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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 31.10.2003 06:01

Ursprung und Wanderungen des Eismannes
Ötzi war ein Südtiroler

Der steinzeitliche Gletschermann aus den Ötztaler Alpen lebte im Südtirol. Zu diesem Schluss kommt ein Forschungsteam mit ETH-Beteiligung aufgrund einer Analyse der Isotopenzusammensetzung von den Zähnen, Knochen und dem Darminhalt der Mumie.

Von Christoph Meier

Über einen Felsen gebeugt fanden Wanderer 1991den Ötzi auf der italienischen Seite des Hauslabjoch, das das Vintschgau im Süden mit dem österreichischen Ötztal im Norden verbindet. Obwohl die Behörden in dem Toten zuerst einen vermissten Alpinisten vermuteten, stellte sich anhand der ungewöhnlichen Gegenstände und Kleidungsreste schnell heraus, dass hier eine Person aus einer viel früheren Zeit zum Vorschein gekommen war. Es setzte eine rege Forschungstätigkeit ein, die unter anderem zeigte, dass der Eismann vor rund 5000 Jahren lebte, 45 Jahre alt wurde und Hirsch- und Steinbock-Fleisch gegessen hatte.

Eines blieb aber unklar: Woher stammte und wo lebte Ötzi? Obwohl man von Pollen aus seinem Darm und Moosen in seinen Kleidern darauf schliessen konnte, dass er die Zeit vor seinem Tod wahrscheinlich auf der Südtiroler-Seite verbracht haben musste, konnten die weiteren Aufenthaltsorte seines Lebens bis jetzt nicht bestimmt werden. So fehlten zum Beispiel Töpfereigegenstände, anhand derer er einer Kultur hätte zugeordnet werden können. Eine neue Studie mit ETH-Beteiligung, die diese Woche im Wissenschaftsmagazin „Science“ publiziert wird (1), liefert nun Hinweise darauf, dass der Gletschermann sein Leben im Grossen und Ganzen im Südtirol verbrachte.

Zähne, Knochen, Darminhalt

Dafür fühlten die Forscher Ötzi auf den Zahn, analysierten ihn bis auf die Knochen und wühlten erneut in seinen Eingeweiden. Als sie die Isotopenzusammensetzung dieser verschiedenen Quellen analysierten und sie mit Proben aus dem Boden und Gesteinen der Regionen südlich und nördlich des Fundortes verglichen, kamen sie zum Schluss, dass der Gletschermann sein Leben im Südtirol verbracht haben musste. Die Blei- und Strontiumisotope aus dem Zahnschmelz – ein „Archiv der Kindheit“ - zeigten beispielsweise auf, dass Ötzi seine Kindheit nicht in einer Region verbracht haben konnte, die von Kalkstein oder vulkanischen Schichten aus dem Perm dominiert wird, sondern aus einer, in der Gneiss oder Phyllit vorkommen.


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Der Eismann stammt aus dem Südtirol, zeigt eine neue Studie. (Copyright Fotoarchiv des Südtiroler Archäologiemuseums) gross

In der untersuchten Region traf dieses Charakteristikum auf verschiedene Orte zu, die alle auf der südlichen Seite der Wasserscheide zwischen Österreich und Italien liegen. Weitere Analysen der Knochenzusammensetzung, die Aufschluss über das Erwachsenenalter geben, und des Darminhaltes wiesen darauf hin, dass der Eismann während seines Lebens umherzog, doch auch später nie nördlich der Alpen lebte.

Neue Einsicht dank technologischer Entwicklung

„Indem wir die Herkunft des Eismannes festgelegt haben, können wir schlüssig sagen, dass er in seiner Heimat gestorben ist“, fasst Wolfgang Müller, Forscher an der ETH und der australischen Universität in Canberra, seine Studie zusammen. Dieser Umstand lässt auch darauf schliessen, dass die südlichen Alpentäler permanent bewohnt waren und Ötzi nicht ein in den Bergen verirrter Wanderer war. Für ETH-Professor Alex Hallyday, Mitautor und Vorsteher des Zurich Radiogenic Isotope Geochemistry Lab, wo die Isotopenanalysen durchgeführt wurden, zeigt die Arbeit, wie sich mit der technologischen Entwicklung der Isotopenanalyse auch die Anwendungsmöglichkeiten vergrössern.

Die neue Arbeit zur Herkunft des Ötzis wird vielleicht dazu führen, dass die bösen Zungen verstummen, die behaupteten, dass der Eismann ein Bundesangestelter gewesen sei, auch wenn anscheinend nur diese von einem Gletscher überrascht werden können.


Literaturhinweise:
"Neue Befunde: Die Herkunft von Ötzi", Spektrum der Wissenschaft, Juli 2003

Fussnoten:
(1) Wolfgang Müller, Henry Fricke, Alex N. Halliday, Malcolm T. McCulloch, Jo-Anne Wartho: “Origin and Migration of the Alpine Iceman”, Science, 31. Oktober, 2003



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