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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 13.10.2003 06:00

Das neue Journal „PLoS Biology“
Publizistisches Experiment

Die von Wissenschaftlern getragene Nonprofit-Organisation „Public Library of Science“ publiziert heute Montag die erste Ausgabe des Journals „PLoS Biology“. Die Forschenden verleihen damit ihrer Forderung nach freiem Zugang zur wissenschaftlichen Literatur Nachdruck. Grund genug, auch in Zürich zu feiern.

Von Christoph Meier

Heute Montag, den 13. Oktober 2003, ist es soweit: Die erste Nummer von „PLoS Biology“ erscheint (1). Das neue Journal, das sich selbst als Topjournal versteht, enthält wissenschaftliche Beiträge aus allen Bereichen der Biologie, von der Molekularbiologie bis zur Ökologie. Es wird monatlich online und als Printausgabe publiziert. Alle veröffentlichen Arbeiten werden im Web frei zugänglich sein.

Damit ist ein Grundanliegen der Public Library of Science (PLoS) (2), der Nonprofit-Organisation von Wissenschaftlern, die das neue Journal trägt, erfüllt. Bereits im Jahre 2000 sammelten die in der PLoS vereinigten Forschenden Unterschriften und forderten die Verlage wissenschaftlicher Publikationen dazu auf, die wissenschaftliche Resultate, die ja meist auf öffentlicher Finanzierung beruhen, frei zugänglich zu machen (3). Für den Herbst 2001 wurde mit einem Boykott gedroht. Obwohl die Initiative von rund 30’000 Personen unterschrieben wurde, änderten die meisten Verlage ihre Politik nicht. Der Boykott konnte nicht umgesetzt werden, da gar nicht genug frei zugängliche Journals vorhanden waren (4).

In dieser Situation entschloss sich die PLoS, selbst einen Verlag zu gründen. Unterstützung fand sie im Dezember 2002 bei der Gordon und Betty Moore Foundation: diese sponserte neun Millionen Dollar. Zu diesem Zeitpunkt kündigte die PLoS auch an, dass sie zwei Journals, das PLoS Biology und PLoS Medicine, lancieren werde (5). Diesen Sommer erfuhr man durch eine breit angelegte Werbekampagne vom Start des PLoS Biology in diesem Herbst (6). Dabei erhielt die PLoS namhafte Unterstützung, zum Beispiel durch James Watson oder Edward O. Wilson. Zusätzlich konnten Interessierte eine Vorversion der ersten Nummer auf dem Netz begutachten.

Breites Editorial Board und Spezialservice

Schaut man sich das neue PLoS Biology an, so beeindruckt einmal das Editorial Board. Paul Harvey, Susan Lindquist oder Frans de Waal trifft man da an. Es finden sich aber auch in der Schweiz tätige Wissenschaftler wie Susan Gasser aus Genf und Konrad Basler von der Uni Zürich. Thematisch ist in der Vorversion wie versprochen eine grosse Vielfalt vorhanden. So gibt es einen Artikel über den Ursprung und die Bedrohung der Elephanten auf Borneo oder einen zum Transkriptom des Malariaerregers in roten Blutkörperchen.

Auch Cartoons gehören zur Werbekampagne von PLoS. gross


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Auch der Nobelpreisträger James Watson machte bei der Werbekampagne für PLoS Biology mit. (Bild PLoS) gross

Als speziellen Service bietet PLoS Biology zu jedem Artikel eine Synopsis an, die ein professioneller Wissenschaftsautor verfasst. Diese Synopsen erleichtern es auch, die von der PLoS verfolgte Auffassung umzusetzen, dass die von der Allgemeinheit finanzierte Forschung dieser auch in Form ihrer Resultate wieder zugänglich sein soll. Eine Steuerzahlerin, bei der Brustkrebs diagnostiziert wurde, soll kostenlos die Möglichkeit haben zu wissen, was die Spitzenforschung in Bezug auf ihre Krankheit herausgefunden hat. Das PLoS-Motto heisst schliesslich: knowledge x acess = progress.

Gelingt Finanzierung?

Die neue Zeitschrift baut auf einem Finanzierungsmodell auf, bei dem die Autoren für die Publikationen einen bestimmten Betrag bezahlen. PLoS rechnet mit 1500 Dollar pro Artikel. Die Initianten glauben, dass insgesamt diese Finanzierung sich für die Forschenden lohnt, da sie, je mehr open access Journal es gibt, auch weniger für Zeitschriftenabonnements ausgeben müssen. Ob das wirklich gelingt, wird von mehreren anderen Zeitschriftenherausgebern bezweifelt. So äussert sich Decan Butler in der letzten Ausgabe des Wissenschaftsmagazin „Nature“ äusserst skeptisch, insbesondere ob junge Wissenschaftler bereit sind, in einem noch nicht etablierten Journal zu veröffentlichen. Alan Lesher vom amerikanischen Gegenpart „Science“ zeigt sich in der englischen Zeitung „The Guardian“ offen gegenüber der neuen Konkurrenz: “Wir sind alle Wissenschaftler und lieben Experimente - nun hier haben wie ein Experiment. Falls es geling, dann werden wir alle unsere Lektion lernen.“

Freude in Zürich

Die Science Community scheint sich auf jeden Fall zu freuen. In Zürich gibt es zur Lancierung von PLoS Biology sogar eine eigene Feier. Diese findet am 31. Oktober zwischen 17.00 und 19.00 Uhr im Lichthof der Universität Zürich Irchel statt. Unter anderem wird Alexander Borbély, Prorektor Forschung der Uni Zürich, sich zur Thematik des „Open access“ äussern. Eingeladen sind alle Zürcher Forschenden im Bereich der Life Science, aber auch andere Interessierte.


Fussnoten:
(1) PLoS Biology: http://biology.plosjournals.org/
(2) Public Library of Science: www.plos.org/
(3) Vgl. „ETH Life“-Artikel „Leere Drohung?“: www.ethlife.ethz.ch/articles/PublicLibraryofScie.html
(4) Vgl. „ETH Life“-Artikel "Please tell your colleagues": www.ethlife.ethz.ch/articles/VerlagfrPLoS.html
(5) Vgl. „ETH Life“-Artikel „Jetzt publizieren sie dann selbst“: www.ethlife.ethz.ch/articles/plosneuezeit.html
(6) Vgl. PLoS TV Spot: www.plos.org/support/playvideoB1.html



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