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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 03.12.2003 06:00

„Metron. Planen und Bauen 1965 – 2003“
"Universität im Kleinen"

Es hat die Schweizer Planungslandschaft in den vergangenen vier Jahrzehnten mitbestimmt: das Planungs- und Architekturunternehmen Metron fiel stets auf durch seinen gesamtheitlichen, im besten Sinne modernen Zugriff, der Bedürfnisse von Mensch, Artefakt und Landschaft gleichermasssen berücksichtigt. Im ETH-Hauptgebäude wird heute eine umfassende Ausstellung zu Metron eröffnet.

Von Norbert Staub

Das griechische Wort Metron bedeutet „Mass“. Das gleichnamige Aargauer Planungsbüro hat sich 1965 diesen Namen mit Bedacht gegeben und, wie sich nach fast vierzig Jahren zeigt, zu Recht: Metron ist Synonym geworden für ein Bauen und ein Planen, das die „Bedürfnisse“ von Landschaft, Raum und Gesellschaft in pragmatischer und dabei durchdacht-massvoller Weise in den Prozess der Gestaltung integriert.

Transdisziplinarität avant la lettre

"Metron steht in der Schweizer Architektur- und Planungslandschaft in mehrfacher Hinsicht einzigartig da“, sagt Bruno Maurer vom gta, dem ETH-Institut für Geschichte und Theorie der Architektur und Co-Projektleiter der Ausstellung. „Fachleute aus unterschiedlichen Disziplinen arbeiten unter einem Dach an fundierten Problemanalysen und entwickeln ganzheitliche, nachhaltige Lösungen" - notabene lange bevor die Begriffe Inter- und Transdisziplinarität zum obligatorischen Diskurs an höheren Bildungsinstitutionen gehörten. Nicht von ungefähr sprechen die Herausgeber des gleichzeitig mit der heute im ETH-Hauptgebäude beginnenden Ausstellung präsentierten Bandes (1) von einer „Art Universität im Kleinen“, die der „Organismus“ Metron repräsentiere.

Vorbereitung der Ausstellungs-"Halfpipe" in der Halle des ETH-Hauptgebäudes (Foto: ETH Life). gross

Agentur für den Fortschritt

Die Firma hat "soziale und ökologische Anliegen vom kritischen Rand der Gesellschaft wie auch aus der Forschung in den Mainstream der Planung eingebracht und so als Agentur für den gesellschaftlichen Fortschritt gewirkt", meint Daniel Kurz im erwähnten Buch. Metron hat in der stürmischen Schweizer Entwicklungsphase der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wichtige Akzente gesetzt. Der Band dokumentiert eine Fülle von verwirklichten Projekten in den Bereichen Regional-, Stadt- und Zentrumsentwicklung, Umweltplanung, Wohnungs- und Spital-, Schul- und Hochschulplanung, Strassenraumgestaltung, öffentlicher Verkehr und Verkehrsberuhigung, Freiraum- sowie Landschaftsplanung (um nur einen Ausschnitt zu nennen).

Reformatoren, keine Utopisten

Als 1955 der ETH-Architekt Max Frisch zusammen mit Lucius Burckhardt und Markus Kutter in der Schrift "achtung: die Schweiz" zum Ausbruch aus kleinräumiger Selbstbeschränkung und zum Bau einer neuen Stadt (anstelle der geplanten Landesausstellung) aufrief, wurde er zwar nicht von politischen Entscheidungsträgern, aber umso mehr von Planern und Architekten der jungen Generation gehört. Für die nachmaligen Metron-Gründer Hans Rusterholz und Alexander Henz (der 1980 als Professor an die ETH berufen wurde), die Mitte der 50-er Jahre ihr ETH-Architekturstudium abschlossen, sei das Büchlein einer der stärksten Impulse der Ausbildungszeit gewesen, heisst es im Band über die Metron.

Soziologie: unverzichtbare Planungshilfe

Für Architektur-Utopien hatten die Metron-Pioniere allerdings wenig übrig. Viel mehr lag ihnen an einer intellektuellen Verankerung und Vernetzung ihrer Aktivitäten, um so zu neuen, tragfähigen Lösungen zu kommen. Zu diesem Zweck gründeten sie 1965 ihr Unternehmen als ein Konglomerat von mehreren fachlichen Einheiten: Architektur, Planung, Planungsgrundlagen und nicht zuletzt: Soziologie.


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Verkehrsberuhigung: Die Strasse als Bewegungsraum für Fussgänger, Autos und Trams: Wabern bei Bern (Foto: Proska Ketterer). gross

Dieser letztere Metron-Zweig konnte mit den damals modernsten Mitteln aufwarten - wissenschaftliche Befragungstechniken, computergestützte Auswertungen, EDV-Datenbanken. Ziel dieses Konzepts war ein ganzheitliches Planen (typischerweise von kleinstädtischen Räumen des Aargaus, in späteren Jahren von Agglomerationen), das nicht bei technischen Lösungen stehen bleibt, sondern den Lebensraum der Menschen als ganzen optimiert, indem persönliche, ja emotionale Faktoren einbezogen werden. Dieser betont ganzheitliche Ansprucht ist bis heute ein Merkmal von Metron geblieben.

Repräsentativer Geschäftsbau: Wohn- und Geschäftshaus Stahlrain - Sitz der Metron, Brugg, 1985-1993. (Foto: Metron, Brugg.) gross

Kein "normales" Unternehmen

Es überrascht nicht, dass diese programmatische Orientierung der eigenen Projekte an den Bedürfnissen von Individuen und Gemeinschaft eine zunehmende Politisierung nach sich zog. Die zur Ausstellung erscheinende Monographie zeichnet auch diesen Aspekt der Firmengeschichte nach. Rechneten sich die Gründer noch den bürgerlichen Parteien zu, so stiessen in den späten sechziger Jahren vermehrt prononcierte Linke zum Unternehmen, wie der deutsche Soziologe Hermann Zinn oder der spätere POCH-Nationalrat Andreas Herczog. In den siebziger und frühen achtziger Jahren zählte man sich bei Metron klar zum links-alternativen Spektrum. "Als Auftragnehmerin hatte Metron zwar stets politische Neutralität zu wahren, in ihrer planerischen Prioritätensetzung war sie jedoch unweigerlich zu politischen Stellungnahmen gezwungen: für den öffentlichen Verkehr, für die Bewegungsfreiheit der zu Fuss Gehenden, für Freiräume der Ökologie, der Nutzer und Bewohner/-innen" schreibt Daniel Kurz dazu.

Mittlerweile sei das explizit Politische bei Metron in den Hintergrund getreten. Gleichwohl ist man laut Daniel Kurz den alten Grundsätzen treu geblieben. Werte wie Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit sind heute zum Konsens geworden und verlangen von ihren Verfechtern nicht mehr, politisch Farbe zu bekennen. Ausdruck der progressiven Denkens, der ausgesprochenen Diskussionskultur und nach wie vor ungewöhnlich ist auch die Tatsache, dass die heute Mitarbeitenden, heute sind es 140, ihre Firma kollektiv verwalten. Zur speziellen Metron-Kultur gehöre überdies die Beförderung der Gleichstellung ebenso wie ein umfassendes Weiterbildungsangebot, hält Bruno Maurer vom gta fest.


Ausstellung und Monographie

(pd/nst) In der Ausstellung in der ETH-Haupthalle, die heute, 3. Dezember, 18.00 Uhr im Audimax der ETH eröffnet wird, werden die wichtigsten Projekt-Realisierungen der Metron anhand von Plänen, Fotografien, Dokumenten und historischen Filmen gezeigt. Die zur Ausstellungseröffnung erscheinende Monografie würdigt die Geschichte der Metron und ihrer Fachbereiche. Stellvertretend werden im Katalogteil Schlüsselprojekte aus allen Fachbereichen bis hin zu den aktuellen Planungen (Bahnhof Baden, Hürlimann-Areal Zürich) vorgestellt und diskutiert. Unter dem Titel "Metron im Dialog" bietet das gta ein Rahmenprogramm mit Führungen und Podiumsveranstaltungen an.




Literaturhinweise:
Weitere Hinweise zur Metron-Ausstellung: www.gta.arch.ethz.ch/d/ausstellungen/ausstellungen.php?id_veranstaltung=54

Fussnoten:
(1) Daniel Kurz, Bruno Maurer, Werner Oechslin, Ruedi Weidmann (Hgg.): Metron. Planen und Bauen 1965 - 2003. gta-Verlag, Zürich 2003.



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