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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 28.10.2003 06:00

Studiengebühren-Erhöhung und ihre Folgen
„Vorschlag ist unrealistisch“

Vor rund einer Woche machte sich ETH-Ratspräsident Francis Waldvogel im Tagesanzeiger Gedanken zur Zukunft der Schweizer Hochschullandschaft(1). In Bezug auf die Finanzierung erwog er auch eine „substanzielle Erhöhung der Studiengelder“ bis zu einer Verdreifachung. „ETH Life“ sprach mit dem VSETH-Vorstandsmitglied Andy Hüsler der in der vom ETH-Rat eingesetzten Arbeitsgruppe „Anpassung der Studiengebühren“ die ETH-Studierenden vertritt.

Interview: Christoph Meier

ETH-Ratspräsident Francis Waldvogel sprach kürzlich davon, die Studiengebühren um das Dreifache zu erhöhen. Was halten Sie davon?

Man muss diese Aussage im Zusammenhang der Gesamtdiskussion sehen, wie die Hochschulen zukünftig finanziert werden sollen. Dass man sich dabei Gedanken zu den Studiengebühren macht, ist legitim. So steht auch in einem OECD-Bericht von diesem Sommer, dass die Finanzierung grundsätzlich überlegt werden muss. Der Vorschlag selbst ist aber für den Moment unrealistisch. Schon eine Verdoppelung (2) würde heute zu massivem Widerstand führen. Es gibt ja auch noch die Abmachung der Universitäten, dass das Semestergeld nicht über 1224 Franken steigen soll. An diese hat sich in der Vergangenheit auch der ETH-Rat gehalten.

Es gibt die vom ETH-Rat eingesetzte Arbeitsgruppe „Anpassung der Studiengebühren“. Ist diese durch die Aussagen von Francis Waldvogel überrumpelt worden?

Die Sache lief unglücklich, indem alle über die Verdreifachung zu sprechen begannen, ohne die verschiedenen Zeithorizonte vor Augen zu haben. Die Arbeitsgruppe trat erst im August zusammen. Dabei geht es vorerst einmal um eine Antwort an den Bundesrat auf die Frage, wieso der erwähnte Betrag von 1224 Franken nicht vollständig ausgeschöpft wird.

Wie geht die Gruppe dabei vor?

Der ganze Prozess ist in zwei Phasen unterteilt. In einer ersten Phase wurde jetzt die Angleichung der Studiengebühren an die Teuerung und die anderen Universitäten diskutiert. In der Gruppe ist man der Auffassung, dass der Teuerungsausgleich auf das nächste Jahr durchaus den Studierenden zugemutet werden kann. An der ETH Zürich käme man dann auf ein Semestergeld von rund 620 Franken. Der definitive Entscheid fällt aber erst im nächsten Frühling. Die Ergebnisse zu neuen Finanzierungsmodellen des Studiums sind aber erst für das Jahre 2008 gedacht. Ich interpretiere das so, dass bis dahin keine massive Erhöhung stattfinden sollte. Was danach passiert, ist noch völlig offen.

Wie stellt sich aber der VSETH zum Thema?

Unsere Position ist die, dass wir nicht einfach nein sagen wollen. Eine Verdoppelung könnte aber ohne flankierende Massnahmen nicht akzeptiert werden. Uns ist es wichtig, dass weiterhin alle, die wollen, eine Möglichkeit zu einem Studium haben.

Diesen Sommer wurde unter den ETH-Studierenden eine Umfrage zu den Gebühren gemacht (3). Was sind die wichtigsten Folgerungen daraus?

Wichtig ist einmal, dass wir jetzt Zahlen haben, mit denen wir belegen können, dass eine Verdoppelung vielen Studierenden Probleme bereiten würde. Einige sprachen auch davon, dass sie sich nach Alternativen zum ETH-Studium umschauen würden.


"Der soziale Frieden soll nicht durch provokative Aktionen gefährdet werden", meint Andy Hüsler vom VSETH. gross

Könnte es nicht sein, dass die Studierenden ihre finanziellen Probleme übertrieben haben?

Das glaube ich nicht. Das Studium ist ein Vollzeit-Job ohne Lohn. Da wirken sich neue Ausgaben schnell aus.

Die Gebühren sind nur ein Teil der Kosten für einen Studierenden. Macht da eine Erhöhung so viel aus?

Wir haben die Budgets von den Studierenden angeschaut. Pro Monat braucht ein Studierender an der ETH gut 1000 Franken. Käme es zu einer Verdoppelung der Studiengebühren, so müsste ein Studierender die Ausgaben von zwei Monaten zusätzlich aufbringen. Das ist nicht einfach so zu bewerkstelligen

Was für Modelle überlegt man sich denn auf Studierendenseite für die zukünftige Finanzierung des Studiums?

In der Arbeitsgruppe Studiengebühren (4) hier an der ETH haben wir zum Beispiel über zinslose Darlehen diskutiert. Die Idee wurde aber wieder verworfen, da beispielsweise die Personen, die ihr Studium aus welchen Gründen auch immer abbrechen, dann ausser Schulden nichts vorzuweisen haben. Besprochen wurde auch eine Akademikersteuer, bei der man erst nach dem Studium über Steuern die Ausgaben des Staates zurückzahlt. Die Finanzierung durch die Privatwirtschaft ist sicher auch eine Option für gewisse Fächer, doch bei weitem nicht für alle. Für mich gibt es dabei auch das Interesse der Gesellschaft zu beachten, dass die verschiedenen Wissenschaftszweige erhalten bleiben sollen.

Wie weit erhalten die Studierenden Unterstützung von der Schulleitung bei ihrem Bemühen, die Gebühren tief zu halten?

Die Schulleitung ist sicher nicht in dem Sinn auf Seiten der Studierenden, dass sie sich strikt gegen eine Gebührenerhöhung stellt. Auch hat sie sich nicht gegen eine Verdoppelung ausgesprochen.

Eine Verdoppelung würde aber bei den Studierenden auf Widerstand stossen. Kommt für die Studierenden ein Streik in Frage?

Dafür haben wir keinen Plan in der Schublade. Doch wenn es ganz „strub“ werden sollte, müsste man noch schauen, was das richtige Vorgehen ist. Grundsätzlich ist es aber so, dass wir vom VSETH viel Wert auf eine gute Beziehung zur Schule und die sie leitenden Organe legen. Der soziale Frieden soll nicht durch provokative Aktionen gefährdet werden.


Literaturhinweise:
Gegen Sparmassnahmen in der Bildung wehren sich auch die Uni-Studierenden. Für diesen Donnerstag, 30. Oktober, haben sie auf 17.30 Uhr vor dem Uni-Hauptgebäude eine Demonstration gegen "Bildungs- und Sozialabbau" angekündigt.

Fussnoten:
(1) Tages-Anzeiger vom 17.10.2003 "Der Staat kann die Universitäten künftig nur mit Hilfe der Wirtschaft finanzieren"
(2) Vgl. "ETH Life"-Bericht " "Studis sollen blechen":nach der Ankündigung des Bundes, als Sparmassnahme die Semestergebühren zu verdoppeln: www.ethlife.ethz.ch/articles/campuslife/Streik.html
(3) Vgl. Umfrage zum Thema Studiengebühren: www.vseth.ethz.ch/studgeb/umfrage/Auswertung/onlineAuswertung.htm
(4) Vgl. "ETH Life"-Bericht "Studis sind alarmiert": www.ethlife.ethz.ch/articles/arbeitsgruppestudiengeb.html



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