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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 29.04.2003 06:00

Auch "Simi" setzt auf den ETH-Sportpsychologen Hanspeter Gubelmann
Denksport

Mehrere Spitzensportler in der Schweiz nehmen die Dienste des an der ETH tätigen Sportpsychologen Hanspeter Gubelmann in Anspruch. Denn dieser unterstützt sie bei ihren Höchstleistungen und hat immer ein offenes Ohr für ihre Anliegen.

Von Roberto Stefàno

Anders als in den USA, wo sehr viele Spitzensportler ihren persönlichen Betreuer haben, ist die Bedeutung der Sportpsychologie hierzulande bisher nicht allgemein anerkannt. Noch immer sehen viele Leute in den Sportpsychologen selbsternannte Gurus à la Rainer Harnecker, die mit Orangensaft oder Esoterik ihre Zöglinge zu Höchstleistungen trimmen wollen. Diese ablehnende Haltung kann damit erklärt werden, dass die Sportpsychologen bis vor kurzem eher im Hintergrund agierten, wodurch über ihre Tätigkeit in der Öffentlichkeit wenig bekannt war.

Hanspeter Gubelmann vom Institut für Sport- und Bewegungswissenschaften der ETH Zürich (1) gehört zur Gruppe der anerkannten Sportpsychologen, die der 1968 gegründeten Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für Sportpsychologie (SASP) (2) angehören. Der Diplomtrainer und ehemalige Leichtathletik-Nachwuchstrainer absolvierte ein Sportstudium an der ETH, bevor er an der Universität Zürich angewandte Psychologie studierte. Die praktische Erfahrung sammelte er schliesslich in Amerika. Nun arbeitet er bereits seit zwölf Jahren an der ETH in Zürich.

Anlaufstelle für Spitzensportler

Hanspeter Gubelmann ist an der ETH, wie Roland Seiler in Magglingen und Mattia Piffaretti in Lausanne, eine von drei Anlaufstellen für sportpsychologische Anliegen in der Schweiz. Dadurch wurde er zum Ansprechpartner von verschiedenen Spitzenathleten wie Simon Ammann oder Bruno Kernen. Dass letztere beide Wintersportler sind, ist eher zufällig, zumal die sportpsychologische Betreuungsarbeit je nach Sportart und der gegebenen Betreuungssituation unterschiedliche Schwerpunkte aufweisen kann. „Es gibt übergeordnete Themen, die unabhängig von der Sportart und vom Leistungsniveau bedeutsam sind“, erklärt Hanspeter Gubelmann. Dazu gehören beispielsweise die so genannten drei C’s: Confidence, Concentration und Committment. „Wenn ein Sportler zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Höchstleistung erbringen soll, sind ein gesundes Selbstvertrauen, eine hohe Konzentrationsfähigkeit und ein entsprechendes Vorbereitungsritual immer hilfreich.“ Daneben gibt es spezifische Anforderungsprofile, die sich von Sportart zu Sportart unterscheiden. „Wenn zum Beispiel ein Kunstturner die Fähigkeit nicht aufbringt, sich mental in seine Übung hinein zu versetzten, wird es sehr schwierig, den Anschluss an die Weltspitze zu finden“, hält Hanspeter Gubelmann fest.

Mental gestütztes Techniktraining

Wie dies zu verstehen ist, zeigt sich deutlich anhand des „Mental gestützten Techniktrainings“ bei einem Kunstturner am Reck. Hierbei ist der Sportpsychologe persönlich im Training anwesend und unterstützt den Athleten zusammen mit dem Trainer bei der Verbesserung seiner Technik. „Eine Theorie der Bewegungslehre besagt, dass ein Sportler seine Übung nicht ausführen könne, solange er sie sich mental nicht vor Augen führen kann“, erläutert Hanspeter Gubelmann.


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Für Sportpsycholge Hanspeter Gubelmann steht nicht die Leistung im Vordergrund, sondern die Person. Auch im Fall von Doppelolympiasieger Simon Ammann. gross

Um dieses Vorstellungsvermögen aufzubauen, muss sich ein Athlet zuerst der einzelnen Bewegungsabläufe bewusst werden. Dazu erstellt er ein Protokoll der Übung, kürzt dieses auf einzelne Schlagworte, die er mit den Knotenpunkten der Bewegung verbindet und rhythmisiert das ganze zum Schluss, um einen Automatismus zu entwickeln. Das mental gestützte Techniktraining muss danach in den Trainingsalltag eingebaut werden. „Es ist ein Wechselspiel zwischen mentalem und praktischem Training“, begründet Hanspeter Gubelmann, „Trotz allem gilt nach wie vor: üben, üben, üben!“

Buchstäblich „einsame Spitze“

Nicht nur im täglichen Training übernimmt der Sportpsychologe eine wichtige Funktion für seine Topleute. Darüber hinaus steht er den Athleten als Gesprächspartner zur Verfügung und versucht, unabhängig auf die Anliegen der Sportler einzugehen. „In unseren Treffen sprechen wir über Dinge, welche die Athleten zur Zeit beschäftigen“, erzählt Hanspeter Gubelmann. Dies können Probleme mit dem Trainer, den Medien oder mit dem wachsenden Leistungsdruck sein. Doch auch Anliegen, die über das Sportliche hinausgehen, kommen zur Sprache: „Ich glaube, dass der Spitzensport ein gewisses Vereinsamungspotential beinhaltet“, ist Hanspeter Gubelmann überzeugt. „Vielfach handelt es sich bei Spitzensportlern um sehr junge Leute, die während dem Jahr dauernd irgendwo in der Welt auf Achse sind. Da findet zwangsläufig eine gewisse Entwurzelung statt.“

Identifikation

Zu diesen jungen Athleten gehört auch Doppelolympiasieger Simon Ammann, welcher mit dem Team der Skispringer (3) rund 200 Tage pro Jahr meistens im Ausland unterwegs ist. In seinem Fall übernimmt Hanspeter Gubelmann eine umfassendere Betreuungsfunktion, hält dem Skispringer den Rücken frei und koordiniert seine öffentlichen Auftritte. Den Rückschluss von der durchzogenen Saison seines Schützlings auf seine eigene Arbeit lässt er jedoch nicht zu. „Genauso wenig, wie ich mich über den Erfolg von Simon Ammann im letzten Jahr definiert habe, so wenig zweifle ich nun an meiner Arbeit“, stellt Hanspeter Gubelmann klar. Denn im Zentrum seiner Bemühungen steht die Person Simon Ammann und nicht seine sportliche Leistung, die trotz allem vom Athleten selber vollbracht werden muss.

Aus diesem Grund begleitet er das Skispringer-Team auch nicht immer an die Wettkämpfe. Schliesslich ist ein Ziel der Sportpsychologie der selbständige Athlet, welcher im richtigen Augenblick die nötigen Höchstleistungen abrufen kann. Sicher dabei sein wird der Sportpsychologe aber auch in der nächsten Skisprung-Saison: „Das Team wurde gefragt, ob es die Zusammenarbeit mit dem aktuellen Betreuerstab fortsetzten wolle - und es hat keine Sekunde gezögert.“


Fussnoten:
(1) Institut für Sport- und Bewegungswissenschaften der ETH Zürich: http://129.132.185.70/
(2) Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Sportpsychologie: http://sportpsychologie.ch/
(3) Swiss Ski: www.swiss-ski.ch/001ski_00_de.htm



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