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ETH - Eidgenoessische Technische Hochschule Zuerich - Swiss Federal Institute of Technology Zurich
Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 07.12.2005 06:00

Virtueller Campus
Neue Strategie löst ETH World ab

ETH World trat vor sechs Jahren mit dem Ziel an, die ETH Zürich um einen virtuellen Campus zu erweitern, in welchem vieles ganz selbstverständlich über moderne Mittel der Informations- und Kommunikationstechnologie (ICT) ablaufen sollte. Ende Dezember dieses Jahres wird ETH World plangemäss abgeschlossen und eine neue Kommission übernimmt die Aufgabe, die Nutzung von modernen ICT-Mitteln weiter zu fördern. Bernhard Plattner, Professor am D-ITET und Programmleiter, zieht vor dem Abschlussfest von Ende Woche Bilanz.

Interview: Peter Rüegg

Das Programm ETH World ist Ende Jahr offiziell abgeschlossen. Haben die vielen Projekte den Härtetest bestanden?

Bernhard Plattner: Diese Frage kann man nicht so generell stellen. Bei ETH World müssen wir zwei Arten von Projekten unterscheiden: Blue-Sky-Projekte, die darauf angelegt sind, neue Technologien zu demonstrieren, zu zeigen, was man damit anfangen kann, und Projekte, die klar darauf ausgelegt sind, dass sie nachhaltig wirken. Deshalb kann ich bei Blue-Sky-Projekten nicht von einem Härtetest reden.

Welche der 40 Einzelprojekte waren denn nun besonders wirkungsvoll?

Sehr positiv verlaufen ist etwa das Projekt "Neptun". Damit werden qualitativ hoch stehende Laptops evaluiert und den ETH-Angehörigen jährlich zweimal zu vergünstigten Preisen angeboten. Damit angefangen haben wir im Jahr 2000 und wurden zu Beginn dafür belächelt. Mittlerweile gehört diese Aktion zum Standard an der ETH. Diesen Sommer ist "Neptun" an die Informatikdienste übertragen und somit in den Alltagsbetrieb der ETH überführt worden. Die aktuellen Verkaufszahlen zeigen, dass die Aktion unter der neuen Schirmherrschaft weiterhin gut läuft. Auch in der soeben abgeschlossenen Herbstaktion wurden die Verkaufszahlen aus dem Vorjahr weit übertroffen.

Was waren weitere Höhepunkte?

Neben "Neptun" würde ich den frühen Aufbau des drahtlosen Netzwerks Wireless LAN als Highlight bezeichnen, das später in der Schweizer Hochschullandschaft als Vorbild gedient hat. Ein weiteres ist die Einführung eines einheitlichen Webauftritts der ETH Zürich und damit verbunden die Einführung eines Web-Content-Management-Systems. Heute sind fast alle der 200 wichtigsten ETH-Websites als Exponate unserer Hochschule zu erkennen. Ebenfalls in diese Klasse stellen würde ich die Projekte der ETH-Bibliothek, E-Pics und E-Collection. Auch myETH bezeichne ich als Erfolg, wobei es da eine bittere Pille zu schlucken gibt.

Und die wäre?

Mit myETH wollten wir personalisierte Dienstleistungen für Mitarbeitende und Studierende anbieten. MyETH ist aus zwei ETH-World-Projekten entstanden, dem Projekt eines ETH-Portals und dem Projekt myLibrary. Die Programmleitung von ETH World hat festgestellt, dass die beiden Projekte ähnliche Ziele verfolgten, und hat beide Projekte vereint. Nachdem nun myETH ein Jahr gelaufen ist, müssen wir aber feststellen, dass das Ziel, einen signifikanten Teil aller ETH-Angehörigen auf diese Plattform zu bringen, nicht erreicht wurde. Das hängt damit zusammen, dass viele Dienste von myETH über andere Kanäle erhältlich sind, obschon myETH durch die Personalisierung einen Mehrwert bieten könnte. In einer Analyse sind wir zum Schluss gekommen, dass dieser offenbar zu wenig gross ist. Das Weiterentwickeln und Weiterbetreiben lohnt sich deshalb wohl längerfristig nicht. Bis Ende 2006 wird myETH weitergeführt. Wie es danach aussieht, wird die Entwicklung des zielgruppenorientierten Webauftritts zeigen, über welche die Schulleitung am 8. November beschlossen hat.

Ist myETH also ein Flop?

Ich würde es nicht als Flop bezeichnen. Immerhin haben sich mehr als 10'000 Benutzerinnen und Benutzer registriert und täglich werden 800 bis 1000 gezählt. Aber unser Anspruch war, dass myETH dauernd von einer wirklich substanziellen Zahl von Leuten gebraucht wird.

Gibt es weitere Dinge von ETH World, die nicht so funktioniert haben, wie man sich das gewünscht hat?

Bevor ich davon spreche, möchte ich weitere wichtige Projekte erwähnen, die nachhaltig weiterlaufen werden. Der Videokonferenz-Dienst zum Beispiel ist technisch auf gutem Weg, auch wenn die Benutzerzahlen noch unter den Erwartungen liegen. Wir haben diesen Dienst früh in den regulären Betrieb der ETH transferiert und auf eine solide Basis gestellt. Auch die E-Collection der Bibliothek ist ein zentrales Projekt von ETH World. All diese Dienste wären ohne ETH World nicht oder viel später eingeführt worden.


Neue Kommission regelt Einsatz der Informationstechnologie

Im Jahr 2000 lancierte die ETH Zürich das sechsjährige Programm ETH World (4). Dieses hatte zum Ziel, den virtuellen Campus an der ETH Zürich vorwärts zu bringen. Dazu sollten Technologien entwickelt und eingeführt werden, welche die Kommunikation und Zusammenarbeit unabhängig von Zeit und Ort fördern. Das Programm ETH World wollte alle ETH-Angehörigen bei ihren Kerngeschäften – Lehre, Lernen, Forschung und Verwaltung – unterstützen. So wurden in den letzten sechs Jahren 40 Projekte durchgeführt,darunter die Verkaufsaktion für Laptops, "Neptun", die E-Collection der Bibliothek, welche es ermöglicht, sogenannte graue Literatur auf dem Internet abzurufen, oder das drahtlose Netzwerk Wireless LAN. Programmleiter war seit 2002 Professor Bernhard Plattner. ETH World endet im Dezember 2005. Gleichzeitig nimmt eine neue ICT-Kommission ihre Arbeit auf, die in der Koordination der Umsetzung der neuen ICT-Strategie besteht. Diese Strategie definiert die Ziele für den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien in Lehre, Forschung und Dienstleistungen an der ETH Zürich.




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Bernhard Plattner leitete ab 2002 das Programm ETH World.

Zu den Flops: Was ist aus dem Internet-Café im Pendelbus ETH Zentrum – ETH Hönggerberg geworden?

Der Pendelbus war ein Kleinprojekt und eigentlich mehr als Spielerei anzusehen. Damit wollten wir die Aufmerksamkeit der Medien sowie unserer Projektpartner VBZ und Sunrise auf uns ziehen, womit wir übrigens sehr erfolgreich waren. Auch wir haben aber festgestellt, dass eine Reisezeit von 20 Minuten in einem ruckelnden Bus nicht die richtige Anwendung für mobiles Internet ist. Das Pendelbus-Projekt war ein klassisches Beispiel für eine Technologie-Exploration.

Sie sind als Trouble Shooter in das Programm berufen worden. Wie fällt Ihre persönliche Bilanz aus?

ETH World begann im Jahr 2000. Nach zwei Jahren wurde festgestellt, dass das Programm zu wenig klar definiert und organisatorisch eingebettet war. (1)Viele Leute kannten den Begriff ETH World, waren aber der Meinung, dass einige Inhalte nicht umsetzbar waren und in der Luft schwebten. Meine Aufgabe war es, das Programm auf den Boden zu holen (2). Das brachte es mit sich, dass das Visionäre teilweise in den Hintergrund treten musste. Im Gegenzug konnte man Konkretes anbieten. Ich glaube, dass das gut gelungen ist. Hinter und mit ETH World baute sich eine neue Gemeinschaft auf. Ich persönlich habe dank ETH World viele persönliche und fachliche Kontakte knüpfen können.

Was würden Sie anders machen, wenn Sie ETH World noch einmal aufsetzen müssten?

Ich würde von Anfang das Element des Transfers stärker gewichten. Es müsste nach einer Methode gesucht werden, die garantiert, dass eine gute Technologie den Weg in den Alltag tatsächlich schafft.

Wie geht es bei Ihnen weiter?

Im März habe ich eine zusätzliche Aufgabe als Prorektor für das Bachelor/Masterstudium übernommen. Dadurch bin ich zeitlich stark gebunden. Aus diesem Grund habe ich beim operativen Teil von ETH World zurückgesteckt. Darum kommt es für mich nicht in Frage, in einer Nachfolgeorganisation von ETH World eine führende Rolle zu übernehmen.

Was folgt auf ETH World?

Die Umsetzung der ICT-Gesamtstrategie (3) der ETH. Diese ist von einer Strategiegruppe im lockeren Verbund mit ETH World entwickelt worden. Die Strategie wurde von der Schulleitung in diesem August akzeptiert. Schon im Juli hat sie dem vorgeschlagenen Vorgehen zugestimmt, die bisherige Informatikkommission und den ETH-World-Beirat durch eine neue ICT-Kommission zu ersetzen. Diese Kommission wird von Professor Peter Widmayer geleitet.

Was kann diese neue Kommission von ETH World übernehmen?

Eine wichtige Erkenntnis, die wir in diesem Prozess gewonnen haben, ist, dass viele erfolgreiche Muster von ETH World auch für die Arbeit der ICT-Kommission, erfolgreich sein können. Dazu gehört, dass ETH World über einen Fonds verfügte, mit welchem innovative Infrastrukturprojekte gefördert werden konnten. Das hatte es vorher nicht gegeben. Ein weiteres Erfolgselement ist, dass wir unser Projektportfolio aktiv bewirtschaftet haben; wir haben Projekte gesucht, begleitet und koordiniert. Ein drittes Erfolgsmuster ist die Kommunikation. Man muss der ETH-Community erklären, was man macht und plant. Und das vierte ist die Möglichkeit, neue Technologien zu testen, bevor sie in den produktiven Einsatz gehen.


Fussnoten:
(1) vgl. ETH Life-Bericht: ETH World: Projektleitung zurückgetreten: www.ethlife.ethz.ch/articles/campuslife/ethworld4.html
(2) vgl. ETH Life-Bericht: Von der Vision zum Programm: www.ethlife.ethz.ch/articles/tages/show/0,1046,0-8-2031,00.htm
(3) Details zur ICT-Strategie: www.ethworld.ethz.ch/news/ethworld/20050906/index
(4) Allgemeine Informationen zum Programm: www.ethworld.ethz.ch/



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