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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 15.06.2001 06:00

Autonom fliegender ETH-Heli wird marktreif
ETH-Roboter heben ab

Die Sache hat etwas vom Spielzeug-Traum für etwas in die Jahre gekommene Jungs: Modellhelikopter, die völlig autonom starten, in der Luft schweben und sich fortbewegen und sicher wieder landen. Der Eindruck täuscht: das nunmehr marktreife Projekt eines Spin-Offs des Instituts für Mess- und Regeltechnik wurde diese Woche in Paris vorgestellt und hat bereits grosses Interesse bei potentiellen Käufern geweckt.

Von Norbert Staub

Dass moderne Passagierflugzeuge während ihrer Reisen heute grossenteils über Autopiloten gesteuert werden, ist auch für Gelegenheitspassagiere nichts Neues. Dass aber ein einiges schwieriger zu manövrierender Helikopter sich automatisch in die Lüfte erhebt, eine vorprogrammierte Flugbahn abfliegt und wieder landet, daran haben sich schon viele die Zähne ausgebissen. Schuld daran sind die zahllosen Parameter, die für einen kontrollierten und sicheren Flug notwendig sind.

Jetzt ist an der ETH ein Durchbruch gelungen, der bei mancher im Flugzeugbau tätigen Grossfirma Neid erwecken dürfte: eine Forschergruppe um Hans P. Geering, ETH-Professor für Regeltechnik und Mechatronik, hat ein marktreifes, miniaturisiertes System entwickelt, das jetzt den völlig autonomen Flug eines Modellhelikopters möglich macht.

Die Vorteile einer Helikopterdrohne gegenüber der bemannten Fliegerei liegen auf der Hand: Sie braucht keinen Piloten und ist um ein Vielfaches billiger, leiser und umweltfreundlicher. - "Sowie weniger umständlich, da in der Schweiz bis zum Gesamtgewicht von 25 Kilo keine Flugbewilligung nötig ist", erklärt Christoph Eck, Doktorand bei Hans Geering und seit Jahren in dem Projekt engagiert. Die normale Fernsteuerung sticht der Autopilot zudem mit der Tatsache aus, dass kein Sichtkontakt nötig und daher ein weitläufiger Einsatz möglich ist.

Spitze bei Gewicht, Leistung, Preis

Schon in den 80er Jahren begann das Institut für Mess- und Regeltechnik das Problem der automatischen Stabilisierung von Helikoptern zu untersuchen. Doch vor fünf Jahren, als die Gruppe um Hans P. Geering den jährlich stattfindenden internationalen Wettbewerb für fliegende Roboter in Florida fast gewonnen hätte - hinter dem Team des MIT -, da ging es erst richtig los. Seither ist am ETH-Institut für Mess- und Regeltechnik mit Hochdruck an der Perfektionierung der Technologie gearbeitet worden. Ergebnis: ein handlicher schwarzer, knapp ein Klio schwerer Kasten, der den gesamten Flug selbständig kontrolliert.

wecontrol
Gute Marktchancen: "weControl"-Steuerungskonsole für autonom fliegende Helikopter. gross

Hergestellt wird der Wunderwürfel von "weControl", einem Spin-off, den Christoph Eck zusammen mit seinen ETH-Kollegen Jacques Chapuis, Markus Kottmann und Marco Sanvido letztes Jahr gegründet hat. "Dies weil wir merkten, dass in dem Projekt ein grosses wirtschaftliches Potenzial schlummert."


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christoph eck, oliver tanner
ETH-Autopilot für vielfältige Zwecke: Wissenschaftler Christoph Eck und Oliver Tanner mit einem Modell, das noch nicht dem letzten Stand der Technik entspricht. gross

In der Luft gehalten wird das Fluggerät durch eine Kombination von günstigen Inertialsensoren und GPS ("Global Positioning System") für die Navigation sowie einer Regelung, die die Stabilität gewährleistet. Ein eingebauter Hochleistungsrechner führt die verschiedenen Daten zusammen, bestimmt eine optimale Schätzung der aktuellen Fluglage und der entsprechenden Stellsignale - eine algorithmische Meisterleistung.

Zweischneidiges Geschäft

Das unscheinbare Gerät ist bei "weControl" künftig für gut 40'000 Franken zu haben; zusammen mit einem Heli kommt das System auf etwa 100'000 Franken zu stehen. - Ein Pappenstiel im Vergleich mit bemannten Grosssystemen. Kein Wunder, haben bereits mehrere Interessenten bei "weControl" angeklopft. In naher Zukunft werden vor allem Anwendungen ins Auge gefasst, bei denen im wesentlichen eine an Bord mitfliegende Kamera benötigt wird: Bilder und Videos für Sportanlässe, Werbung und Filmindustrie.

Dass die Technologie aber auch für polizeiliche und militärische Anwendungen - sprich für Aufklärungs- und Überwachungszwecke - interessant ist, liegt auf der Hand. Firmen aus dem Ausland, die dem Militär nahestehen, hätten denn auch mit "weControl" Kontakt aufgenommen. "Militärische Standards in Sachen Robustheit, Temperatur- und Wetterfestigkeit erfüllt unsere Lösung aber nicht", so die Entwickler von weControl.

Wille zur Selbstkontrolle

"Uns geht es primär um die zivile und humanitäre Applikation", erklärt Doktorand Christoph Eck. "In Kombination mit einer leistungsfähigen Sensorik sind der zivilen Anwendung kaum Grenzen gesetzt. Ich denke an die Informationsbeschaffung in schwierigem Gelände - etwa die Lokalisierung von Minen und anderen Gefahren wie Feuern, an die Suche nach vermissten Personen, die Erfassung von Verkehrsdaten, von Waldschäden, an die Überwachung von Hochspannungsleitungen und so weiter." So will zum Beispiel eine Schweizerische Organisation für humanitäre Entminung in Albanien mit einem "weControl"-Fluggerät Gebietsaufnahmen durchführen.

Als Spin-Off-Firma dürfe man bei der Auswahl der Kunden zwar nicht allzu wählerisch sein, geben die Entwickler zu bedenken. Dass bei den ETH-Forschern Problembewusstsein besteht und dass ihnen eine vernünftige Anwendung ihrer Technologie am Herzen liegt, zeigt das aktive Mittun von "weControl" bei der Selbstkontroll-Organisation UCARE. Dieses Kürzel steht für "UAV (Unmanned Aerial Vehicles): Civil Applications & Required REgulations". Im März 2001 deponierten 51 in dem Sektor operierende Unternehmen der EU-Kommssion ein Gesuch, das den zivilen Markt der fliegenden Roboter regulieren soll.


Literaturhinweise:
Informationen zu weControl finden Sie unter http://www.wecontrol.ch
Informationen zu UCARE finden Sie unter http://ucare-network.org



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