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Rubrik: ETH-Debatte |
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ETH-Debatte: nationale Projekte Engineering-Grossprojekt der beiden ETH |
Die ETH Zürich hat dem ETH-Rat das Projekt „Quantum Tera-Scale“ vorgestellt, ein Grossprojekt im Bereich Ingenieurwissenschaft, das den Kriterien für „Projekte von nationaler Bedeutung“ genügt, wie sie im Entwurf des Leistungsauftrags des Bundesrates an den ETH-Bereich im Rahmen der BFI-Botschaft verschiedentlich erwähnt werden. Es soll gemeinsam mit dem Projekt „Nano Giga“ der EPFL realisiert werden. Charakteristisch für solche schweizerischen Grossprojekte ist, dass sie aus politischer Sicht eine hohe Relevanz haben und von einer übergeordneten Stelle vorgegeben werden. Dabei stellt sich die Frage nach Sinn und Bedeutung solcher Grossprojekte aus Sicht der Forschung. Ein Interview mit Rüdiger Vahldieck, Professor für Feldtheorie am Institut für Feldtheorie und Höchstfrequenztechnik. Interview: Verena Schmid Bagdasarjanz In den vergangenen Wochen ist eine Diskussion über die so genannten „Projekte von nationaler Bedeutung“ entbrannt. Wann sind solche Grossprojekte sinnvoll? Projekte von nationaler Bedeutung sollten dem Forschungs- und Industrieplatz Schweiz als Ganzes dienen. Regionalpolitische Überlegungen sollten nicht im Vordergrund stehen. Dabei ist wichtig, dass man sorgfältig und kritisch definiert, was man unter „nationaler Bedeutung“ versteht. Schliesslich wollen wir als Land davon profitieren und nicht nur regionalen Ausgleich betreiben. Welche Bedeutung haben solche hochschulübergreifende Projekte für die Forschungstätigkeit der ETH Zürich? Für die Forschungstätigkeit an der ETH Zürich sind solche Projekte von grosser Bedeutung, weil sie eine Plattform bilden, auf der man von bestehenden Stärken ausgehend in viel grösserem Massstab, viel intensiver und nachhaltiger forschen kann. Die gezielte Zusammenarbeit mit anderen Forschungsgruppen führt oftmals viel schneller zu Ergebnissen, die in kleinen Forschungsgruppen nicht oder nur viel langsamer erreichbar wären. Wie soll die Themenwahl solcher Projekte erfolgen? Inwieweit sollen die Forschenden selber einbezogen werden? Die erfolgreichsten Projekte sind immer noch diejenigen, die „bottom up“ entstehen. Das heisst, dass Forschende oder einzelne Forschungsgruppen mit komplementären Fähigkeiten sich zusammentun, um ein relevantes Forschungsziel zu formulieren und die Finanzierung zu beantragen. Problematisch kann es sein, wenn Projekte „von oben“ ohne Einbezug der Forschenden verordnet werden, wie es in der jüngsten Vergangenheit vorgekommen ist. Ein solches „administratives Forschungsmanagement“ kann Gefahr laufen, nicht genügend durch Fachwissen und wissenschaftliche Kompetenz abgestützt zu sein und finanzielle Mittel für den Forschungsplatz Schweiz nicht optimal einzusetzen. Eine Eigenheit solcher „Grossprojekte“ ist die Zusammenarbeit verschiedener Forschungsanstalten unter Federführung einer Institution. Welches sind Ihre Erfahrungen mit derartigen Kooperationen? Die Federführung soll diejenige Institution wahrnehmen, die am meisten wissenschaftliche Kompetenz in das betreffende Projekt einbringen kann. Allenfalls sind auch Modelle mit rotierender Führung denkbar. Nebst der Frage der Führung ist es wichtig, dass die Mittelvergabe objektiv, transparent und nach inhaltlichen Kriterien erfolgt. Nur wenn diese Kriterien erfüllt sind, ist es möglich, dass die Kollegen zusammenarbeiten können und ein Vertrauensverhältnis entsteht. Forschungsprojekte von nationaler Bedeutung weisen einen hohen Finanzbedarf auf. Wie sollen solche Projekte finanziert sein? Soll der Nationalfonds oder der ETH-Bereich separate finanzielle Ressourcen bereitstellen oder sollen solche Projekte von Hochschulen initiiert und aus der Grundfinanzierung heraus bzw. mit Drittmitteln finanziert werden? Projekte von nationaler Bedeutung dienen der Zukunftssicherung der schweizerischen Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft als Ganzes. Hier sind Mittel notwendig, die weit über den gegenwärtigen Finanzierungsrahmen der Hochschulen und des Nationalfonds hinausgehen. Durch die NFS werden vom Nationalfond bereits gezielt wissenschaftliche Themenbereiche gefördert. Das reicht aber nicht aus, wenn man einen Vergleich mit den finanziellen Anstrengungen anderer Länder anstellt, die ebenfalls rohstoffarm und zunehmend von einer „Knowledge“-Industrie abhängig sind. Singapur beispielsweise investiert Milliardenbeträge in Forschungsprojekte von nationaler Bedeutung. Die ETH Zürich hat „Quantum Tera-Scale Systems“ als nationales Kooperationsprojekt vorgeschlagen, die EPFL „Nano-Giga Systems“. Was zeichnet die beiden Projekte aus? In der Physik und auch in den Life Sciences gibt es schon eine längere Tradition für grosse Projekte die schweizweit vernetzt sind und die Stärken verschiedener Institutionen vereinen. In den Ingenieurwissenschaften hat es das bisher nicht gegeben. Mit „Quantum Tera“ als auch mit „Nano-Giga“ haben wir jetzt zwei Projekte vorliegen, die wegen teilweise überlappender und komplementärer Themenstellungen zu einem ingenieurwissenschaftlichen Grossprojekt zusammengeführt werden sollen. Und was macht ein solches Projekt zu einem nationalen Projekt? Schweizerische Forschungsinstitutionen und Firmen sind international führend in vielen Aspekten einer neuen ICT Infrastruktur mit breiter Erfahrung im Bereich der Systeme, Software, Komponenten und deren Anwendungen. Diese führende Rolle eröffnet einmalige Gelegenheiten für die schweizerische akademische und industrielle Gemeinschaft als starke Kraft im internationalen Wettbewerb aufzutreten und durch Forschung und Lehre die Richtung massgeblich zu beeinflussen. Hier sehen wir mittel- und langfristig ein grosses Potential für kleine und grosse neue Industrien. Wir müssen einsehen, dass die Schweiz weltweit gesehen, im Rennen um eine führende Position in der Mikroelektronik heute nicht an vorderster Stelle mitspielt. Mit dieser Initiative wollen wir sicherstellen, dass das in Zukunft anders wird und die Schweiz auf die Möglichkeiten der zukünftigen Mikro- und Nanotechnologie und den daraus entstehenden neuen Märkten, insbesondere auch im Kommunikationsbereich, gut vorbereitet ist. |
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