wer auch hier die Angleichung ans angelsächsische Vorbild anpeile, müsse bedenken, dass dieses vielleicht effizienter erscheine, aber ein engeres Aufgabenspektrum umfasse als eine ETH-Doktorandenstelle. An angelsächsischen Universitäten würden Doktoranden als Studierende angesehen, sagte Nadine Schüssler. An der ETH hingegen übernähmen Doktorierende oft Aufgaben für die Infrastruktur, in Lehre, Administration und Studierendenbetreuung sowie Forschungsarbeiten ausserhalb des eigenen Fachgebiets. Deshalb sei eine Verkürzung des Doktorats nur dann denkbar, wenn die Belastung mit anderen Aufgaben gesenkt werde. Und dies bedinge, dass es für den Mittelbau nach dem Doktorat mehr Anstellungsmöglichkeiten gibt als heute.

„Weg mit dem Studium!“

Abschliessend blickte Mauro Pfister, Präsident des Verbands der Studierenden an der ETH, auf die Visionen-Woche zurück und zeigte sich vor allem begeistert über den Tag der Lehre. Sehr offen sei über Probleme und Lösungen in der Lehre gesprochen worden. Dieser Dialog müsse Teil der in der Woche oft beschworenen ETH-Kultur werden.

„Schwer auf dem Herzen“ lägen ihm allerdings die in diesen Tagen erneut vorgebrachten Forderungen nach Zulassungsbeschränkungen, höheren Studiengebühren und leistungsabhängigen Stipendien an der ETH. Solches sei einfach nicht zu Ende gedacht, kritisierte Pfister und tat dies mit einer ironischen Glanzleistung gleich selbst. Die Streuverluste beim ETH-Studium seien einfach zu gross: Da gebe junge Studierende, die gleich wieder das Weite suchten, exorbitante Durchfallquoten und „Physiker, die bei McDonald’s und McKinsey“ arbeiten. Die Konsequenz dieser „Verschwendung“ müsse heissen: „Weg mit den Studierenden, weg mit dem Studium.“ Pfisters doppelbödiges Szenario mündete in die Vision von einem konsequent elitären „Forschungsinstitut ETH“, dessen Ausbildungsauftrag nur noch ein lästiges Detail darstellt.


Geburtstagsgabe des SATW

Ganz zum Schluss des ETH-Tages übergab René Dändliker, Präsident der Akademie der Technischen Wissenschaften SATW, dem ETH-Präsidenten das Jubiläumsgeschenk der Akademie. Es ist eine Festschrift, die auf der Basis der Departementsdarstellungen von ETHistory entstand. (2) Das Buch enthält ausserdem Essays der ETH-Absolventen Edwin Somm (Ex-CEO von ABB), Fulvio Caccia (ehemaliger Nationalrat und Präsident der ComCom, der nationalen Kommunikationskommission), Jean-Claude Badoux (ehemaliger Präsident der EPF Lausanne) sowie von John E. Breen (Professor an der Universität Texas).




Fussnoten:
(1) Siehe dazu dei Website des Academic and Career Advisory Program: www.acap.ethz.ch/
(2) Der Band trägt den Titel „Lehre und Forschung an der ETH Zürich. Eine Festschrift zum 150-Jahr-Jubiläum“. Herausgeberin ist die SATW, erschienen ist er im Birkhäuser Verlag. Siehe: www.birkhauser.ch



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