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ETH - Eidgenoessische Technische Hochschule Zuerich - Swiss Federal Institute of Technology Zurich
Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 03.04.2002 06:00

Geplanter Ausstieg der ZB aus dem NEBIS-Verbund
ZB-Alleingang in der Kritik

Besiegelt ist es noch nicht, doch die Absicht steht fest: die Zürcher Zentralbibliothek will sich aus dem Bibliotheksverbund NEBIS verabschieden. Damit würde einer der grössten Datenzulieferer wegfallen und der Verbund einen Rückschlag erleiden. Am "Netzwerk von Bibliotheken und Informationsstellen in der Schweiz" ist auch die ETH beteiligt. Ihre Funktion als technische Betreuerin scheint mit ein Grund für den geplanten Alleingang der ZB zu sein.

Von Norbert Staub

Gründe für die Trennung der Zentralbibliothek vom rund zwei Millionen Titel verwaltenden Bibliotheksverbund NEBIS seien Kosteneinsparungen, ein Mehr an Benutzerfreundlichkeit sowie Kapazitätsengpässe beim von der ETH betreuten Server. Dies steht in einer Anwort des Regierungsrates auf eine entsprechende Dringliche Anfrage der SP-Kantonsrätin Claudia Balocco von Anfang März 2002.

"Trennen ist abenteuerlich"

Diese Argumentation sei für ihn nicht nachzuvollziehen, sagt Wolfram Neubauer, Direktor der ETH-Bibliothek. In einer Zeit, da Uni Zürich und ETH viel in verbesserte Zusammenarbeit investieren, sei es "geradezu abenteuerlich, bei den Bibliothekssystemen die Kräfte ins Trennen zu stecken. Das Gegenteil müsste passieren: die Systeme müssten noch enger zusammengeführt werden", sagt Neubauer gegenüber ETH Life.

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Sieht bei einem technischen Alleingang der ZB Nachteile für die Nutzerinnen und Nutzer: Wolfram Neubauer, Direktor der ETH-Bibliothek.

Auch das Kostenargument lässt der ETH-Bibliotheksdirektor nicht gelten: diesbezüglich sei ein Alleingang unabsehbar, da eine solche Trennung für alle Beteiligten Neuland bedeute. Der Bibliotheksbetrieb von ZB und ETH-Bibliothek müsste bei einer Trennung der gemeinsamen Bestandsdatenbank jedenfalls für mehrere Tage eingestellt werden, da die Indizes neu aufgebaut werden müssten. Entsprechend unklar ist, was dies für die Techniker, die sie durchführen, bedeutet. "Das Ganze kann problemlos verlaufen - es kann aber genauso gut massiven Aufwand verursachen", gibt Neubauer zu bedenken. ZB-Direktor Hermann Köstler wollte auf Anfrage von ETH Life keine aktuelle Stellungnahme zum Thema abgeben.

Uni-Studierende hätten das Nachsehen

Laut Neubauer könnten diese Trennung sowie die Aufwendungen für den Betrieb eines eigenen Systems für die ZB weit höher zu liegen kommen als die jährlichen 330'000 Franken Abgeltung an die ETH. Soviel zahlt die Kantons-, Stadt- und Universitätsbibliothek für den technischen Betrieb und die Abschreibung auf Hard- und Software.


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Der technische Wissensvorsprung der ETH als tiefere Ursache der Separationsgelüste der ZB? - Katalogabfrage im Infocenter der ETH-Bibliothek (Bild: ETH-Bibliothek). gross

Punkto Kundenfreundlichkeit führt der Regierungsrat ins Feld, dass die angestrebte flexiblere Client-Server-Architektur der ZB den Benutzenden künftig die Wahl lasse, in welchen Katalogen sie suchen wollen: in der ZB allein, in der ZB und der ETH gleichzeitig oder auch in anderen Katalogen des Informationsverbundes Deutschschweiz (IDS) - jenem informatisierten Bibliothekssystem, bei welchem alle grossen Deutschschweizer Hochschulbibliotheken mitmachen.

Aleph-Server: genug Reserven

Auch dies sieht ETH-Bibliotheksdirektor Wolfram Neubauer anders: "Die Nutzerinnen und Nutzer leiden: So würde zukünftig bei einer Bestellung von Beständen der ETH-Bibliothek über die Homepage der ZB eine zweite Recherche und ein zweiter Bestellvorgang notwendig werden." Das könne nicht im Sinne der Kunden sein. Für den umgekehrten Rechercheweg gilt natürlich Entsprechendes. "Die ETH-Angehörigen wären dabei allerdings etwas im Vorteil: sie greifen durchschnittlich weniger auf ZB-Bestände zu als die Kundinnen und Kunden der Uni auf die ETH-Bestände", sagt Neubauer.

Für ihn ist auch das von der ZB vorgebrachte Argument, der von der ETH betreute Aleph-Server stosse an seine Kapazitätsgrenzen, unverständlich: "Wer das behauptet, liegt einfach falsch. Es gibt hier sowohl Reserven im Zeitfenster aus auch bei der Hardware." Von Seiten der ZB seien darüber jedenfalls noch nie Klagen gekommen.

ETH-Bibliothek technisch voraus

Hintergrund der geplanten Trennung könnten grundsätzliche Unstimmigkeiten zwischen ZB und ETH sein, namentlich die Befürchtung der ZB, von der ETH im technischen Bereich übervorteilt zu werden. Dies jedenfalls legt die bisherige Berichterstattung nahe ("Tages-Anzeiger", 15. und 27. März 2002). ETH-Bibliotheksdirektor Wolfram Neubauer kann diese Sorgen verstehen. Hingegen gebe es ja die Möglichkeit, "die Kompetenzen beider Seiten sauber zu definieren und vertraglich abzusichern".

Offensichtlich sei, dass zwischen der eher traditionellen ZB und der ETH-Bibliothek sozusagen "philosophische Unterschiede" beständen. Neubauer: "Wir an der ETH versuchen, mit dem rasanten Gang der technischen Entwicklungen im Bibilothekswesen Schritt zu halten und befinden uns somit naturgemäss ziemlich an der Spitze der Entwicklung." An der ETH habe sich deshalb "ein gewisser Wissensvorsprung angesammelt", mit welchem es gelte, "verantwortungsvoll und überlegt umzugehen".


Literaturhinweise:
Website der ETH-Bibliothek: www.ethbib.ethz.ch
Website der Zentralbibliothek Zürich: www-zb.unizh.ch
Website des Bibliotheksverbundes NEBIS: www.nebis.ch
ETH-Life-Artikel zu den Perspektiven der ETH-Bibliothek: www.ethlife.ethz.ch/interview/



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