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Publiziert: 07.01.2003 06:00

Ohne Pioniere geht nichts
Ohne Pioniere geht nichts

Von Stefan Berli

Ohne Pioniere geht nichts! Dieser Satz trifft auf alle Neuerungen zu und, wie in dem Artikel richtigerweise erwähnt , natürlich besonders auf die Nutzung "alternativer" Energieformen. Nur ist es einmal mehr erstaunlich - und das vor allem in einem Artikel von ETH-Seite - dass die Geothermie einfach unter den Tisch gekehrt und vergessen worden ist.

In der Schweiz werden 30% aller Neubauten mit Wärmepumpen ausgerüstet und davon - mit steigendem Trend - werden wiederum 40% (!) mit Erdwärmesonden geheizt. Gesamthaft darf geschätzt werden, dass in sämtlichen Bauten (Neubau und Sanierung) etwa 20% aller Heizungen mit umweltfreundlicher, regenerierbarer, einheimischer geothermischer Energie über Erdwärmesonden einen nachhaltigen Beitrag zur Ressourcenschonung und Umweltschutz beitragen; 75% Gratisenergie aus dem Boden und 25% elektrische Antriebseneregie für die Wärmepumpe. Nebenbei bemerkt sei hier, dass mittels Erdwärmesonden nicht nur geheizt, sondern auch gekühlt werden kann und der Untergrund dazu noch als saisonaler Energiespeicher für Abwärme zu Verfügung stehen kann.

Wo bleiben diese Möglichkeiten bei einer Pelletsheizung......? Nirgends! Die "Pellets-Lobby" scheint sich hier mit "wissenschaftlichem Anstricht" bestens bedient zu haben, um für ihre Sache zu werben. Das ist legitim; aber dann bitte nicht unter dem Deckmäntelchen eines "neutralen" Artikels. Wie kann ein Artikel zu diesem Thema neutral und gut recherchiert sein, wenn die Geothermie mit ihrem unvergleichlichen Potenzial nicht mit einem einzigen Wort auch nur erwähnt wird? Die Verbreitung der Erdwärmesondentechnologie hat in der Schweiz ihren Ursprung genommen mit einer Pionierfirma, die heute erloschen ist.

Als Partner dieser Firma haben wir (FORALITH Erdwärme AG, St.Gallen) aus der Schweiz heraus den österreichischen Markt und einen grossen Teil Süddeutschlands und Bayerns EWS-mässig aufgebaut. Heute - nach 5 Jahren - ist auch dort die EWS bestens etabliert; ausser in Salzburg, denn dort grassiert eine politisch und bergbauernmässig getragene Pelletslobby. Diese kleinen, gepressten Holzwürmer werden mit Lastautos mehrfach quer durch den Alpenraum gekarrt, bis sie ihren Weg vom Baum über das Sägewerk hin zur Pressanlage, dann zum Grossverteiler und schliesslich über elektrische Förderschnecken in den Ofen gefunden haben. Das Wundersame dabei ist, dass ein grosser Teil der in Österreich verfeuerten Pellets gar nicht aus heimischem Holz besteht, sondern aus der Tschechei angekarrt wird; wie das genau in der Schweiz ist, wage ich nicht zu beurteilen.

Ich hatte nur vor einigen Tagen das eindrückliche Erlebnis, in einem wunderschönen, alten und sehr abgelegenen Appenzellhaus Gast zu sein, als ein Pelletsmonsterlastwagen schwarz qualmend durch den Wald auf das Haus zu keuchte; österreichische Autokennzeichen. Schiesst da wohl schon bald der Rauch von gehacktem tschechischem Bauholz, versetzt mit einigen alten Lackanstrichen aus dem Kamin in den Appenzeller Wald? Nun gut, das lässt sich in Zukunft sicher auch noch alles regeln!

Fahren Sie bitte an einem kalten Januartag durch das Oberennstal von Radstatt nach Liezen, wenn sich ein Kältesee im Tal gebildet hat und die rauchenden Kamine ihren undurchdringlichen Dunstdeckel messerscharf abgeschnitten darübergelegt haben; für einen Schwarzweissfotographen ein traumhafter Anblick, aber für die Bevölkerung oder gar Touristen eine echte Auflage. Beheizen sie Klosters oder Davos mit Pellets und der Wetterbericht wird lauten "Skigebiet Parsenn über der Dunstglocke sonnig"; heizen Sie Klosters und Davos mit Erdwärmesonden und es wird verkündet "Skigebiet Klosters und Davos sonnig und klare Fernsicht". Was wollen Sie für unsere Tourismusindustrie; klare Fernsicht oder zu Pellets verarbeitete Berghänge mit Lawinengefahr und rutschenden Böden?

Pioniere brauchen Geld für Investitionsgüter zur Umsetzung ihrer Pionierarbeit. Was Pioniere "verkaufen" oder zu bieten haben ist oft teurer, als das was die breite Masse kauft; und die breite Masse kauft beim vermeintlichen Bestbieter. Was tun? Und genau hier sitzt der Knackpunkt; Pioniere werden hochgejubelt und Banken freuen sich, das Konto eines Pioniers führen zu dürfen, denn damit zeigt man ja Solidarität. Wehe, der Pionier braucht aber Geld für eine Investition, dann wird er ersteinmal von den institutionalisierten Wegelagerern bis auf die Unterhosen ausgezogen und auf Herz und Nieren geprüft. Das NEIN kommt so schnell, dass es nicht verwunderlich ist, dass der zurückgeschickte Businessplan nichteinmal die geringsten Lesespuren zeigt. Der Spiessrutenlauf wird fortgesetzt und es wird einem bitter klar, dass man nur dort eine Chance für eine Finanzierung oder auch Leasing findet, wo ebenfalls noch mit echter Arbeit Geld verdient wird - und werden muss; die Kleinbanken, die kleinen, fast unbekannten Leasingfirmen und die Banken der Grossverteiler!

Plötzlich wird sogar der Businessplan mit Begeisterung gelesen, zerfleddert fast und man spürt förmlich das Interesse an der Sache selbst und nicht nur am Vertragsabschluss! Hier verschanzen sich keine anonymen Entscheidungsträger (oft an den schwarzen, grossen Schuhen mit den breiten Rändern und Nähten zu erkennen), deren einizge Entscheidungshilfen in der Theorie erlernte Kennzahlen einer "Weltdurchnittsfirma" oder ihre unschlagbare Arroganz sind, hinter den Frontberatern am Puls des realen Geschehens.

Wenn die Pioniere nicht nur ein Aushängeschild sein sollen, dann müssen die Banken endlich lernen, dass die KMU die potenziellen Grossfirmen der Zukunft sind und dass die KMU das lebenswichtigste Element des produktiven und innovativen Rückgrats der Schweizer Wirtschaft darstellen. Was macht mehr Sinn, einen hochverschuldeten Grosskonzern duch die Grossbanken weiterhin künstlich zu ernähren und damit die "VR-Freunderlwirtschaft" zu stützen oder den vielen, innovativen KMU von heute auf morgen den Kredithahn zuzudrehen und den dort persönlich und mit viel Herzblut involvierten Mitarbeitern und Menschen jegliche Motivation zu nehmen und so auch erfolgreichen Pionierwillen und echtes Engagement im Keim zu ersticken? Entscheiden Sie selbst und vergleichen Sie was heute getan wird; Sesselklebendes VR-Inventar, das sich aus reinem Bereicherungswillen und sonst ideenlos hinaufgeleckt hat wird mit Riesenabfindungen für seine Müllproduktion belohnt; solche Leute können einem nur sehr leid tun, denn wer in einer solchen Situation noch mit sich zufrieden ist, der ist sehr, sehr arm! Die Banken sind wie ein Gebirgsbach, der immer den Weg des geringsten Widerstandes nimmt, die grossen Blöcke der Grosskonzerne umfliesst, das kleine KMU-Geröll zermalmt und wegspült, ohne dabei zu merken, dass er vor lauter Gebirgsabtrag selber an Kraft verliert; nur einige winzige, aber schwere Goldflitterchen sind an geschützten Stellen liegengeblieben.....! Das sind die wenigen Pionier-KMU!

Vielleicht werden wirklich einige Banken in ihrer eigenen Not umzudenken beginnen und KMU ehrlich unterstützen; dazu haben sie im gesamten Sektor der Alternativenergien und deren standortspezifisch richtigen Anwendung ein immenses und auch einträgliches Potenzial, da Energie ein breites Massenbedürfnis zum "einstweiligen" Überleben der Menschen darstellt.





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